„Ich denke, er ist nicht hier.“
Ich wirbelte herum und erblickte eine unbekannte Person, an deren Händen die rote Flüssigkeit klebte. Ich traute mich nicht etwas zu sagen und so schauten wir uns einen Augenblick nur an, ohne eine Regung. Er war ziemlich klein und eigentlich auch ziemlich jung. Er hatte grüne Augen, welche mich durchdringend anstarrten. Ich konnte den Blickkontakt nicht halten und wich aus, worauf er durch seine dunkelblonden Haare strich und einen Schritt auf mich zu machte. Ich räusperte mich und drehte meinen Kopf, um den Raum nach etwas abzusuchen, mit dem ich mich wehren konnte.
„Du brauchst keine Angst haben, Sophia.“, meinte er ruhig, trat noch näher.
Woher kannte er meinen Namen? Hatte er dieses Blutbad verrichtet? War es Kyles Blut an seinen Händen? Unsicher huschten meine Blicke zurück in sein Gesicht. Er atmete laut, hörbar und ich konnte an seinem rechten Arm eine Verletzung erkennen, die nicht geheilt war. Er war also kein Vampir? Er streckte mir unerwartet die Hand hin:
„Ich heiße Nexhat.“Ich blickte ihm unschlüssig in die Augen. Zögernd nahm ich die Geste an, ließ aber schnell los und als ich kurz darauf meine Hand betrachtete, war auch diese leicht rot gefärbt. Mir lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter, ich hatte den Drang es abzuwaschen. Nexhat. Und was sollte ich nun damit anfangen? Was wollte er hier? Was war seine Absicht? Wo war Kyle? Er konnte meine imaginären Fragezeichen über meinem Kopf erkennen und sprach weiter:
„Ich habe Cutler nur geholfen,“, dann fiel ihm meine Kette auf, „ich sollte sie dir abnehmen.“Er lief erneut auf mich zu, ich ging dafür zurück.
„Sie gehört mir.“, sagte ich und umklammerte den Schlüssel.„Du weißt nicht mal, was du mit ihr anrichten könntest. Gib sie mir, dann wird alles gut.“
Schon wieder streckte er mir die Hand entgegen und wartete darauf, dass ich mir die Kette abnahm und reinlegte.
Kyle sagte doch, sie würde mich nicht in Schwierigkeiten bringen. Und nun? Was war, wenn ich sie ihm nicht gab? Würde ich dafür bestraft werden? Er war doch kein Vampir. Aber wer wusste schon, wo sich Cutler herumtrieb. Vielleicht würde er gleich aus der nächsten Ecke springen, mir den Schlüssel vom Hals reißen, um dann das gleiche mit meinem Kopf zu machen. Also das runter reißen, meinte ich. Aber Kyle erzählte mir, es sei in Verbena getränkt, kein Vampir könnte es anfassen. Nun wurde mir auch klar, weshalb Cutler Nexhat schickte. Ohne Bedenken konnte er mir das Ding, das mir nun doch Probleme bereitete, abnehmen. Nexhat warf mir einen Blick zu. Einen auffordernden Blick. Er zog dabei etwas die Augenbrauen hoch. Seine Hand immer noch, stillhaltend, vor mir. Ich hielt inne, überlegte kurz. Zaghaft hoben sich meine zarten Finger zu dem Verschluss, am Nacken. Ich nahm sie ab, befreite mich von der Gefahr.
„Danke.“, sofort schnappte er sich die Kette und steckte sie sich in die Hosentasche.
Er murmelte ein 'man sieht sich' und schritt aus dem Raum, durch das Wohnzimmer, heraus aus dem Haus, wo ihn dort die Dunkelheit verschluckte. Mein eigenes Verhalten, enttäuschte mich. Kyle hatte mir, im Bezug auf den Schlüssel, vertraut und ich hatte ihn einfach so hergegeben, hatte mich nicht mal gewehrt. Eine tolle Freundin warst du da, Sophia! Ich hätte mich doch wenigstens.. ach egal. Es war so, wie es war. Natürlich hätte ich mehr tun können, aber ich hatte es eben nicht getan. Ich hoffte, dass Kyle es verstand..
Ich war immer noch nervös. Wer war Nexhat? Was war Nexhat? Was wollte er hier? Warum das ganze Blut? Wo verdammt nochmal war Kyle?! Wieso hatte ich nichts dagegen getan, dass der Typ mir den Schlüssel stiehlt? Ich war doch so stark geworden, so taff, so mutig. Toll.
Vorher war noch etwas Dämmerlicht in den Raum gefallen, aber nun lag die Welt in vollkommener Dunkelheit. Der Wald vor dem Haus ließ nicht mal einen kleinen Strahl des Mondes durch. Meine Augen hatten sich noch nicht daran gewöhnt und ich tapste blind durch das Zimmer. Ich streckte meine Hände aus, berührte hier und da mal einen Schrank oder die Wand, konnte aber nicht den Lichtschalter finden. Ich ging ins Wohnzimmer, immer noch suchend. Plötzlich berührte ich etwas Warmes. Ich schrie auf, mein Herz stach, vor Schreck. Ich machte einen Satz zurück, drehte mich um und rannte. Ich rannte los, mit ausgestreckten Armen. Ich polterte gegen eine Wand und stütze mich dort ab, fuhr die ganze Fläche mit meinen Handflächen ab, bis ich endlich einen Schalter fand. Ich knipste das Licht an, worauf es im ganzen Haus zu klicken begann und ein Raum nach dem anderen, stufenweise beleuchtet wurden. Als letztes, die obere Etage. Ich hatte etwas Warmes berührt! Ich schaute mich verzweifelt um, doch was auch immer ich vermeintlich spürte.. es war nicht mehr da.
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all i want
Vampire"Bei Vampiren handelt es sich meist um einen wiederbelebten menschlichen Leichnam, der sich von menschlichem oder tierischem Blut ernährt und - je nach Kultur und Mythos - mit verschiedenen übernatürlichen Kräften ausgestattet ist" War der Mythos re...