Kapitel 8 - Der Zweite Stock

0 0 0
                                    

Mia stützte sich an der hölzernen Bordüre ab, die die alte Tapete von den Holzpanelen an der unteren Hälfte der Wände abtrennte. Obwohl sie nie magische Fähigkeiten besessen hatte und auch nicht begriff, wie man solche erlernte, spürte sie es plötzlich auch. Ein schwebendes Gefühl, ein süßlicher Geruch, etwas, was sich anfühlte wie ein schöner Traum waberte durch den Flur des zweiten Stocks. Hellblaue Funken blitzten wie Glühwürmchen durch leuchtend rosafarbendes Licht und der Teppichboden schien ein bisschen flauschiger zu sein, als im ersten Stock. Sie fühlte sich ein bisschen unwohl, als hätte sie etwas Verbotenes getan, als sie die Hand ausstreckte um einen der Lichtpunkte zu berühren und dieser in kleinere Funken zerplatzte. „Das wird ja immer interessanter“, brummte Abbas, „Was kommt wohl jetzt?“ Vor ihnen befand sich nur eine schlichte Doppfelflügeltür mit zwei metallenen Griffen und zu ihrer aller Überraschung, ohne Schlüsselloch. Goal zog ungeduldig an den Griffen, aber die Tür öffnete sich nicht. Als sie sich dagegen stemmte, passierte das Gleiche. „Lass mich mal“, sagte Elaine und schob sie Beiseite. Sie atmete tief durch, stürmte dann mit voller Kraft auf die Griffe zu; Aber sie prallte mit einem dumpfen Schlag gegen das Holz und hielt sich kurze Zeit später die blutende Nase.

„Bitte, liebe Tür, lass uns weiter gehen“, jammerte sie und Mia tätschelte ihren Arm. Sie erkannte nichts Auffälliges an der Art, wie das Holz verarbeitet war, nichts Hervorstehendes an den Griffen und keinen Fehler an den Scharnieren. Also musste es, wie alles in diesem Haus, magisch sein. Es war mehr ein Gefühl als ein Gedanke, als sie die Finger über den Flügel streifen ließ, dann die Hand zur Faust ballte und drei Mal klopfte. Das Geräusch hallte laut von den Wänden wider und Euphorie strömte durch den Körper der Halbling, als sich die Tür öffnete und ihnen Zutritt zu einem großen Raum gewährte. Goal traute ihren Augen nicht: „Eine Taverne?“

Die Taverne des Hauses bestand aus einem großen Schankraum mit fünf runden Tischen und einer mit hölzernen Emblemen geschmückten Bar. Zur Verwunderung aller saß ein knappes Dutzend Gäste an den Tischen, hinter der Bar stand eine korpulente Frau und trocknete einen Krug. Vor einer Tür, die sich an der Wand gegenüber befand, stützte sich ein Zwerg auf eine große, zweischneidige Axt.

„Das ist mir nicht geheuer“, murmelte Mia und legte die Hand an einen ihrer Dolche. Was hatte ein Schankraum in einem Spukhaus zu suchen? Abbas schaute auf sie hinunter und nickte bedächtig: „Mir auch nicht.“ Gemeinsam bahnten sie sich durch die Tische an die Bar. Niemand der Gäste schien sie großartig zu beachten. „Was kann man hier denn so trinken?“, eröffnete Goal das Gespräch. Die Bardame schaute auf und zog ihre Mundwinkel zu einem spöttischen Grinsen: „Bist du denn schon alt genug?“ Eingeschnappt plusterte Goal ihre Wangen auf: „Na hören Sie mal! Ich bin Goal Leaf – Meister-Bardin, großartige Persönlichkeit, seit Jahren im Geschäft. Natürlich bin ich alt genug!“ Die Frau hinter der Theke lachte, füllte einen Krug und stellte ihn auf die Theke. „Für euch auch?“, fragte sie, füllte im gleichen Atemzug aber trotzdem drei weitere Krüge mit dunklem Bier. „Geht aufs Haus!“

Abbas hätte lieber einen Tee gehabt, nahm das Getränk jedoch an sich, da er nicht unhöflich wirken wollte. „Was machen Sie hier eigentlich?“, wollte er wissen. Die Frau runzelte die Stirn: „Arbeiten. Was sonst?“ „In dem Haus?“, hakte Mia nach. „Natürlich? Wo denn sonst?“ Sie schien nicht zu begreifen, was die Truppe von ihr wollte und schüttelte den Kopf, „Sicher, dass ihr nicht schon zu viel getrunken habt?“ Die Freunde wechselten einen skeptischen Blick untereinander. Elaine deutete auf die Tür: „Wohin führt die?“ Die Bardame folgte ihrem Finger, schien aber nicht wirklich hinzuschauen: „Die Tür? Die ist nur für Mitarbeiter!“

Goal war das alles zu seltsam. Sie spürte die Magie so deutlich in sich und war sich sicher, dass hier ein großer Zauber am Werk war. Und sie war sich sicher, dass Elaine es auch gespürt hatte. Hinter der Tür lag nicht nur etwas für Mitarbeiter, sondern auch der Weiterweg durch dieses Haus. Und egal, was sie am Ende erwartete, jetzt wollte sie es auch herausfinden.

Der Gefallene GottWo Geschichten leben. Entdecke jetzt