Wenn man bis ein Uhr nachts lernt und dann um fünf wieder aufstand, um den ganzen Scheiß zu wiederholen und das noch vorm Frühstück, was hatte man dann? Einen brummenden Schädel, aufgequollene Augen und das Verlangen nach Schlaf, was man erst mal versuchte mit einem Kaffee zu verdrängen.
Das war so ziemlich meine Lage. Hinzu kam, dass ich irgendwie allein essen musste, dann weder Jeongguk war zu sehen, noch Jin. Mit einem Schmollen saß ich an einem der Picknicktische und hielt in der einen Hand ein Sandwich in der anderen mein Mathebuch. Ich musste ein Held sein, um das hinzubekommen, denn Mathe brachte mich eigentlich zum Kotzen, aber wie ich durch meine letzten Googleerfahrungen herausgefunden habe: Man kann sich den Würgereiz abtrainieren. Das tat ich dann wohl hiermit.
Gerade, als ich die Seite umständlich mit einer Hand versuchte umzuschlagen, setzte sich jemand zu mir. Ich dachte erst, dass es einer meiner Freunde sei und sagte nur Hallo und strugglete einfach weiter, ohne aufzusehen. Ein Räuspern erklang, dann ein Hallo, aber von einer fremden Stimme, was mich aufschauen ließ.
"Wuhaaa!", entkam mir ein entsetzter Laut, als ich erkannte, wer sich zu mir gesetzt hatte. Ich hatte nicht mal eine Ahnung, wie er hieß, aber es war der Typ, vor dem Hyung mich gerettet hatte, der, in den ich reingelaufen war, nachdem man mich des Unterrichts verwiesen hatte.
Misstrauisch sah ich den Kerl an und rutschte so gut es ging ein wenig zurück. Was zur Hölle wollte der von mir? Wenn ich eine Person nicht unbedingt noch mal sprechen wollte, dann ihn. Er hatte mir Albträume beschert mit seinem Verhalten. Jetzt jedoch sah er mich einfach nur neutral an, vielleicht etwas genervt, aber er schien mich nicht wieder belästigen zu wollen.
"Was willst du?", fragte ich ihn.
Oh Mann, ich wusste doch nicht mal, wer das eigentlich war. Er schwieg kurz."Ich wollte mich entschuldigen." Die Worte kamen aus seinem Mund, aber ich konnte zunächst nicht fassen, dass er das wirklich gesagt hatte. Unsicher glitt mein Blick zur Seite, weil ich fast erwartet, die anderen irgendwo zu erblicken, bereit sich auf mich zu stürzen, wenn ich ihm denn glauben sollte. Mein Blick wanderte wieder zurück. "Echt jetzt?", fragte ich und spielte in meinem Kopf durch, wie ich wohl fliehen würde. Wahrscheinlich rennen, ohne Bücher. Ich spielte nervös an meinem Schal rum.
Der Typ runzelte die Stirn und setzte ein kaum bemerkbares Schmollen auf. "So schlimm?", fragte er, "Ich hätte dir nichts getan, ich hab nur gelabert. Tut mir wirklich leid." Wenn er es noch mal sagte, glaubte ich ihm vielleicht. Was sollte das? Das Ganze war Monate her, ich hatte es so schön verdrängt. "Wieso entschuldigst du dich jetzt?", fragte ich und er rollte mit den Augen. "Naja, weil man manchmal eben Zeit braucht, um Dinge zu sortieren, kennst du das nicht auch?" Ich blinzelte. "Schon?", stimmte ich eher vage zu.
Ich musterte den selbst ernannten Bad Boy und versuchte zu rekapitulierten, was eigentlich passiert war. Dann kam ich drauf. "Hoseok verlangt es von dir, oder?", hakte ich nach und der Typ verzog den Mund. "Nicht direkt", wich er aus. Doch dann schien er sich zu denken, dass er wohl auch die Wahrheit sagen konnte. "Er hat seit dem nicht mehr mit mir geredet, aber inzwischen vermisse ich den Penner einfach nur noch und ich bin mir ziemlich sicher, dass das was gerade rückt." Er seufzte. "Aber ich meine es auch ehrlich", setzte er hinzu. "Ich hab über viele Sachen nachgedacht, das war eben eine."
