Hass und Liebe

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"Ha ha ha... kommst du endlich nach Hause, meine kleine Puppe?"

erschrocken reißt sie die Augen auf, ihr Atem und Herzschlag gehen verdammt schnell. Ihre Hand krallt sich verkrampft in das kühle Laken des Bettes und erst als die alt bekannte Stimme und das gefährliche Lachen abklingen wird sie ruhiger. Da war er wieder! Er hatte die Arme ausgebreitet um sie zu empfangen, doch sie hat das Messer nicht gesehen und auch nicht all die Menschen, die sie mochte und hinter seinem violetten Mantel in ihrem eigenen Blut ertranken. Nach diesem Anblick, mit den zum Lächeln verzierten Gesichtern, ist ihr unwohl zu Mute. Früher hat sie das nicht gestört, doch früher hatte sie auch kaum jemanden der ihr so nahe stand wie jetzt. Sie hat Freunde, viele die ihr etwas bedeuten und die sogar ihr Leben für sie geben würden. Nun macht es ihr Angst einen von ihnen zu verlieren...

Angst? Seltsam dieses Gefühl, ob ihr Vater es auch noch kennt? Obwohl sie Angst vor ihm hat sehnt sie sich nach seiner Umarmung und seinen seltsamen Humor. Vielleicht klingt das völlig absurd, doch er ist ihr Vater und wird es immer bleiben, auch wenn er versucht hat sie und alle anderen umzubringen. Mehrere Male.

Zaghaft atmet sie durch, beruhigt sich, spürt das leichte Brennen ihrer Wunde und wirft dann einen vorsichtigen Blick über ihre Schulter. Im schwachen Licht, das von einem Raum hinter der Wand kommt, erkennt sie seine starken Umrisse und seine flache Atmung. Ja, auch er scheint ihr nun etwas zu bedeuten, obwohl die beiden sich hassen sollten. Ihr Vater hätte ihn fast getötet und ausgerechnet sie liegt nun bei ihm im Bett. Die Tochter des Jokers.

Noch immer spürt sie Jasons Küsse auf der Haut und seinen starken Arm um ihre Hüfte geschlungen. Diese Nacht ist ihr wie ins Gedächtnis eingebrannt und irgendwie kommt sie sich vor wie ein Teenager frisch in der Pubertät, der zum ersten Mal solche Tiefen ergründet. Jedoch gibt er ihr das Gefühl von Sicherheit und obwohl sie streiten tut es ihr gut sich völlig auszulassen. Er sieht gut aus, doch sein Körper ist genauso wie ihrer von vielen Narben und Geschichten geziert und sie verurteilen sich nicht dafür.

Leise schwingt sie die Beine über das Bett, nimmt sich eine unachtsam zur Seite geschmissene Strickjacke von ihm und tapst dann mit nackten Füßen auf die leuchtenden Umrisse der Tür zu. Entweder hat er es vergessen auszumachen oder es ist von allein angegangen, jedenfalls stört es sie und das Surren, das aus dem Raum kommt, macht sie ebenso irre. Mit den Fingerspitzen fährt sie die Kanten und Linien nach, doch zuckt zusammen als etwas unter ihrer Hand nachgibt und sich die Tür nach einigen Klick-Geräuschen zur Seite schiebt. Vor ihr erstreckt sich ein schmaler Raum in zart bläulichem LED-Licht und Hightech Ausstattung. In der Mitte ist ein großer Metalltisch auf dem viele Unterlagen und Bilder liegen, die ihr recht bekannt vorkommen. Mit vor der Brust verschränkten Armen geht sie darauf zu und wirft einen kritischen Blick auf die Unterlagen. Bilder von den Helden, den Bösewichten, Daten, Zeiten, Orte und... das ist unmöglich! Mit zitternden Fingern wischt sie die Sachen zur Seite und greift nach einem schmutzigen Stück Stoff, das darunter liegt.

Der gesamte Raum fühlt sich plötzlich zehn Grad kühler an und es fällt ihr schwer zu schlucken, während sie sich an alle die seltsamen Sachen erinnert, die mit diesem Stück Stoff verbunden sind. Was macht es hier bei Jason? Es gehört nicht ihm! Völlig verwirrt von ihren Gedanken drückt sie es an die Brust und starrt verloren nach vorn, bis sie dumpfe Schritte vernimmt, doch noch bevor sie reagieren kann ist er ihr ganz nah. "Was machst du hier?" fragt er mit tiefer, verschlafener Stimme und vergräbt sein Gesicht in ihrem Nacken. Es dauert bis sie antwortet und mit belegter Stimme meint:"Das Licht hat mich gestört." etwas verwundert hebt er den Kopf und betrachtet sie nun genauer, während seine Finger über ihre Arme tanzen:"Was hast du da?" plötzlich weicht sie von ihm weg und schaut ihn mit einer seltsamen Mischung aus Wahnsinn und Panik und Trauer an.

"Du hast damals die Teen Titans angegriffen." stellt sie leise fest und starrt das Stück Stoff in ihrer Hand an, das exakt zu dem fehlenden Teil von Tim Drakes einen Robin Anzug passt. Sie hatte den anderen Teens damals beim Wiederaufbau geholfen und versucht ihrem festen Freund zu helfen, der leicht traumatisiert und halb totgeprügelt war von der Attacke. Jason knurrt und will es ihr wegnehmen, doch sie geht sofort weiter auf Abstand und spürt wie sich ihr Magen zusammenzieht. Schreckliche Bilder tauchen vor ihren Augen auf. Die verletzten Titans und Tim der ihr einfach nichts erzählen wollte, so wie alle anderen auch. Sie haben ihr alle Jason ziemlich vorenthalten und ihn in gewisserweise verschwiegen. Nun aber scheint sie es zu wissen, doch verstehen tut sie es nicht, denn auch er war einst ein Robin und Gefährte von Batman. Er seufzt, dass Licht der LED's scheint auf seine überwältigend perfekte Statur, mit den kleinen Narben und den vielen Muskeln, doch sie kann auch das Monster in ihm erkennen und das Schlimme ist... es erschreckt sie nicht.

Nach einigen Minuten des Schweigens meint er:"Ja, aber das war ein Fehler." und er beobachtet wie sie sich von ihm abwendet. Es fühlt sich an als würde er alles verlieren und das will er ganz und gar nicht. Er hat sich viel zu viel Mühe bei ihr gegeben und das kann er nicht so belassen. "Ich bereue es getan zu haben und würde es nie wieder tun. Dick, Tim, jeder der anderen Robins trägt keine Schuld. Es war mein Hass und meine Verzweiflung." gesteht er ihr und zum ersten Mal sagt er es ganz offen was er wirklich fühlt gegenüber jemanden. Jedoch, als er sieht wie sich an dieses Stück Stoff klammert wird ihm unwohl und ein Frage brennt ihm auf der Zunge.

"Liebst du Tim?" seine Stimme lässt sie innehalten und für einen Moment geht sie tief in sich, bevor sie ihm mit ihrer gesamten Ehrlichkeit antwortet:"Tim und ich haben uns auseinander gelebt. In die Teen Titans habe ich nie reingepasst, als Team waren wir schwierig und unsere Beziehung erlitt durch all das einen heftigen Schlag nach dem anderen und ich..." für einen Moment lächelt sie traurig:"Ich wusste er wird mit jemanden von den Guten viel glücklicher als mit mir. Unsere Beziehung war die von zwei naiven Kindern." Jason fühlt sich komisch das zu hören und will sie in seine Arme schließen, doch er bewegt sich nicht ein Stück aus Angst sie zu verschrecken. Sie ist so zerbrechlich und er will es nicht riskieren, dass sie sich von ihm distanziert. Warum muss ausgerechnet ihm das passieren?! Er wollte sich von allem lossagen und sowohl den Joker, als auch Batman als seine Feinde ansehen und dennoch trifft er immer wieder auf einen von ihnen. Durch sie hat er sogar zu beiden eine direkte Verbindung. Er sollte sie hassen, stattdessen will er sie als seine Verbündete an seiner Seite haben.

"ich habe Tim immer noch gern, so wie ich auch Dick und Bruce gern hab, aber eine Beziehung wird da nicht mehr wieder kommen. ich hab es sicher versaut mit meinem zerstörten Verstand und meinen Dämonen." sie gibt sich die Schuld an allem und Jason weiß genau wie es sich anfühlt. Er hat Tim einst gehasst, weil dieser als besserer Robin galt und doch bereut er seinen Angriff auf ihn und seine Leute. Er gesteht sich ein Respekt gegenüber Tim und Dick zu haben und er ist sich sicher, die beiden waren die Besseren an Batmans Seite.

Mit einem düsteren Lächeln dreht sie sich zu ihm um und meint schon fast zu charmant:"Ich mag irgendwie die bösen Jungs mehr." Nun macht er einen großen Schritt auf sie zu, schließt sie in seine Arme und drückt sie an sich:"Ich repariere dich. Du gehörst mir und niemand anderem! Weder dein Vater, noch Bruce oder sonst wer kann da etwas dran ändern... und wenn ich ganz Gotham dafür abfackeln müsste." Welche Irre würde sich nicht nach solch gefährlichen Worten sehnen? Ein Mann, der für einen eine gesamte Metropole anzünden und zerstören würde. Vielleicht fehlt ihr wirklich nur die Liebe zu jemand genauso kaputten und verstoßenen wie sie? Bei ihm fühlt sie sich gut und verstanden und nicht verwirrt oder ähnliches. Sie streiten sich, doch sie tun sich gut und das besser als beide glauben. Ihr Wahnsinn wird nicht vergehen, doch genau das ist es was sie ergänzt und zu einem wahrscheinlich unglaublich gefährlichen Pärchen macht, denn die nächste Gefahr droht zu kommen und sie wird sehr hässlich. Wer dieses Spiel gewinnen wird muss endlich entschieden werden.

He called me daughter - She returnedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt