Der metallische Geschmack von Blut breitete sich in meinem Mund aus und ich spuckte zur Seite aus. Langsam drehte ich meinen Kopf, um meinen Peiniger in die Augen zu sehen. Kühl sah mein Vater zurück.
"Hast du jetzt, was du wolltest?!", fragte ich ihn leer. "Wolltest du mich so sehr leiden sehen?", setzte ich hinzu. Stille legte sich über uns, dann seufzte er fahrig.
"Jimin, sei nicht so theatralisch. Ich bin Zahnarzt, das ist mein Job", meinte er locker. "Das nächste Mal geht ich zu Onkel Seokhyun", murmelte ich beleidigt und spülte meinen Mund noch mal aus. "Das wagst du nicht!" Noch theatralischer als ich schnappte er nach Luft. Mein Dad rollte auf seinem Hocker nach hinten und öffnete die Tür. "SEOKHYUN", brüllte er durch die Flure der zu dieser Zeit verlassenen Praxis. "JAAAA?", kam es zurück.
"DU MACHST NICHT JIMINS ZÄHNE!!" Kurz war Stille. Ja meine Familie war weired. "OKAAAAY!!" Alle immer auf die Kleinen. Ich verschränkte die Arme und bewegte meinen Kiefer ein wenig hin und her. "Ich hab geputzt Dad, ich kann eigentlich keine Löcher haben", murrte ich und ich verdrehte nur die Augen. "Das kann immer vorkommen Jimin, machmal hat man eben Pech."
Ich schnaubte. "Kann ich dann gehen?", fragte ich dann schon wieder mit besserer Laune. "Bevor du mir einfach noch einen ziehst", setzte ich hinzu um ihn zu ärgern. "Warte bis ich dir an die Weisheiszähne gehe, Sohn", flötete er nur als Antwort und stellte den elektronischen Stuhl so ein, dass ich raushüpfen konnte.
"Wo willst du eigentlich noch hin?", fragte er und ich hielt kurz inne. Ich wollte ihn nicht anlügen, aber wenn ich ihm sagte, dass in letzter Zeit immer in einem Club herumhing, fand er das bestimmt nicht so cool. Ich hatte schon viele Freiheiten, dürfte raus so lange ich wollte, solange ich eben die Schule nicht schleifen ließ und normalerweise war ich wenigstens so früh zu Hause, dass es meinen Schlaf nicht zu sehr beeinträchtigte.
Doch seit ich in den Club ging wurde es manchmal später, auch wenn ich das auf die Wochenenden beschränkte. Zumindest das 'später werden'. Manchmal konnte ich es einfach nicht lassen und ging eben einfach, auch wenn es nur für eine Stunde war. Viel mehr brauchte ich auch nicht, denn ich war zwar jetzt auf der Red Side, aber ich flog nach der ersten Runde meist schon raus. Einmal hatte ich es in die zweite geschafft.
"Zu Jeongguk", antwortete ich. Das stimmte auch, denn ich würde zu ihm gehen, dann würden wir beide weiter. Es war Freitag und das bedeutete, dass die großen Battles waren. Einfach weil die Red Side so schon voll sein würde, durften freitags die alten Hasen, die die schon mal in der fünften Runde oder mehr wahren, zuerst drauf und wenn die Redside voll war, war sie voll.
Ich würde es also gar erst versuchen - noch nicht - sondern mich erst mal mit Jeaongguk an die Seite stellen und Hoseok fanboyen, während Jeongguk Taehyung hinterher sabbern konnte. Mein Dad nickte das ab. Ich lächelte leicht und winkte. "Bis dann, hab dich lieb, Dad", sagte ich und stürmte nach draußen. Die Praxis war nicht weit von unserem Zuhause, weswegen ich noch mal vorbeischlenderte, um mich umzuziehen.
Leider fiel ich immer ein wenig auf, denn ich hatte irgendwie nicht die gleichen Klamotten an, wie die anderen. Zunächst hatte ich überlegt, mich anzupassen, doch dann mit einem Schulterzucken festgesellt das mir viel zu weite Hosen nicht gefielen, also blieb ich bei ripped Jeans, oder kam eben einer Jogginghose, die nicht ganz danach aussah, als wäre ich gerade einer Mülltonne entstiegen.
