Kapitel 49

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Lucian ist erst sehr spät zurückgekommen und war sturzbetrunken. Beim Ausziehen hat er dreimal das Gleichgewicht verloren und den Boden geküsst, obwohl er schon halb ausgezogen war. Nun ja jedenfalls, war sein Hemd aus der Hose gezogen und vollständig aufgeknöpft. Ich habe ihn versucht zu stützen und heile ins Bett zu kriegen, aber da er viel größer und schwerer ist als ich, war das sehr aufwendig. Als es Zeit war aufzustehen, habe ich Pedro und Percy gebeten, ihn nicht zu wecken. Er wird sicherlich einen ordentlichen Kater haben. Ich habe mich umgezogen und bin ohne Frühstück zum Stall gegangen, um wieder meinen Liebling etwas zu bewegen. Ich gehe mit ihm spazieren und als ich zurück bin, steht Maria im Stall. "Hey.", begrüße ich sie, werde aber skeptisch, als ich ihren Blick sehe. Sie wirkt zum Teil wütend, zum Teil verunsichert. Außerdem trägt sie Jeans und Bluse, also ist sie nicht hier, um reiten zu gehen. "Was ist los?", frage ich. "Bring erstmal Mystic weg.", sagt sie. In ihrer Hand hält sie eine Zeitung. Oh je, was hat er getan? Schnell bringe ich Mystic in seine Box und nehme ihr dann die Zeitung aus der Hand. Erst will sie protestieren, aber ich habe längst die Schlahzeile gelesen. "König in Partystimmung - schon vor der Hochzeit untreu?", lese ich laut. Ich schnaube. Den Artikel will ich mir gar nicht erst durchlesen. Aber das Bild, wie er betrunken mit einer mir fremden Frau tanzt, brennt sich mir ins Gehirn. Und das Hemd auch schon zur Hälfte offen. "Frederick bekommt einen Herzinfarkt, wenn der das sieht. Er ist früher immer schon eskaliert, wenn Lucian wieder für Schlagzeilen und Skandale gesorgt hat aber da war er nur Prinz. Jetzt ist er König und wird als verantwortungslos, untreu und was weiß ich noch bezeichnet.", sagt Maria aufgebracht. Ich schnaube. "Lucian ist König. So etwas darf einem König nicht passieren. Er kann nicht feiern gehen und sich dann sturzbetrunken ablichten lassen. Das wirft kein gutes Licht auf ihn und alle werden zweifeln, ob er nicht doch als König versagen  und schlecht für das Land sein wird.", redet sie weiter. "Was für ein König er ist, ist mir gerade scheißegal.", knurre ich. "Wer diese Schlampe ist, interessiert mich viel mehr." Maria öffnet den Mund, schließt ihn aber wieder, als ihr klar wird, dass mein Problem ein ganz anderes ist. "Ich regle das.", sage ich zu ihr und stapfte mit der Zeitung davon. "Charly! Bitte reg dich nicht auf, du musst an deine Kinder denken." Ich bleibe stehen und lache ungläubig. "Richtig, das muss ich. Und deshalb werde ich dem Vater dieser Kinder jetzt diese Zeitung um die Ohren hauen." Ich halte die zusammengefaltete Zeitung nach oben und führe dann meinen Weg fort. Schnurstracks gehe ich wutentbrannt auf mein Zimmer und knalle die Tür zu. Lucian zuckt und brummt, dreht sich aber nur auf die andere Seite. "Aufstehen.", sage ich barsch und gehe zu den Fenstern, um die riesigen Vorhänge aufzuziehen. Er stöhnt gequält. Gut so. "Mach die wieder zu.", murmelt er und vergräbt mit zusammengekniffenen Augen das Gesicht in seinem Kissen. "Ganz bestimmt nicht. Steh sofort auf.", sage ich wütend. Langsam scheint er meinen Ton zu bemerken und setzt sich auf, die Augen noch immer zu schmalen Schlitzen gekniffen. "Was ist denn los? Fuck, mein Kopf.", flucht er und fasst sich an die Schläfen. "Das ist los." Ich feuere ihm die Zeitung entgegen und er falte sie vorsichtig auseinander. "Was ist das?", fragt er, ist dann aber still, als er den Artikel entdeckt. Er seufzt. "Lotti, da war nichts." Ich schnaube. "Ich wurde schon einmal betrogen. Noch einmal lasse ich das nicht zu." Nun scheint Leben in seinen Körper zu kommen. Er steht hastig auf und kommt zu mir. "Bevor ich nicht eine vernünftige Erklärung bekommen habe, wirst du mir nicht zu nahe kommen.", sage ich leise und so wütend, dass er sofort stehen bleibt. "Ich habe nicht mit ihr getanzt. Ich habe mit den Jungs etwas gefeiert und sie kam eben zu mir. Habe sie aber weggeschickt. Ist doch klar, dass wieder nur sowas gezeigt wird und nicht wie ich ihren Annäherungsversuch abblocke." Ich lasse die Arme sinken, die ich bis eben noch vor der Brust verschränkt habe. "Mann! Du machst mich wahnsinnig.", sage ich seufzend. Ich setze mich in einen der Sessel und atme tief durch. Er kommt zu mir und geht vor mir in die Hocke. "Es tut mir leid. Ich sage dir aber die Wahrheit. Du kannst sogar Collin fragen. Der würde dich auch niemals anlügen und er war auch dabei." Ich lege den Kopf in den Nacken und kneife mir in den Nasenrücken. "Tut mir leid.", murmle ich und sehe ihn wieder an. "Nein, mir tut es leid. Ich hätte nach dem Abendessen herkommen sollen, wie ich es dir versprochen habe." Ich nicke. "Dein Vater wird ausrasten, wenn er den Artikel sieht.", sage ich leise. Lucian versteift sich. "Hör zu, ich habe kein Problem damit, wenn du feiern willst. Du bist jung, wer will dir das verübeln? Aber du bist nicht länger der rebellische Prinz. Du bist jetzt König und es wird wegen sowas an dir gezweifelt." Er fährt sich durch die Haare. "Ich weiß. Du hast recht. Ich werde das richtig stellen." Ich nicke. Damit sollte er auch nicht zu lange warten. "Geht es dir gut? Du hattest sicher eine Menge Stress wegen mir." Er streichelt mit der Rückseite seiner Finger über meinen Bauch. Ich halte seine Hand fest und lasse sie dort verweilen. "Mir geht's gut.", versichere ich ihm. Er fragt mich das beinahe stündlich. Aber das ist okay. Er hat eben Angst um unsere Kinder und mich. "Mach dir keine Sorgen. Sie ärgern mich nur mit dieser Gottverdammten Übelkeit." Er nickt. "Übelkeit. Da sagst du was.", murmelt er und steht auf. Im nächsten Moment donnert jemand wutentbrannt gegen die Tür und mein verlobter wirft den Kopf in den Nacken.  "Komm rein, Vater.", sagt er und geht ins Ankleidezimmer. Schließlich trägt er nur eine Boxershorts. Frederick stürmt herein. Auch er hält eine Zeitung in der Hand. Er sieht sich um und als er nur mich entdeckt, wird sein Blick ganz weich. "Charlotte, meine Liebe.", lächelt er. "Schon gut, lass deiner Wut freien Lauf. Habe ich eben auch schon getan.", lächle ich ihn an und deute auf die Zeitung, die mir Maria gegeben hat. "Oh.", sagt er leicht verwundert. Als Lucian dann angezogen zu uns stößt, scheint Frederick nichts mehr zu halten. Wütend brüllt er seinen Sohn an und in dem Moment ist es egal, dass Lucian der König ist und Frederick nun sein Untertan, also einen niedrigeren Rang hat. In diesem Moment weist ein wütender Vater seinen Sohn zurecht. Und besagter Sohn scheint sehr überrascht vom Wutanfall seines Vaters zu sein. Ich bleibe in meinem Sessel sitzen, sütze meinen Arm auf die Armlehne und meinen Kopf auf meine Hand, während ich den brüllenden Mann beobachte, der bis vor kurzem selbst noch König war. Irgendwann redet Frederick auch von Lucians alten Geschichten und da beginnt er zurückzubrüllen. Seufzend beobachte ich die beiden und warte, bis sie endlich fertig sind, doch sie scheinen kein Ende zu finden. Alte Geschichten werden ausgegraben, beleidigungen gebrüllt und vermutlich werden beide hinterher bereuen, was sie gesagt haben. Ich sehe auf die Uhr. Es ist mittlerweile elf Uhr und ich bekomme langsam Hunger. "Und ich dachte, jetzt wo du Charlotte hast, kommst du endlich zur Vernunft. Du wirst Vater! Herr im Himmel, du wirst heiraten! Wie kannst du es wagen, schon jetzt untreu zu sein?", "Ich war nicht untreu!", brüllt Lucian zurück. "Also stimmt es nicht? Dann darf ich hoffen, dass die Drogen auch von der Presse erfunden wurden?" Nun werde ich hellhörig. Drogen? Ich richte mich auf. "Ich habe gestern keine Drogen genommen.", feuert Lucian wütend zurück. Erleichtert lehne ich mich zurück. Obwohl mich das Wort gestern stutzig macht. Hat er früher Drogen genommen? "Collin war bei mir. Du kannst ihn fragen. Ich habe an diesem Abend keine Drogen genommen. Ich kann meinetwegen öffentlich einen Test machen." Frederick seufzt. "Bitte beruhigt euch endlich. Frederick, Setz dich ein paar Minuten.", sage ich sanft. Mein Schwiegervater sieht mich an, dann werde seine Gesichtszüge wieder weich und er wirkt erschöpft. "Entschuldige, dass du das mitbekommen hast." Ich schüttle den Kopf. "Wie gesagt, ich habe mir heute auch schon Luft gemacht und ihm den Kopf gewaschen." Er nickt und sieht dann zu Lucian. "Das muss aufhören  Junge. Du bist nicht länger ein Prinz. Als du Prinz warst, waren diese Aktionen schon schlimm. Jetzt aber sind sie viel schlimmer. Du musst einen guten Ruf erlangen und ihn halten.", "Das weiß ich doch. Ich weiß es, verdammt." Lucian setzt sich auf das Sofa und stöhnt. "Es ist einfach eine menge los momentan." Ich stehe auf und trete hinter ihn, um meine Hände auf seine Schultern zu legen. "Ich wollte einfach nur mal wieder die Seele baumeln lassen.", "Ich weiß.", sage ich und massiere seine verhärteten Muskeln. "Ich weiß genau, dass du unter großem Druck stehst. Und dass viel los ist. Du hast eine Menge um die Ohren und dann kommt auch noch zu allem Übel die Hochzeit und meine Schwangerschaft dazu." Er hält inne und dreht sich dann zu mir um. "So ist das nicht.", will er sich herausreden. "Schatz, hör auf das zu leugnen. Ich sehe dir doch an, dass du dir ständig Sorgen machst. Und das macht die ganze Situation sicherlich nicht einfacher. Ich mache mir auch Sorgen. Jede Minute des Tages. Aber wir dürfen uns davon nicht unterkriegen lassen. Ich werde mehr auf mich acht geben und eher bescheid sagen, wenn es mir nicht gut geht. Aber dann musst du mir auch versprechen, dass du mit mir redest, wenn du etwas auf dem Herzen hast." Er seufzt. "Gut. Das tut mir alles so leid." Ich schüttle den Kopf. "Ist schon gut. Lass uns jetzt ausreiten gehen.", "Was? Nein!", sagt er schockiert. "Doch. Wir beide müssen aufhören so eine Scheißangst zu haben. Ich nehme mir ein sicheres Pferd, du dir auch, damit keines der Pferde durchgeht und ich nicht herunterfallen kann. Und wir bleiben im Schritt. Komm schon." Hilfesuchend sieht er zu seinem Vater. "Ich denke, dass Charlotte Recht hat, Lucian. Geht schon. Bekommt beide den Kopf frei und entspannt." Der König gibt nach. "Also schön." Er steht auf und während Lucian und ich uns umziehen, geht Frederick wieder seines Weges.

Sei meine KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt