Captain Churchill war ein großer, bulliger Kerl, mit sonnengebräunter Haut und kurzen, dunklen Haaren, die strubbelig unter seinem prachtvollen Hut hervorlugten. An seiner Kleidung erkannte man, dass er Geld hatte, und auch seine Einrichtung strotzte voll Prunk. Mit einer ausladenden Geste setzte er seinen Krug ab und beugte sich in seinem Stuhl nach vorne. „Also. Es ist so", begann er langsam und spielte mit einer goldenen Taschenuhr, „Ich würde euch ja liebend gerne helfen... aber leider wurde der Kompass, den ihr sucht, gestohlen." „Gestohlen?", wiederholte Goal erstaunt. Der Captain biss sich genervt auf die Unterlippe. „Ja", knurrte er. „Von Dingo." „Wer ist Dingo?", fragte Mia und hob ihre Augenbrauen. Captain Churchill schnaubte: „Woher kommst du denn? Dingo ist der Boss des Untergrundes. Er will über alles seine Kontrolle. Man kann keine Geschäfte machen, ohne ihm ans Bein zu pinkeln! Ein Hundesohn, dieser Drache!" Mia hob abwehrend ihre Hände: „Okay okay. Schon gut!" „Und wo finden wir diesen Dingo?", wollte Elaine vom Captain wissen. Dieser lachte missmutig auf: „Keine Ahnung. Das is ja das Ding!" „Oh", sagte Goal. „Ich schlag euch einen Deal vor", meinte Churchill und lehnte sich zurück, um noch einen Schluck zu nehmen, „Ihr besorgt mir meinen Schatz wieder und ihr kriegt den blöden Kompass umsonst!" Er blickte erwartungsvoll in die Runde.
Die drei Abenteurer starrten erst den Piraten an, dann steckten sie ihre Köpfe zusammen. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist", meinte Elaine. „Aber bleibt uns etwas anderes übrig?" Mia verzog das Gesicht zu einem angestrengtem Denken. „Naja", warf Goal ein, „Entweder wir suchen Dingo, oder wir können das hier komplett vergessen!" Elaine kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe, stritt Goals Argument allerdings nicht ab. Mia legte ihr beruhigend eine Hand auf den Rücken.
Goal straffte die Schultern und trat auf den Piraten zu: „Wir haben einen Deal!" Churchill lachte und bekräftigte die Aussage der Halbling mit einem Handschlag: „Abgemacht!" Sie wollten gerade gehen, da rief er ihnen zu: „Viel Spaß beim Suchen. Wenn ihr Dingo findet, verprügelt ihm den Arsch!"
„Also, wonach suchen wir jetzt nochmal genau?", fragte Elaine und bog die Äste eines Busches auseinander. Sie und ihr Team befanden sich nun schon seit einigen Stunden im Wald und drehten gefühlt jeden Stein um. Churchill hatte sie ohne einen Anhaltspunkt losgeschickt und so langsam bereute Elaine, doch nicht abgelehnt zu haben. „Das Versteck von irgendeinem Mafiaboss, wenn ich es richtig verstanden habe", antwortete Abbas und stellte sich auf die Zehenspitzen, um über einige tief wachsende Bäume zu blicken. Enttäuscht schüttelte er den Kopf: „Also ich glaube, so wird das nichts! Vielleicht sollten wir doch nochmal zurück -" „Pscht!", zischte Mia plötzlich und legte eine Hand an ihr Ohr, „Hört mal! Da ist doch was?" Aufgeregt drehten sich die anderen zu ihr um und tatsächlich hörten sie leise Stimmen, nicht weit von ihnen entfernt. Entschlossen schlichen sie näher.
Vor einem halb durch Farn versteckten Höhleneingang standen sich zwei Drachengeborene, die sich lautstark unterhielten. Einer von Ihnen, eine grüne Drachengeborene, hatte ihr Kurzschwert gefunden und zeigte es gerade ihrem Gegenüber. Sie schienen beide noch sehr jung zu sein und wenig stellten sich relativ ungeschickt mit ihren Waffen und Rüstungen an. Der Helm des blauen Drachengeborenen rutschte ihm immer wieder über die Augen, der Grüngeschuppten fiel ihr Schwert aus den Händen und beim Versuch, es aufzuheben, fiel sie beinahe selbst um.
Unentschlossen über die Situation blieb das Team der Handelsgilde im Gebüsch stehen. Goal pfiff leise durch ihre Zähne: „Also wenn das nicht der Eingang zu einem Mafiaversteck ist, fress ich nen Besen." „Und was machen wir jetzt?", fragte Abbas in die Runde. „Wir könnten sie angreifen!", schlug Elaine vor. Mia legte ihr eine Hand auf die Schulter: „Keine Gewalt! Wir können uns auch um sie herum schleichen." „Oder wir lenken sie ab", sagte Goal, die ihren Rucksack auf den Boden gestellt hatte und ihre Laute, die sie daran festgebunden hatte, hervorzog. „Großartige Idee, dann helfe ich dir!", trötete Abbas begeistert, „Ich bin ein begnadeter Jazz-Musiker!" Goal beäugte ihn skeptisch, ehe sie mit den Schultern zuckte und ihre Faust ausstreckte. Abbas schlug mit seinem Rüssel optimistisch dagegen. Elaine runzelte die Stirn: „Und was machen wir?" „Uns dran vorbei schleichen natürlich!", flüsterte Mia und grinste. „Na dann hätten wir das ja geklärt, viel Glück!", sagte Goal und stapfte mit der Laute über der Schulter und Abbas im Schlepptau auf die beiden Drachengeborenen zu.
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Der Gefallene Gott
FantasyEigentlich wollten Abbas, Elaine, Goal und Mia nur einen stabilen, sicheren neuen Lebensabschnitt als Mitglieder der Handelsgilde beginnen - Doch ein Chaos aus Ereignissen zieht sie tiefer hinab in das Netz der Legenden und Mythen einer längst verge...