Lucian entspannt sich sichtlich, als wir im Taxi sitzen und er die Sonnenbrille und die Mütze vom Kopf nehmen kann. Es ist deutlich zu merken, dass er sonst viel entspannter mit dem Privatjet fliegt anstatt einen normalen Linienflug zu nehmen. Als wir in Carwona am Flughafen waren, hat er durchgehend angespannt in der Gegend umhergestarrt wie ein paranoider Krimineller, der Angst hat, jeden Moment entdeckt und verhaftet zu werden. "Nächstes mal fliegen wir wieder mit dem Privatjet.", murrt der Prinz und wuschelt sich durch die Haare, die durch die Mütze ganz zerzaust sind. "Tun wir nicht. Das ist nicht gut für die Umwelt.", erwidere ich und sehe aus dem Fenster. Der Taxifahrer lenkt das Auto geschickt durch den Verkehr. "Mpf.", macht Lucian eingeschnappt, doch ich weiß genau, dass ich gewonnen habe und wir auch den Rückflug mit einem Linienflugzeug antreten werden. Ich greife nach seiner Hand und drücke sie. "Stell dich nicht so an. Es ist doch alles gut gelaufen. Und die Leute, die dich schräg angesehen haben, haben es nur getan, weil du dich so komisch verhalten hast." Er verdreht die Augen. "Meinst du deine Eltern werden sich freuen? Oder werden sie es nicht gut finden, dass wir heiraten?" Ich zucke mit den Schultern. "Sie wollen, dass ich glücklich bin. Und wenn ich diesen Weg gewählt habe, dann werden sie mich, beziehungsweise uns unterstützen." Lucian nickt nachdenklich und sieht dann aus dem Fenster. Wir Schweigen den Rest der Fahrt und als das Taxi vor dem Wohnhaus meiner Eltern hält, kann ich es kaum erwarten, endlich auszusteigen. Lucian amüsiert sich über meine Ungeduld und gibt dem Fahrer Geld, während ich bereits ausgestiegen bin. Ich kann meine Mutter sehen, die aufgeregt zu mir gelaufen kommt. Offensichtlich war sie schon im Büro. "Lotte!", ruft sie und nimmt mich fest in den Arm. "Was machst du denn hier? Ich wusste ja gar nicht, dass du kommst!" Sie küsst meine Wange und ich lache. Als Lucian aus dem Taxi steigt, löst sie sich von mir. "Prinz Lucian. Was machen Sie denn hier?", fragt sie verwirrt und sieht mich an. "Ähm... Weißt du wo Dad ist? Und Jason? Ich muss mit euch reden." Sie runzelt besorgt die Stirn und sieht zwischen Lucian und mir hin und her. "Ich rufe sie. Bringt doch eure Sachen hoch, wir kommen dann ins Wohnzimmer." Ich nicke lächelnd. Noch immer verwirrt und skeptisch geht sie Richtung Stall und Lucian und ich bringen unsere kleinen Koffer nach oben in mein Zimmer. "Schläfst du bei mir?" Er nickt lächelnd. Zufrieden schiebe ich unsere Koffer vor meinen Kleiderschrank. "Dann lass uns mal ins Wohnzimmer gehen.", sage ich nervös. Wir gehen nach unten und setzen uns auf das große Sofa. "Ich werde deinen Vater allein fragen. Oder soll deine Mutter dabei sein? Was denkst du?", "Ich bleibe mit ihr und Jason hier. Du kannst ja mit Dad in sein Büro gehen oder so. Ich werde es dann meiner Mom erzählen.", "In Ordnung.", murmelt der Prinz und scheint feuchte Hände zu bekommen, denn er reibt die Handflächen an seiner Jeans ab. "Er wird dir schon nicht den Kopf abreißen.", kichere ich. "Das weiß man nicht.", lacht er nervös, da geht die Tür auf und meine Familie kommt herein. "Charly.", ruft Jason erfreut. Ich stehe von meinem Platz auf und springe ihm in die Arme. "Oh man habe ich dich vermisst! Wieso hast du nicht gesagt, dass du heute zurück kommst?", "Überraschung.", lächle ich und gehe nun zu Dad, der mich liebevoll an sich drückt. "Willkommen Zuhause, Lotti." Er küsst meine Stirn, dann reicht er Lucian die Hand. "Was macht ihr denn zusammen hier? Wollen Sie noch einmal Urlaub hier machen?", fragt Mom freundlich. "Ich würde gerne mit Ihnen reden, Mister O'Brien. Hätten Sie einen Moment für mich? Vielleicht wollen wir ein Stück gehen?" Mein Dad sieht ihn mit hochgezogen Augenbrauen an. "Natürlich. Kommen Sie." Die beiden Männer gehen raus und Mom und Jason starren mich an. "Ich muss mit euch reden." Wir setzen uns und ich seufze. "Lucian wird bei Dad um meine Hand anhalten." Stille breitet sich im ganzen Haus aus. Die entsetzten Blicke meiner Mutter und meines Bruders drohen mich zu erdrücken. "Sagt doch was.", murmle ich nervös. "Wow.", bringt Jason hervor. "Wow trifft es.", stimmt Mama sprachlos zu. "Lucians Mutter hat erkannt, dass zwischen ihm und mir mehr ist und hat uns sozusagen ins Gewissen geredet. Und deshalb hat Lucian sich nicht mit Eliza verlobt. In ein paar Wochen ist die Verlobungsfeier, dann ist Lucians Krönung und dann bald die Hochzeit. Ich weiß, dass das jetzt ein Schock ist aber irgendwie kam eins zum anderen und jetzt sitze ich hier." Jason fängt an zu lachen. "Ich bin Bruder einer zukünftigen Königin. Wie geil ist das denn bitte?" Ich lächle zaghaft, aber da Mom noch immer nicht viel gesagt hat, hält sich meine Freude in Grenzen. "Mom?", frage ich. Sie seufzt. "Und du bist dir sicher? Du willst das wirklich?" Ich nicke. "Dann habe ich nichts dagegen. Und dein Vater sicher auch nicht. Aber hast du auch gründlich darüber nachgedacht? Du weißt, dass sich dein Leben von Grund auf ändern wird?", "Ja.", erwidere ich lächelnd. "Ich darf sogar mit Kindern warten. Du weißt schon weswegen.", murmle ich. Sie nickt verständnisvoll und nimmt mich in den Arm. "Geht es dir gut?" Ich nicke und lächle sie an, damit sie beruhigter ist. "Wo ist denn der Klunker?", fragt Jason und guckt sich meine Hände an. "Es gibt noch keinen Ring. Lucian wollte mit dem Antrag warten bis er Dads Okay hat. Also sind wir jetzt gerade noch gar nicht richtig verlobt.", erkläre ich und da geht plötzlich die Tür wieder auf. Lucian lächelt, also gehe ich davon aus, dass das Gespräch gut gelaufen ist. "Du willst also heiraten, hm?", fragt Dad. Ich nicke. "Also schön. Aber ich will eine vernünftige Einladung und ich will im Schloss schlafen und nicht in irgendeinem Hotel. Das versteht sich von selbst oder?" Kichernd gehe ich auf ihn zu und umarme ihn. "Du bekommst sogar deine eigene Suite, Dad. Sowohl für die Verlobungsfeier als auch für die Hochzeit. Ihr seid doch schließlich meine Familie." Dad küsst mich auf den Scheitel. "Dann habt ihr meinen Segen." Ich seufze erleichtert. "Ich danke dir.", "Schon gut, Lottchen.", flüstert er. "Wie lange bleibt ihr denn?", fragt Mom nun. "Leider nur eine Nacht. Lucian hat übermorgen wichtige Termine und ich muss dann wohl anfangen die Verlobungsfeier zu planen und Einladungen zu verschicken. Für euch habe ich übrigens schon welche. Eure Flüge sind auch schon gebucht, ihr braucht euch also um nichts kümmern. Oh und Kleidung werdet ihr in Carwona bekommen. Königin Marlene hat darauf bestanden, dass man euch einkleidet.", "Oh ja. Meine Mutter hat schon alles im Kopf geplant. Alles soll perfekt sein." Lucian verdreht schmunzelnd die Augen über seine Mutter und ich lache. "Das heißt ich bekomme ein Kleid? Ein richtig schickes?", fragt meine Mama aufgeregt. "Und ich muss nicht ernsthaft einen Anzug tragen oder?" Jasons angewidertes Gesicht ist unbezahlbar. "Nein, sondern einen Smoking.", grinst Lucian. Jason stöhnt. "Ich glaube das finde ich sogar noch schlimmer. Kann ich nicht Jeans tragen?", "Wenn du die Königin davon überzeugen kannst?", erwidere ich und er verdreht die Augen. "Toll. Na schön, dann eben ein Smoking. Aber einmal und nie wieder sage ich dir." Mit dem Finger zeigt er drohend auf mich. "Klar.", antworte ich ihm und schicke ihm einen Luftkuss. Er fängt ihn auf und legt grinsend seine Hand auf die Brust. Ich werde meine Familie sehr vermissen, wenn ich von nun an nicht mehr hier wohne. Ich werde sie vermutlich nur selten sehen können. "Ich werde mal Bescheid geben, dass wir zum Abendessen zwei Leute mehr sind. Macht es euch gemütlich, ich bin gleich wieder da." Mom huscht aus dem Wohnzimmer und lässt uns allein. Wie sie angewiesen hat, setzen wir uns und machen es uns gemütlich. Jason stellt den Fernseher an und lehnt sich zurück, als er den richtigen Sender gefunden hat. Ein Fußballspiel. Ich stöhne genervt. "Welcher Sport steht bei euch im Land an oberster Stelle?", fragt mein Bruder. "Tatsächlich der Reitsport. Carwona hat mehr Reiter als Fußballer. Es ist auch egal welche Richtung. Polo und Pferderennen sind sehr beliebt. Springen und Dressur aber auch. Ich habe in meinem Stall auch zwei Rennpferde stehen. Englische Vollblüter, sie sind jetzt zwei Jahre alt und werden demnächst ihr erstes Rennen laufen. Für Polo habe ich selbst keine Pferde aber ich sehe mir gern die Spiele an.", "Ich weiß nicht. Pferderennen und Polo sind so typische spießige Sportarten die sich fast nur reiche Prolls ansehen.", murmle ich. "Und Pferderennen ist Quälerei. Die Armen Tiere sind viel zu jung und es werden einfach zu viele Pferde verletzt und aussortiert.", "Da hast du recht.", stimmt er mir zu und küsst meine Schläfe. "Vor einem Jahr wurde hier ein Pferd zum Sieg geschlagen. Elf Peitschenhiebe hat das Tier bekommen, obwohl nur fünf erlaubt sind. Aber das war dem Trainer und dem Reiter egal, denn das Preisgeld war bei über dreihunderttausend Pfund und die Strafe war nur sechzehntausend. Die haben gewonnen und die Strafe gerne bezahlt. Kam ja trotzdem genug Geld bei rum.", "Davon habe ich gehört. Mein Vater hat nach diesem Vorfall ein Gesetz erlassen, dass keine Peitsche mehr benutzt werden darf. Die Reiter dürfen keine mehr mit auf das Pferd nehmen.", "Echt?", fragt Jason überrascht. "Das ist toll.", lächle ich zufrieden. "Tierschutz ist wichtig. Und wenn ich erstmal Königin bin, werde ich da ganz viel hinterher sein. Umwelt- und Tierschutz stehen an erster Stelle." Lucian lacht. "Meine rechtschaffende Königin. Du wirst viel Ärger machen, fürchte ich." Ich grinse zufrieden. "Kann sie da dann echt was auswirken?", fragt Jason an Lucian gewandt. "Klar. Jedenfalls kann sie mir mitteilen was sie fordert und ich kann die Gesetze verabschieden. Beziehungsweise wir gemeinsam. Wir sind im einundzwanzigsten Jahrhundert, die Königin ist nicht mehr nur zum Kaffeeklatsch und Kinder austragen da." Besser ist das auch, denke ich und strecke mich etwas. Der Flug und die Fahrt hierher waren ziemlich anstrengend. "Ich glaube nach dem Abendessen werde ich schlafen gehen. Ich bin ziemlich müde.", "Ich auch.", stimmt Lucian mir zu. "Hm. Also ich muss noch Unterricht geben." Jason schaut auf seine Uhr und seufzt. "In zehn Minuten, um genau zu sein. Ich mache mich dann mal auf die Socken. Bis später." Er drückt Dad die Fernbedienung in die Hand und verschwindet sich. Unterricht. Ich werde wohl nie wieder unterrichten.
Wohlig seufzend rekle ich mich in meinem schönen Bett und genieße die Stille. Lucian steht in meinem Bad unter der Dusche. Mir tat meine Dusche auch sehr gut und jetzt kann ich mich endlich lang machen und schlafen. Ich habe unsere Sachen trotz unseres kurzen Aufenthalts in meinem Schrank geräumt und nun schlendert Lucian entspannt mit einem weißen Handtuch um die Hüfte zu meinem Kleiderschrank und nimmt sich seine Schlaflose heraus. Als er sich umdreht und bemerkt, dass ich ihn beobachte, beginnt er vom einen Ohr zum anderen zu grinsen. "Dir gefällt also was du siehst, ja?", "Vielleicht.", erwidere ich scheinheilig. "Vielleicht? Ich glaube nicht nur vielleicht.", antwortet er selbstbewusst und lässt einfach das Handtuch fallen. Splitterfasernackt steht er in meinem Zimmer. "Doch vielleicht.", murmle ich hypnotisiert. Ich schaffe es nicht, den Blick abzuwenden. Als er langsam auf mich zukommt, hebe ich meinen Finger. "Enthaltsamkeit. Bis zur Hochzeit." Er verdreht die Augen. "Wozu? Wir haben längst miteinander geschlafen. Dreimal.", "Beim ersten und zweiten mal dachte ich aber, dass es eine einmalige Chance sei. Und beim dritten mal war es Verzweiflung.", "Verzweiflung?" Sein ungläubiges Lachen erfüllt den Raum. "Ja Verzweiflung. Ich musste dich haben, auch wenn ich nicht durfte. Und jetzt wird es aber offiziell, also müssen wir enthaltsam sein. Bis wir verheiratet sind.", "Unsinnige Theorie, Lotti.", grinst er, zieht sich aber endlich die Schlafhose über. "Tu mir einfach den Gefallen.", bitte ich ihn und lege meine Arme um seinen Hals, als er sich über mich legt. "Na schön, weil du es bist. Und weil ich dich liebe." Wärme durchströmt meinen Körper, als mir eine Worte bewusst werden. Alles beginnt zu kribbeln. "Ich liebe dich auch.", antworte ich und küsse ihn liebevoll. Er lächelt in den Kuss hinein, dann legt er seine Stirn an meine. Wieder so ein perfekter Moment. Einer von vielen noch folgenden.
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Sei meine Königin
RomanceCharlotte O'Brien ist eine einfache junge Frau, die später einmal das Gestüt ihres Vaters übernehmen möchte. Es war immer mehr oder weniger ihr Traum, in seine Fußstapfen zu treten, doch dann lernt sie Lucian kennen und alles stellt sich auf den Kop...