Kapitel 1 - Die Handelsgilde

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Der Platz war überfüllt mit Menschen, Elfen, Zwergen und sonstigen Bewohnern Inoyas. Auf den breiten, weißen Stufen des Gebäudes sammelten sich Gruppen, die scherzten, lachten und ganz aufgeregt miteinander redeten. In diesem Getümmel, war er sich sicher, würde er nicht so leicht auffallen, wie sonst. Der große Loxodon bahnte sich seinen Weg durch die Menge. Natürlich glotzten die Leute. Einen Loxodon sah man hier nicht alle Tage. Aber das war er gewohnt und fand es, wenn es sich in einem kleinen Rahmen bewegte, auch nicht weiter schlimm.

Abbas erklomm die Stufen des Gebäudes und staunte, über die Architektur, die weißen Säulen und das goldene Kuppeldach der Handelsgilde, welches in der Mittagssonne funkelte. Jita war schon immer eine wunderschöne Stadt gewesen. Die weißen Häuser mit den roten Dächern hoben sich auf sanften Hügeln vom azurblauen Meer ab und boten einen farbenfrohen Kontrast zur schmutzigen Unterstadt, in der sich die Docks befanden und Schiff für Schiff den Einfluss der Handelsgilde stärkte.

In all seinen Jahren war der Loxodon jedoch nur einmal in dieser Stadt gewesen, und auch nur ganz kurz, und jetzt, als er seinen Blick schweifen ließ, packte ihn die Neugierde. Er war zwar nicht mehr der Jüngste, aber immer noch voller Tatendrang. „Halt!", riss ihn eine Stimme aus den Gedanken. Ein großer Tiefling versperrte den Eingang blickte ihn freundlich an: „Bitte eine Nummer ziehen!" Er hielt ihm ein kleines Säckchen hin. Verunsichert schaute Abbas auf den Haufen bunter Plättchen, die darin lagen, griff dann aber mit seinem Rüssel hinein und zog ein grünes heraus. Eine goldene Fünf war auf das Grün gemalt worden. „Danke, der Herr. Viel Spaß!", sagte der Tiefling und trat beiseite. Abbas nickte und fuhr seinen Weg fort.

Mia hatte noch nie so viele Leute auf einmal gesehen. Sie huschte durch die Halle, auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen, irgendwo, wo sie sich nicht so unwohl fühlte. Zwar hatte sie sich sehr auf diesen Tag gefreut, aber nun kamen ihr Zweifel, ob es denn wirklich so eine gute Idee gewesen war. Sie schaute sich um und bemerkte ein großes Buffet, im hinteren Teil der Halle, und steuerte darauf zu. In den Jahren, in denen sie auf sich allein gestellt war, hatte sie gelernt, keine gute Gelegenheit verstreichen zu lassen. Und das hier war eine. Sie stopfte sich eilig eines der Gurkensandwiches in den Mund, während sie drei weitere Flink in ein Tuch wickelte und in ihre Ledertasche steckte. Man konnte nie genug Essen bei sich haben.

Gestärkt und wieder mit einem klaren Kopf blickte sie zur Bühne, die sich in der Mitte der Kuppel befand. „Eigentlich müsste es doch gleich losgehen", dachte sie und nahm sich ein weiteres Sandwich.

„Hey, du bist auch hier wegen dem Job, oder?" Ein schlaksiger Junge mit hellblonden Haaren stellte sich neben sie und reichte ihr die Hand. Mia verschluckte sich beinahe vor Schreck und hustete. Der Junge sah das als Einladung und klopfte ihr auf den Rücken. „Es geht schon", sagte sie abweisend, wich einen Schritt zurück und beantwortete nüchtern seine Frage: „Ja. Ich möchte der Handelsgilde beitreten. Wie vermutlich alle in diesem Raum!" „Cool, ich bin Henning!", meinte der Junge und lächelte sie an. Sie beäugte ihn skeptisch und kam dann zu dem Schluss, dass er vermutlich keine Gefahr für sie darstellte, und ihre Schultern entspannten sich. „Hallo." „Welche Nummer hast du?", fragte Henning und deutete auf sein dunkelrotes Plättchen. „Fünf", antwortete Mia, immer noch reserviert. Er nervte sie. „Oh, ich habe leider eine Zwei", murmelte Henning bedrückt und seine Miene verzog sich zu einem dünnen Strich. Mia wollte die Gelegenheit gerade nutzen, um in der Menschenmenge zu verschwinden, als eine große Elfe ihr nervös auf den Arm tippte. Sie hatte kurzes, blaugefärbtes Haar und leuchtende, lilafarbene Augen, die so ähnlich aussahen, wie ihre eigenen. „E-Entschuldigung", stotterte die Elfe und hielt ihr grünes Plättchen so, dass Mia es betrachten konnte, „Ich hab auch die Fünf. Kann ich bei dir bleiben, bis das hier beginnt?" „Äh. Klar." Die Worte kamen aus ihrem Mund, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Mia fluchte innerlich, da sie jetzt zwei seltsame Anhängsel mit sich herumschleppte, aber die Stimme in ihrem Unterbewusstsein versuchte sie zu beruhigen: „Hab dich nicht so. Deshalb bist du hierhergekommen. Abenteuer erleben, neue Leute kennenlernen und im Team arbeiten. Genau das übst du jetzt." Sie atmete einmal tief durch und setzte ein freundliches Lächeln auf: „Ich heiße übrigen Mia, und du?" „Elaine."

Der Gefallene GottWo Geschichten leben. Entdecke jetzt