Pt. Thirty Six: Blue Side of Life.

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Hoseok

Manche Sachen glitten einen aus den Händen und man bemerkte es erst, wenn es viel zu spät war. Ich hatte nie vorgehabt mich mit Jimin auch nur anzufreunden und jetzt war er aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken. Doch was gut für mich war, war nicht unbedingt gut für Jimin und ich hatte diesen Punkt lange Zeit ignoriert, denn hinten raus war ich auch nur ein egoistisches Arschloch, das sich nach Bestätigung und Liebe sehnte. 

Dass nicht ich derjenige war, der den Preis dafür zahlte, war mir eigentlich schon klar geworden, als Jimin sich den einen Abend davon geschlichen hatte, um zu mir in den Club zu kommen, obwohl er noch Hausarrest hatte. War das wirklich nötig gewesen? Klar nervte der Hausarrest ab, aber Jimin hatte liebevolle Eltern, es wäre also kein wirklich großes Opfer die von ihnen auferlegte Strafe den einen Tag auch noch zu akzeptieren, anstatt sie irgendwie zu hintergehen und sich rauszuschleichen. Doch irgendwie neigte Jimin wohl seit Neustem zur Rebellion. 

Jimin hatte sich verändert. 

Und das nicht unbedingt zum Besseren und diese Tatsache beschäftigte mich nun schon eine ganze Weile. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass es meine Schuld war. Ohne mich würde er gar nicht auf dumme Gedanken kommen. Ohne mich würde er weiter mit Seokjin lernen, würde weiter zu einer ordentlichen Zeit ins Bett gehen und würde seine Zeit sinnvoll für seine Zukunft nutzen. Ich war nicht gut für ihn. Ich sollte mich von ihm fernhalten. 

Und trotzdem saß ich nun mit Jimin in einem der Kellerräume der Schule und scrollte ein wenig durch mein Instagram, während Jimin irgendwelche Hausaufgaben von einem Mitschüler abschrieb, denn scheinbar war es nun in, die nicht mehr selbst zu machen. Ich warf einen Blick auf die Uhrzeit an meinem Handy und dann einen zu Jimin. "Musst du nicht langsam zu deiner nächsten Stunde?", fragte ich und runzelte die Stirn. "Es klingelt gleich." Jimin schrieb fertig und packte seinen Stift ein. Er seufzte. 

"Ich weiß, aber ich dachte es wäre lustiger, wenn wir vielleicht einfach etwas anderes machen. Du hast ja jetzt frei und ich hätte nur Musik. Das ist nicht so wichtig und langweilt mich ohnehin nur." Er zuckte mit den Schultern während die Schulglocke den Beginn der Stunde ankündigte. "Wir könnten die anderthalb Stunden ja im Studio tanzen gehen, das wäre Unterricht mehr nach meinem Geschmack", schlug er vor und schloss seinen Rucksack, bevor er mich mit Rehaugen ansah. "Du willst schwänzen?", fragte ich und ich konnte meine Irritation nicht ganz verbergen. Jimin zuckte mit den Schultern. 

"Warum auch nicht?", fragte er. "Du machst das doch ständig."

Der Satz traf mich irgendwie. Ich wusste ja, dass ich ein schlechtes Vorbild war, aber bis jetzt hatte mich auch noch niemand wirklich als Vorbild in Betracht gezogen. Zumindest niemand, bei dem es mir nicht egal gewesen wäre. Doch jetzt war da Jimin, ein Engel auf Erden, und eiferte ausgerechnet mir schäbigen Individuum nach. 

Ich machte ihn kaputt. 

"Nein", sagte ich und klang fast schon ein bisschen wütend dabei. Das breite Lächeln verschwand von Jimins Gesicht und ich hasste mich dafür, dass ich der Grund dafür war. Doch genauso würde es früher oder später von ganz alleine laufen. Ob ich nun direkt dafür sorgte, weil ich unfreundlich wurde oder indirekt, weil Jimin meinetwegen seine Ziele und seine vorher so ordentlichen Prinzipen unter den Bus warf und die Folgen davon zu spüren bekam. 

"Was hast du plötzlich?", fragte Jimin. Ja, wie sollte ich das erklären? Ich konnte ihm wohl kaum einen Vortrag darüber halten, dass man zum Unterricht gehen sollte. Aber was blieb mir anderes übrig, wenn ich ihn nicht weiter mit runterziehen wollte? Ich schnaubte angesäuert und da ihn an. "Bei mir ist ohne hin Hopfen und Malz verloren, das heißt nicht, dass du jetzt auch damit anfangen muss. Schwing deinen Hintern zu Musik", meinte ich und Jimin schmollte spontan. Er sah süß dabei aus, aber das lenkte nicht davon ab, dass hier etwas ganz schön schiefging.

Ich hatte es viel zu lange hingenommen. Erst weil es mir egal war, dann weil es mir irgendwie geschmeichelt hatte. Doch langsam sollte ich mich für Jimin verantwortlicher fühlen, wenn ich wirklich was für ihn über hatte, oder nicht? Irgendwie stresste mich das. Eben noch war alles schön unkompliziert gewesen, doch jetzt rieb mir das Leben nur wieder unter die Nase, wie  toxisch ich für meine Mitmenschen war und irgendwie konnte ich damit grade gar nicht so richtig umgehen. Meine Mutter hatte recht. Ich zerstörte das Leben der Menschen um mich herum. Ich fühlte mich einfach nur furchtbar, es war wie eine große, dunkle Welle aus dem nichts, gegen die ich machtlos war und die ohne Gnade über mich hereinbrach. 

Auch Seokjin hatte das schon gesagt. Er hatte mich zur Seite genommen, nur um mir zu sagen, dass ich nicht gut für Jimin war und ja, er hatte recht. 

Weil ich nur ein Arsch war, schaffte ich es nicht mal mich zusammenzureißen, damit Jimin  das nicht abbekam. Stattdessen runzelt ich nur die Stirn und erwiderte ich nur gereizt: "Was ist mit dir los?!" Ich zischte leise. "Wir gehen nirgendwo hin, Jimin. Du siehst zu, dass du zum Unterricht kommst", bestimmte ich und ich hoffte, dass das fruchten würde und er sich endlich vernünftigerweise zu seiner Stunde bequemte. Doch offensichtlich hatte auch das sich geändert. Offensichtlich war ich nicht mehr in der Position ihm irgendwas vorzuschreiben, jetzt, wo es zu seinem besten wäre. 

Ich konnte den Widerstand förmlich riechen, bevor ich ihn sehen konnte. 

"Was soll das, Hoseok? Ich wusste gar nicht, dass du seit Neustem meine Mutter bist", schnappte er ein. Er schnappte seine Tasche und stand auf. "Weißt du, ich bin nicht darauf angewiesen, dass du mitkommst, wenn ich beschließe, dass ich keine Lust auf Musik habe, ich schwänze nicht für dich, sondern weil mir danach ist", fügte er angespannt hinzu und garnierte das mit einem weiteren Schmollen. 

Das war ja noch besser. Jetzt brauchte er mich also nicht mal mehr als Anreiz, um Scheiße zu bauen, sondern ließ einfach so alle Felle davon schwimmen, sei es in dem er sich rausschlich, indem er schwänzte oder indem er nicht mehr lernte.

Ich mochte ihn rein tänzerisch auf die Red Side gezogen haben, aber rein vom Leben her zog ich immer mehr auf die Blue Side. Ich sorgte dafür, dass er sich hängen ließ. Nicht zu selten, war ich der Grund, dass er zu wenig Schlaf bekam, weil ich einfach nicht aufhörte ihm zu schreiben oder dass er mit einem Schulterzucken hinnahm, wenn seine Noten fielen, weil er die Zeit genutzt hatte, um mit mir zu tanzen. Ich ruinierte seine Zukunft, wenn ich mich weiter so an ihn klammerte und das wurde mir mehr bewusster denn je. 

Jimin brauchte ich wohl zu lange für eine Antwort und meine Abfuhr machte ihn offensichtlich sauer. 

"Schön, dann geh ich eben alleine", murrte er, "du kannst dich ja melden, wenn du den Schalter gefunden hast, der den Gluckenmodus wieder deaktiviert." Damit nahm er seine Sachen und verließ den Kellerraum. Gestresst rieb ich mir über das Gesicht. Was hatte ich nur ausgelöst? Ich war ein furchtbarer Freund. 

Jimin war ohne mich besser dran. 



Vielen Dank an Ria, die sich hingesetzt hat, mir einen Hobi als Special zu schreiben! 
Sagen wir alle Danke Ria! 

Ich habe lange überlegt, ob ich ein solches Chapter drin haben will oder nicht und während ich am überlegen war, meinte Ria nur so: Ich mach das für dich. 

Das Chap ist toll geworden und ich freu mich wirklich :D

Nächstes Mal geht es wieder weiter in Jiminies Sicht. <3

Blue SideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt