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Verwirrt schaut Mia sich um. Sie liegt in  einem Krankenbett, eine Infusionsnadel im Arm. Vorsichtig setzt sie sich auf, nimmt die Infusionsflasche in die Hand und liest, was sie da bekommt, versteht aber nicht, was es ist. Ihr Blick geht zum Fenster. Wald, nur Wald ist dort zu sehen. "Wo bin ich hier?", flüstert sie und legt sich wieder zurück ins Bett, weil ihr etwas schwindlig ist. Die Tür geht auf und ein junger Arzt sieht sie an. "Na endlich bist du wach, Kleines. Wie geht es dir?" - "Gut ... glaube ich.  Wo bin ich?" - "Kannst du dich an irgendwas erinnern?", weicht er ihrer Frage aus. "Ja, ich war joggen. Und dann war da ... dann ..." - "Ja?" - "Das würden Sie mir doch nie glauben. Ich glaubs ja selber nicht" - "Glaub mir, Kleines, ich hab schon viel gehört und erlebt, du kannst mir vertrauen. Ich bin Jim, und du?" - "Mia" - "Also Mia, was ist passiert?" - "Da war ein ... Wolf". Mia zögert, aber Jim nickt ihr aufmunternd zu. "Der war aber nicht normal ... der war ... riesig. Und er hat ... mit mir gesprochen. Also, nicht richtig ... im Kopf. Du musst mich jetzt echt für bescheuert halten" - "Nein, Mia, tu ich nicht. Und was hat er gesagt?" - "Lauf! Und dass ich ... nie wieder kommen soll". Mia schluchzt auf und er nimmt sie in den Arm. "Nimm deine Pfoten von meiner Mate", knurrt ihn Logan im Mindlink an. "Schon gut, dann solltest du aber herkommen, sie braucht jemanden". Kurz darauf betritt Logan das Krankenzimmer und sein Blick kreuzt sich mit dem von Mia, die ihn ängstlich anschaut. "Mia, das ist Logan. Er ist der ... Chef hier, auch wenn er sehr angsteinflößend aussieht, wird er dir nie etwas tun, okay?" Mia nickt, kann sich aber nicht aus seinem fesselnden Blick lösen, der sie gefangennimmt und warm einhüllt. Logan ist groß ... sehr groß ... muskulös und mit seinen dunklen Haaren und den blauen Augen ein Mann wie aus dem Bilderbuch. Kurz schmunzelt er, bevor er wieder ernst wird. "Jim, lass uns allein" - "Ja, Alpha. Aber mir bereitet etwas Kopfzerbrechen - sie wurde von einem Wolf gejagt, der in ihrem Kopf sprach. Das hört sich nach einem Alpha an ..." - "Okay, wir reden später".
"Mia also?" Logan setzt sich auf einen Stuhl, den er sich ans Bett gezogen hat. "Woher kommst du?" - "Ich wohne in Riverside .... scheiße, mein Bruder. Wo ist mein Handy?" Logan nickt zu dem kleinen Tisch, der neben ihrem Bett steht. "Darf ich kurz?" - "Ja klar". Mia wählt die Nummer ihres Bruders, der sofort rangeht. "MIA! Wo zum Teufel steckst du?" - "Beruhig dich Mike. Mir geht es gut. Ich bin in einem Krankenhaus in ..." Fragend sieht sie Logan an. "Woodsdale" - "... in Woodsdale" - "Wie kommst du nach Woodsdale? Das ist fast 100 Meilen von hier weg. Und wer ist da bei dir?" Logan, der mit seinem Wolfsgehör alles mitgehört hat, streckt seine Hand zu Mia. "Gib mal her". Er nimmt Mias Handy. "Hier ist Logan Blackwood. Mia wurde ungefähr 30 Meilen östlich von hier von einem meiner Mitarbeiter im Wald gefunden, bewusstlos und völlig erschöpft. Es geht ihr gut, Mike" - "Aber warum ist sie so weit weg? Sie wollte doch nur joggen, wie jeden Morgen" - "Sie ist seit dem Morgen weg?", fragt Logan entsetzt, schließlich hat Mason Mia erst nachmittags gefunden. "Ja. Wann kann ich sie abholen?" Logans Blick ruht auf Mia, die das Gespräch nur einseitig verfolgen kann. "Sie muss sich noch ausruhen. Sie wird sich melden, Mike" ... oder auch nicht, setzt er in Gedanken dazu, während er Mia ihr Handy zurückgibt, die noch kurz mit ihrem Bruder spricht und dann auflegt.
"Was machst du so weit weg von zuhause, Mia?", will Logan wissen. Er sieht Tränen in ihren Augen schimmern und muss sich sehr zurückhalten. Wer auch immer ihr wehgetan hat wird dafür büssen. Logan legt seine Hand auf ihre. "Mia?" Sie hebt den Blick von seiner Hand, die sich so angenehm auf ihrer anfühlt, und sieht ihn an. "Ich wurde verfolgt" - "Von wem?" - "Einem ... Wolf, aber das glaubst du eh nicht" - "Ach Mia, du musst noch viel lernen und verstehen von uns. Wie sah der Wolf aus?" - "Groß ... sehr groß ... dunkel, furchteinflößend mit seinen gefletschten Zähnen". Mia beginnt zu zittern und Logans Daumen streicht beruhigend über ihre Hand. "Alles gut, Mia. Er kann dir nichts mehr tun, du bist hier in Sicherheit" - "Woher willst du das wissen?" - "Es gibt Grenzen, Mia, die auch ein Wolf nicht ungestraft überschreiten kann. Vertrau mir, Liebes". Mia schaut ihm in die Augen, die ihr entgegenstrahlen. Sie fühlt sich geborgen und geliebt, umhüllt von Wärme und nickt. Sanft lächelt er sie an. "Gut! Erzähl mir mehr von dir. Wo gehst du zur Schule, wer sind deine Freunde?" Mia überlegt, dann erzählt sie von ihrer Welt, von Abi und Adrian, von Lucas und Michelle, wie böse Lucas immer zu ihr war ... und Logan begreift, wer und vor allem WAS ihre Freunde sind, die Namen der höherrangigen Wölfe eines Nachbarrudels sind einem Alpha natürlich bekannt, und dass Mia überhaupt keine Ahnung von Werwölfen hat. Ihm ist auch schon zugetragen worden, dass der neue Alpha des Riverside-Rudels seine Mate verstoßen hat, weil sie ein Mensch ist und ihm wird klar, dass Mia dieser Mensch ist ... was ihn stutzig macht - kann ein Mate zwei Seelenverwandte haben? Abrupt steht er auf. "Du solltest jetzt schlafen, es ist schon spät. Gute Nacht, wir sehen uns morgen!" Fast überstürzt verlässt er das Zimmer und Mia sieht ihm verwirrt hinterher. Sein plötzlicher Abgang macht sie traurig und die Kälte, die sie jetzt umgibt, lässt sie frösteln. Wer ist dieser Mann, der sie so beruhigen kann und der ihr jetzt schon fehlt, obwohl sie ihn überhaupt nicht kennt?

Mate - The Second ChanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt