Kapitel 6 - Das Erdgeschoss

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Goal trat in einen länglichen Gang. An der von Holzpanelen durchbrochenen, tapezierten Wand entzündeten sich modern wirkende Lampen und tauchten den Innenraum des Hauses in ein kaltes Blau. Der Holzboden war mit einem schweren Teppich bedeckt, der ihre Schritte dämpfte. Kein Geräusch war zu hören und auch ihr Herzschlag schien weiter weg als sonst. Sie versuchte eine magische Quelle zu fühlen, fand aber nichts als eine eisige Leere, und sie begann zu frösteln. Früher im Norden war ihr oft kalt gewesen, aber das hier war etwas anderes. Ein lautes Geräusch ließ sie aus den Gedanken schrecken und sie blickte sich verwirrt um. „Scheint, als kommen wir wohl nicht mehr wieder raus“, sagte Mia pessimistisch und klopfte mit der Handfläche wütend auf die Tür, durch die sie hereingekommen waren. Abbas legte behutsam seine Hand auf ihre Schulter: „Der Stein befindet sich ja vermutlich auch hier drinnen, lasst uns doch erstmal hier suchen und später schauen, wie wir wieder hinauskommen.“ Goal seufzte. Abbas behielt immer die Nerven. Sie wünschte, sie könnte sich auch so auf das positive verlassen, wie er. „Hey, hier geht’s lang!“ Elaine war den Gang entlang gegangen und hatte eine große, dunkle Doppelflügeltür geöffnet, hinter der sich ein weiterer Raum zu befinden schien. „Naja, woanders können wir ja auch nicht hin“, erwiderte die Halbling schnippisch und ging mit Abbas in Richtung der Elfe, Goal folgte ihnen mit Abstand und murmelte: „Du solltest aufpassen, Mia. Du klingst schon fast wie diese Zwergin!“ „Das hab ich gehört“, rief Mia empört zurück. „Aber es stimmt“, pflichtete Abbas Goal bei. „Hey!“ Bevor Mia etwas erwidern konnte, hatte sie den Raum erreicht und blickte sich verwundert um: „Statuen?“

Vier große Steinstatuen standen in dem Raum, der ansonsten genauso aussah, wie der Gang, durch den sie gelaufen waren. Einzig eine weitere Tür schien sie weiter zu führen. Neugierig inspizierte Elaine die Abbildungen und ließ ihre Hand über die geraden Sockel fahren. „Vielleicht müssen wir sie verschieben, um die Tür zu öffnen?“, murmelte sie. Aber Goal war schon zu ihr hingelaufen und drückte die Klinke hinunter: „Ist offen!“ „Seltsam…“ Abbas kratzte sich am Kinn und sah sich ebenfalls die Statuen genauer an. Die Erste stellte einen Satyrn dar, der gerade auf einer Flöte spielte. Seine Haare waren zerzaust, aber seine Kleidung schien nobel zu sein. Nichts an der Statue war auffällig, außer, dass die Flöte des Satyrn nicht aus Stein gemeißelt war, sondern ein aus Silber gefertigtes Instrument zu sein schien. Die zweite Statue hatte so etwas nicht. Sie zeigte ein junges Mädchen in Bauernkleidung, die einen Korb trug, in denen zwei Äpfel lagen. Auch die anderen beiden Statuen schienen nichts ungewöhnliches darzustellen. Die eine war ein Zwerg, der einen Gnom auf seinen Schultern trug, welcher eine steinerne Fackel hielt, die andere eine Riesin, die den Buchstaben R trug.

Abbas Kopf ratterte. Es musste doch etwas mit diesen Statuen auf sich haben. Nicht umsonst würde solche seltsame Kunst hier herumstehen. Er blickte noch einmal auf die silberne Flöte und rief dann die anderen zu sich. Es war mehr ein Bauchgefühl, als eine wirkliche Ahnung, als er ihnen sagte: „Elaine, bitte präge dir die Mädchenstatue ein. Mia, du die mit dem Zwerg und Goal, du merkst dir bitte alles an der Riesenstatue. Das wird vielleicht noch einmal wichtig!“ „Du könntest Recht haben“, meinte Mia und betrachtete ihre Statue noch einmal genau. Auch ihr Bauchgefühl spielte seit ihrer Ankunft verrückt und normalerweise konnte sie sich blind auf dieses verlassen.

„Also dann“, verkündete Abbas nach ein paar Minuten, in denen sie sich alle auf ihre Statuen konzentriert hatten, „Gehen wir weiter.“ Und er öffnete die Tür zum zweiten Raum.

Es wurde schlagartig wärmer. Dieser Raum war eingerichtet wie ein kleines Wohnzimmer. Ein kleines Feuer prasselte in einem Kamin gemütlich vor sich hin, davor standen sich zwei Sofas gegenüber. Eine Reihe Fenster, umrahmt mit dunklen Seidenvorhängen, gaben den Blick auf den wunderschönen Nachthimmel frei. Elaine blickte sehnsüchtig zum Mond. Schon in ihrer Kindheit hatte sie sich zu ihm hingezogen gefühlt und immer, wenn sie ihn sah, schienen ihre magischen Kräfte neu zu erblühen. Oft saß sie nachts unter seinem Schein und dachte nach oder meditierte.

Der Gefallene GottWo Geschichten leben. Entdecke jetzt