Angekommen bei Jeongguk musste ich nur wieder feststellen, was für eine Schnitte er doch war. Ich wusste, sowas sagte man heute nicht mehr, denn das war cringy, aber es war die Wahrheit. Er war eine Schnitte, vor allem, wenn er sich hübsch machte. "Siehst gut aus", ließ ich ihn wissen und er warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. "Ist das Eyeliner?", hakte ich nach, denn ich folgte seinem Blick. Er nickte. "Kannst du auch mal probieren, solange wir nicht übertreiben, können wir uns rausreden, dass Jungs keine Make-up tragen und die anderen sich das einbilden."
Leise lachte ich auf. "So machst du das also", stellte ich fest und Jeongguk zuckte mit den Schultern. "Komm her", sagte er und ich gehorchte. Er nahm den Eyeliner aus der Schublade und legte seinen Handballen auf meiner Wange ab. "Schau nach oben und sei keine Pussy", wies er mich an und warum er das sagte, wurde mit klar, als er versuchte mir einen Lidstrich zu ziehen. Instinktiv kniff ich die Augen zusammen. "Du musst sie offen lassen!", beschwerte er sich amüsiert und ich blinzelte.
"Warum macht man das freiwillig?", fragte ich und wischte mir die Tränen weg. "Irgendwann ist es nicht mehr so schlimm", antwortete er und ich wagte das im Inneren zu bezweifeln. Er bekam es schlussendlich hin, mir auch was draufzuschmieren und in Kombi mit meinen nun leicht geröteten Augen sag ich aus wie ein allergiekranker Emo, aber ich fand es irgendwie cool.
Ich beobachtete meinen Freund ein bisschen und er schien nervös. Vielleicht, weil er wusste, dass Taehyung heute da sein wurde. Mir kam der Gedanke, dass ich ja mal nachhelfen konnte. Schließlich war ich jetzt auf der Red Side.
Also wir circa eine Stunde später wieder am Rande der Tanzfläche standen, hatte ich einen Plan. Also einen groben. Einen kleinen.
Doch zunächst musste ich erst mal irgendwie selbst an Taehyung ran kommen. Ich hatte ihn noch nie gesprochen, doch dieses Problem löste sich von allein, denn gerade als ich im Pit abgetaucht war, um ein bisschen zu tanzen, tippte mich jemand auf die Schulter.
Ich drehte mich um und als ich die hochgewachsene Gestalt Taehyungs vor mir sah wusste ich, ich bin ein Glückspilz. Manchmal kamen die Sachen von selbst.
Er lächelte mir kurz zu und ich fragte mich, was er wohl von mir wollen könnte. Abwartend musterte ich ihn und er mich. "Hey", sagte er schließlich und legte mir die Hand auf die Schulter. "Ich wollte dir nur mal die Schulter klopfen und sagen gut gemacht."
Ich grinste verhalten. "Weswegen?" "Niemand geht Hoseok mehr auf den Sack als du." Ha! Der bemerkte mich immer noch! "Und du hast es echt schnell auf die Red Side geschafft. Gut gemacht. Glückwunsch." Mein Grinsen wurde immer breiter und ich nickte für mich selbst zufrieden. Das war erst mal nett genug. Er sah gut aus, er schien zumindest ein paar feine Charakterzüge zu haben und somit war er wohl perfekt, um erste Erfahrungen in Sachen liebe zu machen.
Also rutschte ich an ihn heran. "Hey Tae, ich muss dich was fragen", meinte ich locker und wackelte die Augenbrauen. "Stehst du auf hübsche Jungs?" Er lachte heiser auf. "So bin ich auch noch nicht angemacht worden. Netter Versuch, Kleiner." Ich nahm sein Gesicht in eine Hand. "Danke, aber ich meine nicht mich." Gespielt verlegen winkte ich ab. "Schwarze Haare, knappe eins-achtzig groß, dunkelbraues Hemd, eeeeeenge Hose, die an den Knien kaputt ist. Ihr würdet wunderschöne Kinde bekommen, wäre er ne Frau."
"Hwhat?", brachte er aus dem Fischmund hervor, den ich ihm machte. Ich drehte seinen Kopf in die Richtung, wo mein Sahneschnittenfreund herumstand. Ich ließ ihn los und Taes Blick blieb an Jeongguk haften. Sehr gut. "Also?"
"Ich steh auf hübsche Jungs."
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Blue Side
FanfictionEs gibt Menschen, von denen hält man sich besser fern und einer dieser Menschen ist Jung Hoseok. Auch Jimin macht - wie es für vernünftigen Jungen gehört - einen großen Bogen um den rauchenden, schwänzenden und rebellischen Taugenichts. Doch plö...