Kapitel 24

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"Gut, dass du auch endlich da bist, setz dich doch", flötete Luzifer und wies auf einen weiteren Sessel hin. Celine, die einen Henker erwartet hatte runzelte die Stirn. Der Teufel reichte seinem Besucher die Hand und lächelte einigermaßen freundlich.

"Kranker Scheiß", sagte der. "Wie hält das Wasser bloß in Ihren Augen?" Der Teufel zog seine Hand zurück und Celine atmete auf. Sie kannte die Stimme, sie wusste, wer im Büro stand. Sie sprang auf und fiel Dan ohne ein weiteres Wort um den Hals. Er war lebendig. So lebendig, wie es in der Hölle halt möglich war.

Und er war übel zugerichtet. Getrocknetes Blut verklebte seine linke Gesichtshälfte, seine Haare waren zerzaust, sein Hemd, das, wie Celine in diesem Licht jetzt auch erkennen konnte, tatsächlich rot kariert war, gerissen und seine Lippe aufgeplatzt.

Sofort fühlte sie sich sicher, kaum dass sie ihre Finger in seinem Nacken kreuzte. Dan stöhnte leise auf und klopfte ihr unsicher auf den Rücken. Luzifer seufzte und Celine konnte ihn nur zu gut verstehen. Ihr ganzes Leben lang war sie das fünfte Rad am Wagen gewesen. Jetzt war sie das erste mal involviert, ausgerechnet vor dem Teufel, was, wenn man genauer darüber nachdachte, schon recht schräg war.

Luzifer räusperte entnervt und schnippte mit den Fingern. Augenblicklich saßen Celine und Dan in den Sesseln, den Blick starr nach vorne gerichtet. Celine wünschte, der Teufel könnte das lassen. "Also gut, fangen wir an, was habt ihr gegen mich?"

Verwirrt sah Celine zu Dan, der mit den Schultern zuckte.

"Ich meine", fuhr Luzifer fort, "ihr brecht aus meiner hübschen Teilhölle aus, verprügelt meine Tierchen, beklaut den Styx...richtige Crash Teenager seid ihr..."

"Styx?", fragte Celine.

Der Teufel warf die Hände in die Luft. "Ja, mein Gott, kann ich doch auch nichts machen. Ich hielt es, wie jeder normale Engel für überflüssig, aber die Kollegen von oben haben halt drauf bestanden!" Er zeigte 'gen Zimmerdecke. "Was zur Hölle ist Styx?", grummelte Dan.

Luzifer hob eine Augenbraue. "Grob gesagt die Müllhalde meines Reiches. Macht nur Dreck, Ärger und Lärm"

Dan schien mit dieser Antwort nicht zufrieden. "Ja, toll, das grüne schleimige Zeugs? Aber was sind das für Gegenstände da drin?"

"Naja, die Leute sterben mit den unmöglichsten Dingen in der Hand. Gabeln, Kakteen, Gliedmaßen fremder Menschen, heute Morgen ist 'n Typ mit 'nem aufblasbaren Einhorn angekommen. Verrückt..."

Dan schluckte und sah aus, als bereue er es, gefragt zu haben.

"Jedenfalls muss das Zeug bei Seelenvernichtung ja irgendwo hin. Verstanden soweit? Und jetzt lasst uns dem eigentlichen Thema widmen!"

Luzifer klatschte in die Hände und rief:"Diabolo!"

Im nächsten Augenblick hüpfte ein kleines, blondes Etwas auf seinen Schoß und kläffte. "Ist...das ein...Chihuahua?" Celine starrte ungläubig auf den Fellball, der sie nun feindselig mit seinem Blick fixierte.

"Ich präferiere Mini Höllenhund, können wir aufhören vom Thema abzuweichen? Ich hab eben gern meine vertraute Gesellschaft, wenn ich Ausbrecher verhöre!" Celine nickte, aber Dan war noch nicht fertig.

"Warte Mal, Sie sind der Teufel und nennen ihren Hund Diabolo?" Er kicherte. Der Teufel verschränkte die Arme. "Versuch du doch mal, deinen Wachhund furchteinflößend wirken zu lassen, wenn er so aussieht! So, was hab ich in der Gefangenenerziehung falsch ,gemacht, dass ständig alle abhauen wollen?"

