Wir haben uns umgezogen und frisch gemacht, nun sitzen wir mit unauffälliger Alltagskleidung auf dem Rücksitz eines Autos und werden von zwei Securitys zum Frauenarzt begleitet. Richard hat dafür gesorgt, dass wir unauffällig hin und zurück kommen werden, deshalb tragen unsere Sicherheitsmänner auch keine Anzüge sondern ebenfalls normale Alltagskleidung. Ich knabbere nervös an meinen Fingern herum, bis Lucian sie festhält und mich aufmunternd anlächelt. Die fünfzehn Minuten Fahrt scheinen eine Ewigkeit zu dauern aber als wir endlich da sind, bin ich froh, dass wir in eine Tiefgarage fahren und vor der Presse geschützt sind. Die Securitys steigen aus und öffnen uns die Türen. Lucian eilt um das Auto und reicht mir seine Hand zum Aussteigen. "So ein Gentleman heute?", frage ich schmunzelnd. "Naja, ich bin eben auch ein wenig nervös.", erklärt er. Wir gehen zum Aufzug und fahren in den fünften Stock. In der Praxis angekommen, dreht Lucian sich zu unseren Begleitern um. "Ab hier schaffen wir es wohl allein. Ich gebe bescheid, sobald wir fertig sind." Die beiden Männer nicken höflich, verbeugen sich kurz und fahren wieder mit dem Aufzug nach unten. "Sie geben mir durchaus ein Gefühl der Sicherheit aber hier müssen sie nun wirklich nicht mitkommen.", murmelt Lucian und ich muss kichern. Eine Schwester kommt auf uns zu "Majest-", beginnt sie und will sich verbeugen. "Sch sch sch!", machen Lucian und ich gleichzeitig und sehen uns schnell um. "Die Schwester errötet. "Wir haben im Moment keine Patienten. Frau Doktor hat alle momentanen Termine abgesagt, damit die Praxis leer ist und Sie nicht gesehen werden.", erklärt sie. Wir atmen erleichtert auf. "Kommen sie doch gleich mit. Frau Doktor wartet bereits." Wir werden in das Büro der Ärztin geführt. "Majestät, Hoheit, es ist mir eine Ehre.", sagt sie und macht eine leichte Verbeugung. "Noch bin ich alles andere als Hoheit. Eher das Mädchen vom Lande, das irgendwie in etwas eigenartiges reingerutscht ist.", lächle ich und reiche der Ärztin die Hand. Sie lacht. "Nun gut, setzen Sie sich doch. Wie kann ich behilflich sein? Mister Bredon hat am Telefon nicht viel gesagt." Ich sehe kurz Lucian an, der mich aufmunternd anlächelt. "Wir versuchen ein Kind zu bekommen. Wir versuchen es jetzt erst seit zwei Wochen aber seit ein paar Tagen gibt es ein paar Symptome, die für eine Schwangerschaft sprechen würden." Die Ärztin runzelt die Stirn. "Das klingt nach einem Aber.", stellt sie fest. "Richtig. Die Symptome sind da aber ich habe gestern am Morgen einen Schwangerschaftstest gemacht. Fünf, um ehrlich zu sein. Sie waren alle negativ." Die Ärztin nickt nachdenklich. "Was denken Sie, in welcher Woche Sie höchstens sein könnten?" Ich erröte. "Ich weiß nicht genau. Aber da wir es wie gesagterst seit zwei Wochen versuchen, denke ich höchstens zweite Woche.", "Und dann schon so deutliche Symptome? Von welchen reden wir?", "Übelkeit am Morgen, Gewichtszunahme, Essverhalten eines Mähdreschers, ausbleiben der Periode. Aber das erst ein paar Tage. Ich glaube, dass ich vier Tage drüber bin. Vielleicht fünf.", zähle ich auf. Die Ärztin nickt, notiert sich etwas und steht auf. "Am besten wir gehen einmal nach nebenan und machen einen Ultraschall." Wir gehen einen Raum weiter und als Lucian uns folgt, fühle ich mich erst unwohl, doch dann nehme ich es hin. "Einmal bitte untenrum frei machen." Die Schwester zieht einen Vorhang aus, damit ich vor Blicken geschützt bin und ich mich in Ruhe ausziehen kann. Als ich fertig bin, ziehe ich den Vorhang etwas zur Seite und setze mich auf den Stuhl. Als die Ärztin und die Schwester alles vorbereitet haben, lehne ich mich zurück und lege die Beine auf die Halterung. "Vorsicht, das könnte etwas kalt sein.", werde ich gewarnt. Die Ärztin sucht ein bisschen, dann drückt sie einen Knopf und dreht den Bildschirm so, dass wir ihn sehen können. "Ist das...?", fragt Lucian aufgeregt. "Glückwunsch zum kleinen Prinzen oder Prinzessin.", lächelt die Ärztin. Lucian nimmt meine Hand und küsst sie, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden. Er freut sich. Er freut sich tierisch. Und mir geht es genauso. "Einen kleinen Moment, ich möchte noch etwas überprüfen." Sie dreht den Bildschirm wieder zu sich und ich spüre die unangenehme Bewegung des Ultraschallgerätes in mir. "Hm.", macht sie nachdenklich. "Was ist?", frage ich besorgt. "Nichts schlimmes. Ich denke aber, dass ich noch einmal Glückwunsch sagen sollte." Der Bildschirm wird wieder zu uns gedreht und das Bild hat sich ein ganz klein wenig geändert. Mit einem Stift zeigt Die Ärztin, was wir sehen können. "Das hier haben Sie eben schon sehen können. Und das hier..." Sie deutet auf einen zweiten Fleck direkt neben dem ersten. "... ist wohl Baby Nummer zwei." Mit klappt der Mund auf. "Sie machen Scherze.", sage ich. Die Ärztin schüttelt lächelnd den Kopf. "Sie dürften etwa Ende der fünften Woche sein. Stehen Sie ruhig wieder auf." Mir entgeiten alle Gesichtszüge. Ende fünfte Woche? Das ist gar nicht möglich.