Er machte Anstalten, wieder aufzustehen und ich folgte ihm mit dem Blick. Zögerlich biss ich mir auf die Lippen. "Wie heißt du eigentlich?", fragte ich und er stoppte sich. "Minil", antwortete er und ich überlegte. "Mhhhkay. Ich nehme deine Entschuldigung an, Minil." Er setzte sich wieder richtig. Eh, das war keine Einladung gewesen. "Du hängst viel mit Hoseok rum in letzter Zeit, oder?", fragte er, aber er klang eher interessiert, als anklagend, oder so was. Ich nickte und zuckte mit den Schultern. "Wir tanzen zusammen."
"Gehts ihm gut?"
Ich stutzte über seine Frage. Sie klang so drängend, so als würde er davon ausgehen, dass es ihm vielleicht schlecht ging. "Ich denke schon...", antwortete ich unsicher und er nickte. "Okay, sag dem Trottel er soll mich entblocken." Ich zog mein Handy hervor und Minil sah mich verwirrt an. "Was machst du da?", fragte er misstrauisch. "Ich schreib ihm", antwortete ich nur und schrieb Hoseok, dass er Minil entblocken soll. Eine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Mich ließ er einfach auf angesehen (Hmpf.) und Minils Handy piepte auf.
Der Dunkelhaarige las die Message und lachte ungläubig auf. "Was hast du mit dem angestellt?", fragte er mich und ich klappte endlich mal mein Buch zu. Ich nahm mein Sandwich ordentlich auf, sodass ich es in beiden Händen halten konnte und sah Minil fragend an. "Warum?", fragte ich und neigte den Kopf. "Iiiiich glaub ich weiß schon", meinte er nur, was mich noch mehr verwirrte. "Huh?", fragte ich und er tippte was zurück. "Bist eben echt süß", meinte er abwesend, ohne mich anzusehen, während er weiter tippte. Ich wurde etwas rot. "Was soll das denn wieder heißen?"
"Ach nichts", Minil schmiss nur ein Grinsen in meine Richtung. "Was hat er dir geschrieben?", fragte ich argwöhnisch. Der Angesprochene schien erst mal mit sich zu ringen, ob er es nun vorlesen sollte oder nicht. Dann lachte er leise. "Na schön", begann er und räusperte sich, dann nahm er sein Handy bedeutungsvoll zur Hand und las: "Wenn du Jimin anrührst, dann breche ich dir das Genick." Ich lief rot an. "Hört, hört. Der mag dich echt. Hab ihm geschrieben, er soll die Eier chillen, ich kauf dir Ramen zum Wiedergutmachen." Ich wusste gar nicht, was ich davon wieder halten sollte. "Aber du kaufst mir gar keine Ramen", bemerkte ich und Minil verdrehte die Augen gutmütig. "Dooooch, hast du Lust auf Ramen?"
Ich betrachtete ihn misstrauisch. Was, wenn das eine Finte war? Allerdings wirkte er nicht so, als wollte er mir was antun und irgendwie war er auch sichtlich glücklich drüber, dass Hoseok ihm wieder schrieb. "Ich könnte schon was zu Mittag vertragen", meinte ich also und überlegte. Das war ein öffentlicher Ort, was sollte er schon machen? Ich räumte also meine Sachen zusammen und ging mit meinem einzigen Angreifer Richtung Cafeteria, bereit ihm mein dickes Mathebuch über den Schädel zu ziehen, wenn es sein musste. Doch es passierte rein gar nicht, er kaufte mir einfach eine Ramen meiner Wahl und wir setzten uns, um zu essen. Tatsächlich war Minil gar nicht so übel, wenn er nicht gerade beschlossen hatte, dass man sein Opfer war und nach einer Weile unterhielten wir uns ganz normal und scherzten sogar ein bisschen.
Wir aßen auf und verabschiedeten uns dann. "Eine Sache noch: Deine Lippen sind wirklich schön", meinte er in einem neckenden Tonfall, als er schon am Gehen war und ich errötete. "Du solltest lernen sie einzusetzen." Was? Was was? War das doch ein zweideutiges Angebot?
"Yah! Sag so was nicht, du Perverser." Sein leises Lachen wurde nur lauter. "Ich rede vom Küssen, Kleiner, du bist echt allerliebst. Nur, dass du es weißt: Ich steh nicht auf Jungs, also entspann dich. Wenn du aber Tipps brauchst, dann schreib mir." Das würde ich mir aber dreimal überlegen.
"Wir sehen uns Jimin", meinte er locker und winkte, ehe er ging.
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Blue Side
FanfictionEs gibt Menschen, von denen hält man sich besser fern und einer dieser Menschen ist Jung Hoseok. Auch Jimin macht - wie es für vernünftigen Jungen gehört - einen großen Bogen um den rauchenden, schwänzenden und rebellischen Taugenichts. Doch plö...