Celine zögerte, was Dan direkt ausnutzte. "Die Frage ist wohl eher, was Sie im Aufnahmeverfahren falsch gemacht haben! Celine in die Hölle zu stecken, ts ts ts. Haben Sie sich dieses Mädchen mal angeschaut?"

Der Teufel runzelte die Stirn und schien angestrengt zu versuchen, dem Redeschwall zu folgen. Dann gab er auf und schnippte. Dan verstummte, nur seine hastigen Gesten deuteten darauf hin, dass er noch längst nicht fertig war.

"Du bist also falsch hier?", fragte Luzifer an Celine gewandt und strich sanft über Diabolos Fell.

Wieder zögerte sie. "Nein", sagte sie schließlich. "Ich glaube nicht, dass ein Fehler vorliegt, ich...wüsste nur gerne, wie über Himmel und Hölle entschieden wird..."

"Das war das erwachsenste, was hier je jemand von sich gegeben hat." Der Teufel kratzte sich am Kinn und begann in einem dicken Aktenordner zu blättern, der vor einer Sekunden garantiert noch nicht auf dem Tisch gelegen hatte. "Ich denke..."

Den Rest des Satzes brachte er im Stummen zu Ende. Er summte leise vor sich hin, während er den Hund hinter den Ohren kraulte, was dieser mit einem Gesichtsausdruck, der jeden Hundefreund zurückweichen hätte lassen hinnahm.

"Das ist jetzt peinlich", sagte der Teufel endlich und tippte sich auf die Nasenspitze.

"Was?", fragte Celine aufgeregt.

"Es scheint so...also...nun ja, ich hab da wohl was verwechselt, also nicht ich, sondern Damian aus der Unfallabteilung im dritten Stock und..."

"Ich gehöre nicht her?"

Der Teufel hielt die Spannung bis ins Unerträgliche, dann schüttelte er den Kopf und schnippte ein weiteres Mal mit den Fingern, um Dan, der mittlerweile mit verschränkten Armen und beleidigtem Ausdruck zusammengesunken war von seiner Stummstellung zu befreien.

"Eine junge Frau, die dir recht ähnlich sieht, ist fälschlicherweise in den Himmel gekommen und du...halt nicht, das Problem ist nur, dass niemand aus dem Himmel in die Hölle gebracht werden darf. Das heißt, ihr könntet nicht einfach Platz tauschen."

Luzifer zuckte mit den Schultern. "Ich werde Gabriel eine Nachricht zukommen lassen, vielleicht kann er was einrichten. Solange müsstet ihr allerdings wieder in die Hölle. Ich bin zuversichtlich, dass du bald hier raus bist."

Celine konnte nicht aufhören zu lächeln. "Oh Danke, Danke, vielen Dank!" Am liebsten wäre sie dem Teufel um den Hals gefallen. Dan hingegen war aufgesprungen.

"Und was ist mit mir?"

Celine starrte ihn fassungslos an. War ihm klar, was er hier riskierte? Der Teufel hob abermals eine Augenbraue. "Was soll mit dir sein?"

"Ich habe alles riskiert, ich hätte verdammt nochmal verrecken können. Ich habe mich für Celine aufgeopfert, was springt für mich raus?"

Luzifer zögerte. "Äh, Danke? Das hast du gut gemacht?" Er sah verwirrt aus. "Mal im Ernst, was erwartest du von mir? Einen Platz im Himmel? Du bist sehr berechtigt hier, nachdem du..."

"Nein, nein, nein, nein", unterbrach Dan ihn hastig mit einem Seitenblick auf Celine. "Ich meinte nur...vielleicht könnten Sie ja das Leben in der Hölle etwas erträglicher machen. Zum Beispiel mit...Champagner?" Dan sah den Teufel erwartungsvoll an.

"Champagner?"

"Gratis", fügte Dan hinzu. Luzifer überlegte kurz.

"Ich denke es wird Zeit, dass ihr geht", murmelte er und stand auf.

"Warten Sie...das ging so einfach? Ich gehöre jetzt offiziell in den Himmel?" Celine konnte es noch immer nicht glauben.

Luzifer nickte.

"Und kann Dan wirklich nicht mitkommen? Er hat mir doch geholfen und...mit so einer mutigen Tat hat er die Steuerhinterziehung doch sicherlich ausgebügelt, oder?"

Dan starrte sie an. Luzifer starrte Dan an. Er schüttelte den Kopf.

"Die Steuerhinterziehung schon...aber der Rest..."

In der Hölle ist Champagner gratisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt