Yukikos Vergangenheit

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Gegen 19.00 Uhr sind wir dann endlich fertig mit unserm Plakat und unserer Ausarbeitung, also der Gedichtanalyse und Interpretation. „So… haben wir dann jetzt alles?“ „Jep“
‘Na endlich… würde ja auch mal Zeit.‘ Draußen stürmt es unterdessen ziemlich heftig, was mich ab und an leicht zusammenzucken lässt und mir eine Gänsehaut über den Körper jagt. „Warum hast du vorhin so reagiert?“ „Huh, wie? Wann denn?“ „Als ich dich gefragt habe ob alles gut ist, hast du mich dermaßen verwirrt angesehen, als ob es nen Weltwunder wäre, dass ich sowas frage.“ „Achso… na ja also… wie soll ich das erklären?“ „Am besten so, dass ich es verstehe“ „Wow danke… das hilft total… ist ne relativ lange Story und ich glaub nicht, dass dich das interessiert.“ „Also erstens haben wir Zeit, und warum sollte es mich nicht interessieren? Auch wenn es vielleicht für dich nicht so aussehen mag und du mich für einen arroganten Eisklotz hältst, kann ich dir versichern, dass es nicht so ist.“ „Nein, also… das glaube ich auch gar nicht… eigentlich spreche nur mit niemandem darüber… nicht mal Keishin weiß davon… Kuroo ist der Einzige der es weiß… und na ja… Keine Ahnung…“, murmle ich leise, ehe Tsukishima mich unterbricht: „Ob du es glaubst oder nicht, aber über Probleme zu reden kann helfen. Außerdem würde ich dir schon helfen wenn ich kann“…. „Warum bist du so?“ „Wie?“ „Na so… so nett, so anders als sonst... Ich versteh dich einfach nicht… erst wirfst du mit fiesen Sprüchen um dich und wirkst unnahbar und arrogant, dann bist du völlig sarkastisch und dann bist du im nächsten Moment wieder ganz anders, schön fast süß… “, murmel ich den Rest, in der Hoffnung, dass Tsukishima es nicht versteht. „Da sind wir schon zu zweit… ich versteh dich und dein Verhalten auch nicht… aber vielleicht kannst du es mir ja erklären.“ „Hmm…“

Als ich hoch schaue, um ihm in die Augen zu sehen, bemerke ich, dass diese auch auf mir liegen und reines Vertrauen widerspiegeln. Er hat echt schöne Augen… „Also, willst du es mir erzählen?“, lacht er, schließt dabei die Augen und neigt seinen Kopf lächelnd in meine Richtung… ‚‘Was ist nur mit ihm los? Er wirkt so anders… so perfekt… irgendwie fühle ich mich wohl in seiner Nähe… soll ich es ihm erzählen?... Tief einatmend stehe ich auf, schalte die Musik aus und setzte mich mit den Worten: „Du solltest es dir gemütlich machen… das könnte ein längeres Gespräch werden…“, auf das Sofa. Also steht er auf uns setzt sich in einem gewissen Abstand zu mir.

„Also schön… aber vorher noch zwei Bitten. Wie bereits gesagt, weiß außer Kuroo niemand wirklich, was ich dir jetzt erzählen werde und ich möchte, dass das auch so bleibt… und außerdem unterbrich mich bitte nicht, ich möchte weder mitleidige Blicke, blöde Sprüche, noch sonst irgendwas...

So, wie du vermutlich schon weißt, bin ich bei meiner Mutter in Tokio aufgewachsen. Meine Mutter war die ältere Schwester von Keishin und wurde mit mir schwanger, als sie 17 war, sie war also noch recht jung. Meinen Vater kenne ich nicht, da dieser kurz nach meiner Geburt abgehauen ist und mit meiner Mutter ging es seitdem Berg ab… laut meinem Onkel war sie wohl früher schon ein Problemkind. Na ja... Ich kannte meine Mutter nicht anders. Sowas wie einen liebevollen Umgang oder so gab es bei uns nicht wirklich… meine Mutter hatte ein Agressions-, und ein gewaltiges Alkoholproblem, von welchen auch ich nicht verschont blieb, deshalb bin ich dauert abgehauen, auch für länger.

Ich bin schon seit ich klein bin auf mich allein gestellt, da meine Mutter sich nie um etwas gekümmert hat oder konnte… Sie hat es meistens nicht einmal gemerkt, dass ich tagelang verschwunden war, es hat sie schlichtergreifend nicht interessiert. Daher war ich auch die meiste Zeit alleine, da ich nichts mit anderen Menschen anfangen konnte… alle waren so kindisch in meinen Augen und keiner hat mich verstanden. Aber damit hatte ich kein Problem, schließlich kannte ich es nicht anders… jedenfalls habe ich dann irgendwann Kuroo und durch ihn Kenma kennen gelernt. Bei ihnen habe ich das erste Mal gemerkt, was es eigentlich heißt und ausmacht eine Familie zu haben und geliebt zu werden… bei ihnen fühle ich mich wohl und zuhause, weil ich das Gefühl habe, dass sie die Einzigen sind, die mich verstehen und akzeptieren wie ich bin. Deshalb habe ich nachdem ich sie kennengelernt habe auch die meiste Zeit bei ihnen verbracht, bei meiner Mutter war ich selten. Als sie durch einen Unfall ums Leben kam, hatten auf einmal alle Mitleid mit mir und wollten für mich da sein, obwohl sie mich gar nicht kannten und nie etwas mit mir zu tun hatten, deshalb tue ich mich auch so schwer damit, Menschen an mich ranzulassen, einfach wegen dem Gefühl, dass sie es im nachhinein ausnutzen werden. Jedenfalls musste ich dann Tokio verlassen und zu Keishin ziehen… jemandem den ich so gut wie noch nie gesehen habe und weg von meiner eigentlichen Familie...

Zusammenfassend bin ich es einfach nicht gewohnt, dass sich jemand um mich kümmert oder sich Sorgen um mich macht, einfach weil das früher auch niemand gemacht hat und ich mir auch keine Sorgen um andere gemacht habe. Ich habe einfach den Sinn dahinter nicht verstanden und zugegeben, ich verstehe es immer noch nicht wirklich… es ist doch nicht die Aufgabe von anderen, sich um einen zu kümmern... Am Ende ist jeder für sich selbst und seine eigenen Entscheidungen verantwortlich.

Warum gibt man sich also die Mühe und verschwendet seine Kraft an andere?... Kuroo hat sich ständig um mich gekümmert und ich habe nie wirklich verstanden warum, er hat es einfach gemacht, wie selbstverständlich.“

Im Laufe meiner Erzählung habe ich die Knie angezogen und meinen Kopf auf diesen abgelegt, während mein Blick starr auf die gegenüber liegende Wand gerichtet ist. Die Tränen die mittlerweile meine Wangen herunter laufen, bemerke ich gar nicht. Auch wie Tsukishima neben mich rutscht bekomme ich nicht wirklich mit. Erst als er seine Arme um mich legt und meinen Kopf auf seine Brust bettet, zieht er mich in die Realität zurück. Kurz versteife ich mich, doch als ich merke, dass er nichts weiter macht, als mich im Arm zu halten und mir beruhigend über den Rücken zu streichen, brechen die Dämme und Mauern, die ich, teils womöglich unbewusst, um meine Gefühle gezogen habe.

Ich breche ich Tränen aus und lasse all den Schmerz, den Kummer und die unterdrückten Gefühle der letzten Jahre in Schluchzen und Tränen aus meinem Körper weichen und klammere mich, wie ein ertrinkender an einen Rettungsreifen, an Tsukishima.

Obwohl dieser einfach nur da sitzt und fast nichts macht fühle ich, dass er mich versteht und akzeptiert und verdammt… das ist das schönste Gefühl, was ich je hatte und was je ein Mensch in mir ausgelöst hat und ich bin froh, dass es Tsukishima ist, der es auslöst. In seinen schützenden Armen liegend, fühlt es sich an, als könnte mir nichts auf der Welt etwas anhaben, ich will dieses Gefühl nie wieder missen… was er sich wohl gerade denkt? Ob ich ihm mit meinem Rumgehäule auf die Nerven gehe? Sofort versuche ich die aufkommenden Tränen zu unterdrücken und schiebe Tsukishima von mir weg, sodass ich ihm in die Augen sehen kann.

Genervt stöhnt er auf. „Du machst dir schon wieder zu viele Gedanken… auch wenn du es nicht ausspricht, weiß ich genau was gerade in dir vorgeht und lass dir eins gesagt sein, weder nervst du, noch bist du schwach. Ganz im Gegenteil, du bist unglaublich stark und kannst stolz auf dich sein. Du hast verdammt viel mitgemacht und das reicht mit Sicherheit für mehr als ein Leben, aber ich verstehe dich und dein Verhalten jetzt deutlich besser und ich bin froh, dass du es mir erzählt hast. Ich bin für dich da, versprochen und jetzt komm her.“, damit zieht er mich wieder an sich und macht mich sprachlos. Einzig allein ein leises „Danke“, bringe ich heraus, ehe ich mein Gesicht an seiner Brust verstecke und mich mit meinen Händen in seinen Hoodie kralle. Ich weiß nicht wie lange wir so auf dem Sofa sitzen, aber als ich mich beruhigt habe, löse ich mich von Tsukishima und begegne seinem wohlwollenden Blick. Diese Augen… wie in Trance lege ich ihm eine Hand auf die Wange, während ich in seinen braugoldenen Augen zu versinken drohe. Er selbst sieht mich nur deutlich verwirrten, als aus meinem Mund, schneller als ich denken kann die Worte fallen: „Du hast echt schöne Augen.“ Ein Blitz, welcher die dunkle Nacht erhält und ein direkt darauffolgende Donnern, bringt mich aus meiner Trance zurück und leicht verlegen rutsche ich von Tsukishima weg, welcher wieder seinen typischen Blick aufsetzt. „Ich hab also schöne Augen, ja?!“ „Ach lass mich doch in Ruhe du blöde Bohnenstange.“ „Na na na, spricht man so etwa mit demjenigen, der dich gerade so selbstlos in seinen Armen geschützt und getröstet hat Prinzesschen?“ „Selbstlos also ja? Du wolltest doch nur ein schönes Mädchen im Arm haben und als Held in glänzender Rüstung da stehen.“ „Du findest dich also schön ja?“

Between cats and crows - Haikyu!! (Tsukishima FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt