Pt. Twenty Five: Lord have mercy on my soul.

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Ich war aufgeregter als gut für mich war, was man von Hoseok jetzt nicht behaupten konnte. Er war wie immer, wenn er sich auf der Red Side befand, tiefenentspannt. Zumindest wirkte er so. "Bist du bereit?", fragte er und ich schüttelte den Kopf, während ich ihn mit großen Augen ansah. "Das hab ich mir gedacht", meinte er mit einem Grinsen, zog mich aber so oder so hoch auf das Podest der Red Side. 

Ich musterte ihn kurz und fragte mich, ob wir uns hätten besser absprechen sollen, denn er trug hauteng und ich oversized und verdammt, sah er schon wieder gut aus. Von Nahem konnte ich sogar sehen, dass er sich ein wenig Makeup gegönnt hatte. Daran war nichts falsch, er sah einfach noch schöner aus als sonst. "Mal sehen, wie weit wir kommen", meinte er und ich schluckte. Es war Donnerstag und ich sollte nach dem was meine Ma gesagt hatte eigentlich gar nicht hier sein, denn es war kein Wochenende. Aber was sollte ich machen? Ich kam eben nicht gegen meinen inneren Drang an. 

Mir ging echt der Arsch auf Grundeis, denn ich hatte Angst, wie noch nie hier oben. Es war nicht das Lampenfiber, damit kam ich klar. Es war ja auch nicht das erste Mal, dass ich auf diese Bühne gehen sollte. Was mich wirklich verrückt machte, war der Gedanke, dass ich Hoseok enttäuschen könnte, oder blamieren. Beides wäre mein Tod. (Genau wie sein Outfit heute, ich musste ihm einfach auf die Arme starren. Wann hatte ich einen Armkink entwickelt? Keine Ahnung, bitte, danke, tschüss!)

Er legte mir die Hand in den Nacken und massierte diesen ein wenig. In meinem Kopf spielte 'Time to say goodbye'. Ich hauchte meine Seele aus und starb. Nimm meine Seele Herr, ich bin bereit. 

"Krieg dich ein, was soll schon schief laufen?", fragte er und machte einfach weiter, obwohl er eigentlich merken sollte, dass er mich damit umbrachte. "I-Ich könnte hinfallen, oder schlimmer, ich fall hin und du über mich drüber und brichst dir einen Arm. Die Leute könnten buhen, oder mit Tomat..." "Das war eine rhetorische Frage und was zum Fick, Jimin... warum sollte jemand Tomaten mitbringen? Konzentrier dich einfach, ja?"

Ich nickte vage und er ließ von mir ab. Mein Blick wanderte zur Bühne, wo Namjoon anfing die ersten Paarungen auszurufen. Dabei streifte mein Blick seinen. Ich winkte ihm fröhlich zu und er winkte zurück.

"Du magst Joonie, oder?", fragte Hoseok und ich nickte glücklich. "Wir quatschen immer, wenn ich Samstags zum helfen komme. Er hat mir was sich zum anhören gegeben, er macht Musik, weißt du? So cool." Hoseok neigte den Kopf, aber er sagte nichts dazu und es war schwer zu sagen was er dachte. "Du bist mein Fanboy, lass das, du untreues Stück." 

Kichernd schmiss ich mich an seine Seite und wagte es mir, ihn zu umarmen. "Für immer deine Hoe, Hyung. Keine Sorge." Er ließ sich zu einem Lachen hinreißen und statt mich wegzuschubsen, wuschelte er mir durch die Haare. 

Wir warteten, bis wir aufgerufen wurden und schmissen uns ins erste Battel. Wir hatten für jede Runde eine Choreo, diese wurden von leicht bis hin zu schwerer, sodass wir in Finalnähe noch ein paar Asse im Ärmel hätten. Ich ging nicht davon aus, dass wir sehr weit kommen würden, doch ich nahm mir vor mein Bestes zu geben und hoffte, wenigstens gut genug zu sein, dass sich Hoseok nicht für mich schämen musste. 

Die erste Runde lief auch sehr gut, denn ich machte keinen Fehler und als ich das Voting abwartete, war ich zwar angespannt, aber ich hatte Hoffnung, die nicht enttäuscht wurde. Happy gab ich Hoseok ein High Five und hoffte auf das Beste. Doch schon die zweite Losung machte mich nervös. Wir würden gegen Calith und Cimbra antreten, ein Duo, welches eigentlich immer zum Schluss auf der Red Side war. Der Strudel an Gedanken in  meinem Kopf ging von neuem los und panisch ging ich im Kopf die Schritte für die zweite Choreo durch. Ich durfte Hoseok nicht hängen lassen. 

"Jimin." Ich sah auf und Hoseok schüttelte den Kopf etwas. "Einfach atmen  okay?" Atmen. Ja sicher.

Wir zogen also in die zweite Runde ein, doch das war auch der Punkt an dem es bergab ging, denn es gab diesen einen Teil der zweiten Choreo, den ich zwar konnte, aber irgendwie auch nicht. Eine Schrittfolge, die, wenn sie vernünftig getanzt wurde, leicht aussah und smooth wirkte. Choreos von Hoseok waren Meisterwerke und ich wusste gar nicht, wie er auf all diese Sachen kam, es war ein Talent, welches ich auch gern gehabt hätte. Diese Schritte waren obendrauf einer seiner Signaturemoves, also Schritte, die er sich ausgedacht hatte und die auch nur er tanzte, es sei denn, er erlaubte jemandem die Adaption. 

Schon beim Raufgehen auf die Bühne haute ich mich fast auf die Fresse, was meine Moral schwächte, dann verkackte ich eine Stelle und vergaß die korrekte Folge des Signaturemoves. Ich war eine Schande.  Kurzum, ich verlor die Nerven, wir wurden asynchron, ich stolperte auch noch, fiel zwar nicht hin, aber mir war vorm Voteing schon klar, dass das nichts mehr werden würde, denn unsere Gegner waren auch super stark. 

Als wir uns aufstellten, war ich nur noch ein Häufchen Elend und ich traute mich nicht mal mehr Hoseok anzusehen. Aich er sagte nichts. Mein Meister und Sensei stand einfach nur neben mir und hatte die Hände in die Hüften gestemmt. Ich fühlte seinen Blick auf mir, doch ich weigerte mich, ihn anzusehen.

Er hatte besseres verdient als das. Er hatte verdient, dass, wenn wir schon rausflogen, dann zumindest knapp, nicht 30/70. Das war nicht knapp, das war haushoch und ich konnte mich nicht erinnern, dass er je mal mit einem solchen Ergebnis auf die Blue Side verwiesen worden war. Das war meine Schuld. Nur meine. Da hätte er allein gegen die anderen Beiden bessere Chancen gehabt. 

Ob er mich jetzt feuerte? Ob er bereute mit mir da hoch gegangen zu sein? Ob er sauer auf mich war? Mit gesenktem Kopf ging ich rüber auf die andere Plattform, die in sanftes, blaues Licht gehüllt war und die jetzt noch leer genug war, dass man an den Kühlschrank ran kam. Hoseok hielt gleich auf diesen zu, denn er hatte uns zuvor auch was zu trinken dort kalt gestellt, damit wir was hatten, wenn wir raus flogen. Aber war das überhaupt schon  kalt? 

Das einzig Gute daran war, dass ich jetzt nicht zu spät nach Hause kommen würde. Doch das war nicht wert, Hosoek hängen gelassen zu haben. 

All die Gedanken machten mich ganz kirre und ich merkte nur, wie mir die Tränen der Wut auf mich selbst und der Enttäuschung in die Augen stiegen. Ich hatte es sowas von verkackt, wenn ich nur ein bisschen besser wäre, hätte ich Hoseok und mich selbst nicht so blamiert. Bevor ich noch vor allen in Tränen ausbrach, flüchtete ich mich auf die Toilette. Hier würde ich sicherlich erst mal meine Ruhe haben. 

Blue SideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt