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"Logan?" - "Ja, Mason?" - "Wir haben einen Eindringling an der Ostgrenze" - "Und warum linkst du mich an? Du weisst, was wir mit Eindringlingen tun" - "Weil sie anders ist" - "Sie?" - "Ja, sie. Ein Menschenmädchen, das hier ohnmächtig liegt. Ich denke nicht, dass sie weiß, welche Grenze sie überschritten hat". Logan überlegt kurz. "Dann bringt sie in die Krankenstation" - "Ja, Alpha".
Logan wendet sich wieder den Unterlagen zu, die vor ihm liegen, aber er kann sich nicht mehr konzentrieren, sein innerer Wolf spielt heute schon den ganzen Tag verrückt. Seufzend rafft er sich auf und verwandelt sich, um eine Runde zu laufen. Schließlich findet er sich vor der Krankenstation wieder, wo er kurz schnuppernd seine Schnauze in die Luft hält, bevor er sich zurückverwandelt. Er geht hinein und hält kurz Rücksprache mit Jim, dem Rudelarzt. "Sie müsste eigentlich bald aufwachen. Ich hab ihr eine Infusion gelegt. Das arme Ding ist vollkommen erschöpft. Wer weiß, wie weit sie gelaufen ist" - "Okay". Logan geht in das Zimmer, in dem das Mädchen liegt. Hier ist der Duft, der ihm bereits draußen aufgefallen ist, noch intensiver. Er tritt ans Bett und betrachtet das Mädchen. "Das kann doch nicht sein", murmelt er und als er ihre Hand berührt, durchfährt ihn ein Blitz. Betroffen starrt er sie an, dann verlässt er fluchtartig das Zimmer und sucht Jim. "Jim?" Erschrocken fährt dieser herum. "Ja, Alpha?" - "Riechst du das auch?" Jim schnuppert. "Was denn?" - "Sie riecht nach Sommerregen". Verdutzt schaut der Arzt seinen Alpha an. "Nein, ich rieche nichts" - "Aber ... das kann doch nicht sein". Logan lässt sich auf die Liege fallen, die hinter ihm steht. "Was meinst du?" - "Es fühlt sich an, als wäre sie meine Seelenverwandte. Aber die ist tot. Ich hab sie in meinen Armen gehalten, als sie starb. Also, welche Hexerei ist da im Spiel?" - "Stopp! Logan, es kommt manchmal vor, dass ein Werwolf die Chance einer zweiten Mate bekommt". Zweifelnd sieht der Alpha seinen Arzt an. "Ja, tatsächlich, vor allem bei Alphas ist das möglich" - "Aber sie ist ein Mensch!" - "Ja, und? Selbst wenn sie körperlich unterlegen ist, kann sie die perfekte Luna sein. Die Mondgöttin wählt weise, Logan!" Jim geht an ihm vorbei ins angrenzende Zimmer. Er kontrolliert die Infusion und mustert das blasse Mädchen. Er ist etwas besorgt, weil sie eigentlich schon längst wieder wach sein sollte. Logan stellt sich neben ihn. "Sie ist so zart, Jim, so zerbrechlich". Er streicht ihr sanft über die Hand und wieder kribbelt es an seinem ganzen Körper. "Weißt du eigentlich, dass du da ein ganz besonderes Geschenk erhalten hast, Logan?" - "Ja, aber ich muss das erst noch verarbeiten, bevor ich ihr alles erklären kann". Logan beugt sich vor und gibt ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn, dann verschwindet er. "Pass gut auf sie auf, Jim!"

Unruhig sitzt Abigail in ihrer Klasse. Mia ist heute nicht da und sie weiß nicht, warum. Normalerweise schreiben sie sich gegenseitig, wenn sowas vorkommt. In der Pause steht sie bei Adrian, der Lucas böse ansieht. "Weißt du, wo Mia sein könnte?", fragt sie ihren Mate leise. "Die Frage könnte dir dein Alpha vermutlich beantworten", grollt Adrian, schließt sie fest in die Arme und vergräbt seine Kopf an ihrer Schulter. "Lucas?" - "Weg. Sie ist weg, okay. Und hoffentlich bleibt sie das!" - "Warum? Sie hat mir nichts erzählt. Und wie kannst du da so ruhig bleiben, schließlich ist sie deine Ma.." - "SEI STILL! Sie ist nichts, hörst du, NICHTS! Ich hab sie davongejagt und sollte sie wiederkommen, dann werde ich sie umbringen!" Fassungslos sieht Abigail ihren Alpha an, der mit Michelle rummacht, als ob er nicht gerade gesagt hätte, dass er seine Mate weggejagt hat. "Aber ... das kannst du doch nicht ... Adrian, das kann er doch nicht machen!" Verzweifelt schaut sie ihren Freund an, doch der zuckt nur mit den Schultern. "Ich hab versucht, ihm das auszureden, ohne Erfolg. Ich fürchte nur, das dicke Ende kommt noch". Er wischt Abi die Tränen vom Gesicht. "Es tut mir leid, Spatz" - "Du bist sein Beta" - "Und er ist der Alpha, Abi. Ich habs versucht, wirklich. Aber du weißt genau, wie stur er sein kann. Es wurde ihm von klein auf eingeredet, dass nur ein Wolf eine gute Luna sein kann, er hat nur umgesetzt, was er glaubt".
Der Tag verläuft schleppend und als der Unterricht zu Ende ist, weigert sich Abigail mit ins Rudelhaus  zu fahren. Stattdessen läuft sie zu Mike, der ihr überrascht die Tür öffnet. "Mia ist noch nicht hier, Abi" - "Mia war nicht in der Schule, Mike!" - "Was? Aber wo ist sie dann?" Mike sucht sein Handy und versucht seine Schwester zu erreichen, doch sie geht nicht ran. Er spricht ihr auf die Mailbox, dann nimmt er seine Jacke und läuft nach draußen zu seinem Motorrad. "Hältst du hier die Stellung, Abi? Ich fahr ihre Laufstrecke ab, vielleicht ist sie verletzt". Abigail nickt, aber sie hat wenig Hoffnung, dass er Mia findet.  Auch sie versucht immer wieder Mia zu erreichen, ohne Erfolg. "Mia Maus, wo bist du nur?" Zwischenzeitlich gibt sie Adrian Bescheid, der sich um sie Sorgen macht und sie holen will ... aber Abi weigert sich. Sie will hier bleiben, in Mias Haus, wo sie sich ihr wenigstens nahe fühlen kann. Nach langer Zeit kommt Mike wieder - ohne Mia. "Verdammt, Mia, wo steckst du? Meld dich endlich!", brüllt er ins Telefon, dann sackt er auf der Couch in sich zusammen, Abi neben sich, die ihm  tröstend eine Hand auf seinen Oberschenkel legt. So warten sie, schweigend, in stiller Angst vereint.

Mate - The Second ChanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt