Kopfhörer waren meine besten Freunde geworden. Denn man konnte laut Musik hören, ohne seine Eltern misstrauisch zu machen. Ich blieb länger auf, denn ich wollte die Schule nicht vernachlässigen, doch mein neues Ziel war eben, tanzen zu lernen. Dafür gingen dann wohl oder übel ein paar Stunden meines Schlafes drauf, doch ich war motiviert und es machte Spaß.
Gern wäre ich öfter in den Club gegangen, die Battles waren schließlich jeden Tag, doch ich wollte auch nicht riskieren, dass ich auffiel und nicht mehr reingelassen wurde. Außerdem sollte ich mir das unter der Woche wirklich verkneifen, auch wenn Fanboy³TM gern wieder gesehen hätte, wie Hoseok alle auf die Blue Side verwies.
Er war toll. Inzwischen war ich vier oder fünf Mal am Wochenende im Club gewesen und hatte ihn einfach nur mit stummer Bewunderung angestarrt, die ich in der Schule versuchte zu unterdrücken, denn wenn ich im Club starrte, dann war ich wenigstens nicht der Einzige, da waren noch mehr wie ich. Vorrangig weiblichen Geschlechts, aber das war ja nicht mein Problem.
Doch wenn ich in der Mensa an der Wand stehen und ihn einfach anstarren würde, dann würde er mich zwar endlich wahrnehmen, aber bestimmt auf keine angenehme Art und Wiese, also versuchte ich zumindest das zu lassen. Doch manchmal erwischte ich mich doch, wie ich beim Essen ein bisschen ausspacte und meine Augen sich dann doch an seine schlanke Gestalt hafteten.
Er lächelte nie in der Schule und das war so schade, denn sein Lächeln brachte nicht nur den Weltfrieden, es war auch wunderschön. Seine Lippen sahen dann ein bisschen aus, wie ein Herz und seine schönen Gesichtszüge entspannten sich. In der Schule hatte er immer einen bösen Blick aufgesetzt, der kalt war M wie Grönland.
Ich fragte mich, ob einer von seinen Freunden, mit denen er zusammen saß, wohl wusste, was er abends machte, denn von ihnen hatte ich noch keinen dort gesehen. Als sein Blick sich plötzlich in meinen bohrte wurde mir klar, dass ich wohl doch in der Schule starrte. Ich konnte so schnell gar nicht weg sehen und er neigte nur den Kopf einen Deut und seine Augen wurden schmaler. Ich stopfte mir schnell eine Karotte in den Hals, um natürlicher zu wirken und sah dann fix wo anders hin und tat so, als hätte ich ihn nie angesehen.
Hitze flammte in meinen Wangen auf und ich drehte mich auf die andere Seite, um mich direkt an Jins Hals zu verstecken. Dieser saß neben mir und sagte erst mal gar nichts. "Jimin?", fragte er nach einer Weile und ich brachte nur ein kleines, klägliches "Hyuuuuuung" zustande. "Was hast du?", fragte er und ich sah ihn missmutig an. "Ich bin schwul oder so", murmelte ich. Er lachte nur leise auf. "Welch Unglück", meinte er ironisch und ich biss mir auf die Lippe. "Hyung, ich lerne seit zwei Wochen tanzen. Ich versuche es zumindest. Wie kann ich das am schnellsten hinkriegen?"
Er sah mich zweifelnd an. "Da fragst du mich?" Ich zuckte hilflos mit den Schultern. "Hyung weiß immer Rat", sagte ich so niedlich wie ich konnte, denn ich wusste, ich konnte mit ein bisschen Aegyo alles von ihm haben. Er reichte mir auch gleich ein bisschen was von seiner Bentobox, was ich dankend annahm. "Versuch es mit Youtube, das ist zwar nicht so, wie einen Lehrer zu haben, aber es ist besser als nichts."
Ich musste ja zugeben, dass ich das letzte Battle von Hoseok mit dem Handy gefilmt hatte um es mir wieder ansehen zu können und davon zu lernen. Doch noch mehr Leute, wo ich was nachmachen konnte, um es zu lernen, waren sicher nicht schlecht. Hoch lebe der KPop. Hoch leben die Dancepractices. "Danke Hyung", sagte ich leise und klaute mir noch was aus seiner Box.
Nach dem Essen, beschloss ich noch mal schnell für kleine Tänzer zu gehen, also suchte ich das Wc auf. Gerade, als ich mir die Hände wusch, betrat eine Person den Waschraum, ich achtete nicht darauf wer, umso überraschter war ich, als ich grob gepackt und in eins der Klos geschubst wurde. Hoseok schloss die Tür hinter uns und wirbelte mich herum, um mich gegen die Tür zu schubsten, wo ich verwirrt und mit klopfendem Herzen stehen blieb.
Er trat einen Schritt an mich ran, was nicht gerade dazu führte, dass sich mein Herzschlag beruhigte und Fanboy³ war ziemlich glücklich, doch mein Verstand sagte mir, dass ich in ernsten Schwierigkeiten steckte, wenn er mich hier ansprach, denn der Hoseok aus der Schule war ein anderer. "Du", sagte er dunkel grollend, "ich hab keine Ahnung, wer du bist, aber hör auf mich anzustarren oder es knallt." Ich sah mit großen Augen zu ihm auf und brachte kein Wort raus.
"Du tust es schon wieder." "Tschuldige."
Er schubste mich noch mal grob. "Ich sagte lass das. Ist schon schlimm genug, dass du mich im Club immer anstarrst, aber da ist es mir noch halbwegs egal. Doch hier in der Schule will ich nicht mit dir in Verbindung gebracht werden, ist das klar? Zwing mich nicht allen zu beweisen, dass du keinen Grund hast, mich dauernd anzuhimmeln. Lass das. Das nervt."
Vorsichtig sah ich wieder auf. "Aber ich hab einen", widersprach ich und damit hatte er offensichtlich nicht gerechnet. Er schien einen Moment einfach nur verdutzt und seine grimmige Miene glättete sich etwas. "Ich will so tanzen, wie du...", sagte ich leise. Diese Worte schienen ihn weich werden zu lassen. Er trat einen kleinen Schritt zurück und steckte sich eine an. "Das wollen viele", sagte er selbstbewusst und zog an dem Glimmstängel.
"Heb dir das Starren trotzdem für den Club auf, denn wenn du das hier weiter durchziehst, werde ich ein Exempel statuieren." Ich schluckte leer und nickte hektisch. Mir fiel auf, dass er sich viel gewählter ausdrückte, als man es erwarten würde und ich war einen Moment überrascht, doch dann schimpfte ich mich selbst, kein besseres Bild von ihm zu haben... warum sollte er sich auch nicht gut artikulieren können?
Was auch immer. Kein Starren mehr (hoffentlich).
"Ich habe angefangen es zu lernen!", platzte ich heraus. "Ist ja süß", sagte er gelangweilt, "interessiert mich nur einen Scheiß." Er hatte mir immer noch nicht weh getan. Eigentlich unterhielten wir uns ganz nett. "Dein Tanz inspiriert mich", stolperten also die nächsten Worte aus meinem Mund. "So?", hakte er noch und ich biss mir auf die Lippe. Er wirkte amüsiert. Mit einem Mal nahm er mein Gesicht in seine freie Hand und zwang mich ihn anzusehen. "Dann wag es nicht ungefragt meine Signature Moves zu verwenden, Kleiner, sonst..."
Er drückte die Kippe neben meinem Kopf an der Tür aus. Dann blies er mir den Rauch ins Gesicht und verließ die Toilette. Ich blieb erst mal völlig verwirrt zurück. Ungefragt also? Nun... wenn ich lernen wollte, was er machte, dann musste ich ihn wohl fragen.
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Blue Side
FanfictionEs gibt Menschen, von denen hält man sich besser fern und einer dieser Menschen ist Jung Hoseok. Auch Jimin macht - wie es für vernünftigen Jungen gehört - einen großen Bogen um den rauchenden, schwänzenden und rebellischen Taugenichts. Doch plö...