Ich nehme die Beine von den Halterungen und setze mich auf. Schnell verschwinde ich hinter dem Vorhang und ziehe mich an. Als ich fertig bin, sitzt Lucian immer noch auf dem Hocker neben dem Behandlungsstuhl und sieht den Bildschirm an. Er hat Tränen in den Augen. "Ich lasse Sie einen Moment allein. Kommen Sie wieder nach nebenan in mein Büro, wenn Sie so weit sind.", "Danke.", sage ich lächelnd und die Ärztin verschwindet nach nebenan. "Ist alles okay?", frage ich meinen Verlobten vorsichtig. Ich gehe zu ihm und lege ihm eine Hand auf die Schulter. "Ja, mir geht es gut. Ich bin nur so überwältigt. Das hätte ich mir nicht einmal im Traum ausmalen können." Er legt seinen Arm um mich und zieht mich an sich. Ich küsse ihn auf den Scheitel. "Na ein Glück. Ich dachte schon, dass du vielleicht von der Nachricht ein wenig überfordert bist." Er schüttelt den Kopf. "Niemals. Ich bin überglücklich. Der erste in meiner ganzen Familie, der Zwillinge hat. Das gab es vorher tatsächlich noch nicht. Noch eine gebrochene Tradition." Ich kichere und die Tatsache, dass ich bereits beim letzten Mal einen falschen Test in der Hand hielt, als Lucian und ich uns stritten, rückt in den Hintergrund. "Lass uns nach nebenan gehen." Er nickt und steht auf, damit wir eine Tür weiter gehen können. Wir setzen uns und die Ärztin strahlt uns an. Das hier ist bestimmt ein großer Schritt vorwärts in ihrer Karriere. Nicht jeder hat die Ehre, die Zwillinge des Königs zu entdecken. "Wieso habe ich gestern negative Ergebnisse bekommen? Ich bin ja jetzt offensichtlich sehr wohl schwanger.", frage ich. "Da Sie erst in der fünften Woche sind, kann das bei manchen Tests noch zu früh sein, um ein richtiges Ergebnis darstellen zu können. Dafür gibt es dann die Frühstests, die sind ein wenig genauer. Anders kann ich mir das tatsächlich nicht erklären. Sie werden jetzt von uns einen Mutterpass bekommen. Den bringen Sie bitte zu jeder Untersuchung mit. Einen Abzug des Ultraschalls legen wir mit rein. Wenn etwas ist, bin ich jederzeit erreichbar, auch wenn es um noch so belanglose Kleinigkeiten geht. Wenn ich richtig liege, hatten Sie bereits eine Fehlgeburt?" Ich nicke traurig. "Das kann schon mal vorkommen. Aber deswegen immer anrufen oder herkommen, wenn Sie sich unwohl fühlen. Und das sage ich nicht nur, weil Sie die zukünftige Königin sind. Das sage ich zu jeder meiner Patientinnen. Den Babys soll es gut gehen und nur wenn man rechtzeitig reagiert, kann man schlimmeres verhindern, sollte es zu Komplikationen kommen." Ich nicke. Auf keinen Fall werde ich das Risiko eingehen, meine Kinder zu verlieren. Ich bin bei meiner ersten Schwangerschaft nicht zum Arzt gegangen und wenn ich das getan hätte, wäre es vielleicht nicht so schlimm gekommen. "Die unterschriebene Verschwiegenheitserklärung habe ich bereits Ihrem Assistenten gemailt, nur dass Sie Bescheid wissen. Aber letztendlich unterliege ich ja sowieso der ärztlichen Schweigepflicht.", erklärt sie Lucian noch. "Vielen Dank, Doktor. Sie glauben gar nicht, wie glücklich Sie uns heute gemacht haben.", sagt er. Sie winkt ab. "Das waren Sie ganz allein. Ich habe nur Klarheit geschaffen. Gehen Sie bitte noch einmal nach nebenan, damit die Schwester Gewicht und Bauchumfang notieren kann. Das muss regelmäßig kontrolliert werden." Wir nicken und verabschieden uns. Während ich noch auf die Waage gehe und das Maß meines Bauchumfangs genommen wird, gibt Lucian den Securitys Bescheid, dass wir aufbrechen können. Sie holen uns aus der Praxis ab und begleiten uns zum Auto. Wir reden die ganze Fahrt nicht. Wir halten uns einfach an den Händen und grinsen uns immer wieder gegenseitig an. Als wir dann endlich wieder im Schloss sind, falle ich meinem Verlobten um den Hals. "Ich kann nicht warten, Charlotte. Ich muss es meiner Familie sagen." Ich nicke begeistert. Die ganze Zeit wollte ich warten, bis es jemand erfährt. Wenigstens bis die ersten verflixten zwölf Wochen überstanden sind. Aber jetzt bin ich so voller Glück, dass ich es der ganzen Welt sagen will. "Aber wir beschränken es auf unsere Familie. Wenn etwas von der Presse hinterfragt wird, schweigen wir einfach in Ordnung?" Lucian nickt einverstanden, sieht dann aber auf die Uhr. "Ich muss jetzt. Königliche Pflichten. In einer Stunde bin ich fertig und wir können uns zum Tee im Salon treffen. Du könntest ja alle versammeln." Ich nicke lächelnd und gebe ihm einen kleinen Abschiedskuss, ehe wir getrennte Wege gehen. Summend gehe ich auf die Suche nach unseren Familienmitgliedern und gebe bescheid, dass wir ihnen etwas zu erzählen haben und etwas mehr als eine Stunde später kommt Lucian in den Salon geeilt. "Entschuldigt die kleine Verspätung.", sagt er und gibt mir einen flüchtigen Kuss. "Und was habt ihr uns nun zu sagen? Ich bin schon ganz gespannt.", sagt Marlene und schlägt die Beine übereinander. Ich sehe Lucian fragend an und er nickt. "Wir hatten heute einen Arzttermin. Bei einer Frauenärztin.", sage ich. Meine Mutter packt vor Aufregung das Knie meines Vaters, der vor Schreck zusammenzuckt. "Du bist schwanger.", sagt Mama und sieht mich mit großen Augen an. Sie sieht aus, als würde sie gleich Luftsprünge machen. "Ja, aber das ist noch nicht alles.", sage ich, als Mom schon aufspringen und mir um den Hals fallen will. "Es sind Zwillinge.", sagt Lucian vom einen Ohr zum anderen strahlend. Nun springt Mama doch auf. "Oh wie wundervoll. Ich freue mich ja so für euch." Sie küsst erst mich, dann ihren zukünftigen Schwiegersohn auf auf Wange. Wir werden umarmt und erhalten Glückwünsche von der ganzen Familie. Nur Lucians Vater sitzt noch in seinem Sessel. "Vater? Ist alles in Ordnung?", fragt Lucian besorgt. Frederick hebt den Blick und wischt sich über die Wangen. "Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Ich bin so überglücklich und freue mich für euch. Niemals hätte ich gedacht, dass ich über das Brechen sämtlicher Traditionen so froh sein würde." Frederick quält sich hoch und da wird mir bewusst, dass sich sein Zustand verschlechtert haben muss. Gestern machte er noch einen fiten Eindruck. Aber jetzt wo die Lasten eines Königs von seinen Schultern genommen wurden, scheinen die Kräfte seinen Körper zu verlassen. Er nimmt seinen Sohn in den Arm und die beiden Männer drücken sich fest aneinander. "Ich bin stolz auf dich, Lucian. Und ich gebe mir Mühe, meine Enkelkinder noch kennenzulernen.", "Du wirst es schaffen.", sagt Lucian zuversichtlich. Als sie sich voneinander lösen, breitet Frederick aber erneut die Arme aus und lächelt mich an. Ich umarme ihn und spüre die Geborgenheit, die seine Umarmung ausstrahlt. Ich verstehe nun, wieso Lucian immer ein Papakind war. So eine Umarmung löst alle Sorgen in Luft auf. "Ihr werdet das Beste sein, was diesem Königreich passieren konnte. Du wirst ein guter König und du eine gute Königin. Und ihr beide werdet wundervolle Kinder haben.", "Danke, Frederick.", lächle ich von seinen Worten gerührt. Und ich bin überglücklich, dass ich eine so tolle Familie habe.
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Sei meine Königin
RomanceCharlotte O'Brien ist eine einfache junge Frau, die später einmal das Gestüt ihres Vaters übernehmen möchte. Es war immer mehr oder weniger ihr Traum, in seine Fußstapfen zu treten, doch dann lernt sie Lucian kennen und alles stellt sich auf den Kop...