Chapter 7

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Die letzten 15 Stunden waren nur schleichend vergangen, als wollten sie meine Geduld auf eine weitere Probe stellen. Selbst der wunderschöne Ausblick auf die Wolkenfelder, weit oben in den Winden, ließ mich nicht mehr ablenken. Sandra neben mir war eingeschlafen, ihr fiel es nicht schwer 12 Stunden am Stück zu schlafen. Ihre Lider zuckten wild, als ob sie gerade ein großes Abenteuer durchlebte. Mein 5 Blick auf das Smartphone in meiner Hand binnen 10 Minuten, provozierte mich nur noch mehr, sodass ich es in die Zeitungslasche meines Vordersitzes steckte. Ich begann zu überlegen, was ich mit den letzten 2 Stunden in meinem selbstgewähltem Gefängnis anfangen sollte. Vor mein inneres Auge traten die Zeitschriften, die ich vor Antritt unseres Fluges gekauft hatte. Vorsichtig kramte ich meine Tasche unter dem Sitz hervor, sehr bedacht darauf Sandra nicht aufzuwecken. Zufrieden hielt ich mir das Galileomystery-Cover vor die Nase. Das Papier war schwarz und über einem historischen Bild, welches einige Frauen auf dem Scheiterhaufen brennen zeigen sollte, prangte in Glanzschrift "Galileomystery. Die Hexenverfolgung." Das Bild sah schockierend echt aus, ich konnte kaum glauben, dass wirklich einfachen Menschen Magie angehängt wurde und sie diese einfach am lebendigen Leibe verbrannt hatten. Mir lief ein kalter Schauer über die Schulter. Beeindruckt schlug ich die erste Seite auf. Auch diese war komplett schwarz eingefärbt. Eigentlich hatte ich ein Inhaltsverzeichnis erwartet, doch auf der Seite prangte eine einzige Frage :"Glauben Sie an Magie?" Verdutzt musterte ich die Seite. Komischer Einstieg in einen wissenschaftlichen Artikel. Aber gut. Mit dem Glauben tat ich mich sehr schwer, schließlich habe ich rückblickend noch nichts übernatürliches - außerhalb von Tarot- gesehen. Ich zuckte mit den Schultern und blätterte weiter. Trotzdem fehlte jede Spur von einem Inhaltsverzeichnis. Seufenz schaute ich mir die Bilder an. Hatte ich mir wirklich ein Klatschblatt gekauft? Die 10$ fühlten sich wie die größte Verschwendung an. Da ich aber immer noch die Zeit totschlagen musste, mindestens bis Sandra wieder wach war, beschloss ich weiterzulesen. Mein Blick fokussierte die Bilder. Auf jeder Seite waren jeweils zwei abgebildet. Es waren Bilder von Künstlern aus dem 16. Jahrhundert, die die Inquisition zeigten. Menschen, die über einen Scheiterhaufen an einem Pfahl angebunden wurden oder gefesselt ins Wasser geworfen wurden. Die Einführung in die düstere Geschichte lies mein Herz schwer werden. Es tat mir so weh zu sehen, dass Unschuldige so sehr leiden mussten. Auf der darauffolgenden Seite war ein langer Text unter der Überschrift: Einführung in die Hexenverbrennung. Es war wirklich sehr spannend, schon bald vergas ich meine Umwelt komplett. "Bei diesen Hexen handelte es sich zumeist um Frauen mit magischen und in der Regel Schaden zufügenden Fähigkeiten. Sie verhielten sich anders als die „normalen" Mitglieder der jeweiligen Gesellschaft, ja, sie wollten diese Gemeinschaften schädigen."  Natürlich wieder hauptsächlich die Frauen. Vor Ungerechtigkeit ballte ich meine Fäuste, bereit dagegen vorzugehen, ohne zu merken, dass die Zeit dafür schon deutlich zu weit vorgeschritten war. "Was ist denn mit dir los?" Sandra legte ihre Hand auf meine Schulter. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits die Hälfte des Magazins verschlungen. Ich fühlte, wie ich wieder in diese Zeitlinie zurückkehrte. Die ganze Wut und Trauer, die sich in mir angesammelt hatte lies langsam nach. Verzweifelt schaute ich sie an. "Du glaubst gar nicht, was ich hier gelesen habe. Ich habe mir doch diese Zeitschrift gekauft, am Flughafen in Münster. Es ist unglaublich traurig, die haben damals 50.000 bis 80.000 Menschen, btw. hauptsächlich Frauen, einfach verbrannt und das nur, weil sie den VERDACHT hatten, dass sie möglicherweise Magie praktizieren." Sandra dachte kurz nach. "Das hört sich wirklich schrecklich an, zum Glück wird das heute nicht mehr gemacht." Sie hatte recht, trotzdem passierte viel Unrecht in der Welt und nur weil sich das Target geändert hatte, war es nicht weniger schrecklich. "Mal eine andere Sache..." sie machte eine kurze Pause "Ich habe etwas ganz komisches geträumt" Ich grinste sie von der Seite an. Ihre Träume haben uns damals noch deutlich stärker zusammengeschweißt. Sandra träumt äußerst lebhaft und deren Länge gleicht einer Folge einer sehr guten Serie. Damals handelten sie oft von den Jungs, von denen wird geschwärmt hatten. Sie hat mich angerufen, um mir alles zu erzählen. Oft saß ich abends stundenlang einfach nur in meinem Bett, während sie mir die Geschichten erzählt hat und es hat sich angefühlt, als wäre es wirklich so passiert. Früher war ich viel zu schüchtern, um etwas mit einem Jungen anzufangen auf den ich einen Crush hatte, deshalb haben mir ihre Träume meine ganz persönliche Romanze geschenkt. Doch sie schüttelte ihren Kopf. "Nein nicht sowas. Ich habe von zwei Tauben geträumt, die eine Taube hat der anderen einen Flügel abgerissen und ist verblutet. Diese Szene ist zweimal in meinem Kopf aufgetaucht. Es hat sich anders angefühlt, anders als die anderen Träume." Meine rechte Augenbraue zog sich merklich in die Höhe. "Das hört sich wirklich gruselig an. Was kann das nur bedeuten?"  sagte ich laut denkend. "Lara kannst du nicht vielleicht mal nachschauen, was das bedeuten könnte? Du bist sehr gut im recherchieren." bittend schaute sie mich an. Traumdeutung finde ich sehr interessant, vor allem aus psychologischer Sicht. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ab und zu Dinge träumen, die uns unterbewusst Tipps oder Informationen geben sollten. "Klar, mache ich gerne." Mein Interesse war sichtlich geweckt, also zog ich schnell mein Handy aus der Zeitungslasche und verband mich mit dem Flugzeugswlan. Zunächst wollte ich die Bedeutung von Tauben allgemein herausfinden. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich mit direktem googlen nach Tauben, die sich gegenseitig töten, nichts finden würde. Laut der Traumdeutungsseite bedeuteten fliegende Tauben schon mal neue Nachrichten, doch diese Information reichte mir noch lange nicht. Unten wurde erzählt, dass Tauben das Symbol des griechischen Gottes Eros wären. Na das hörte sich doch nach eine Fährte an. Also googlete ich nach Infos über Eros und wurde tatsächlich fündig. Mit ein wenig Deutung meinerseits habe ich eine gute Lösung zu diesem Rätsel gefunden. "Also Sandra, ich glaube ich habe etwas gefunden..." sagte ich während ich mir im Kopf überlegte, wie ich ihre meine Theorie am besten erklären sollte. "Laut dieser Seite steht Eros im Zwiespalt zwischen göttlicher Inspiration und irrationalem Begehren. Ich vermute, dass jede Taube für eine Seite steht. Deine göttliche Inspiration - also deine Intuition, deine Verbindung zum, wie soll ich sagen..." "Übernatürlichem?" unterbrach mich Sandra. "Hmm ja, wenn du es so nennen willst... kämpft gegen Handlungen deinerseits, die der Ethik widersprechen. Sowas wie Mord zum Beispiel." Sandra musste ein wenig zu laut Auflachen, sodass sich einige Passagiere mit einem genervten Blick umdrehten. "Mord? Also soo schlimm habe ich mich jetzt nicht eingeschätzt." "Naja so war das jetzt auch nicht gemeint. Ich sehe in deinem Traum einfach diesen Zwiespalt angkämpfen und du musst aufpassen, dass nicht die falsche Seite gewinnt." erklärte ich meine Ergebnisse zuende. Sandra nickte leise. "Du bist echt gut darin, vielleicht solltest du doch lieber Forscherin werden." Stolz musste ich lächeln. Das Kompliment tat meiner Seele sehr gut. "Ich bin echt gespannt, was auf mich zu kommt." Nachdenklich schaute Sandra in die Leere. "Sehr geehrte Passagiere der Boeing 555, wir werden in kürze am Louis Armstrong New Orleans International Airport landen. Bitte schließen Sie ihre Gurte und stehen bis zum völligen Stillstehens der Maschine nicht mehr auf. Vielen Dank für ihre Mitreise, ihr Boardingteam und der Capitain wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt. Bis auf ein baldiges Wiedersehen." Mit diesen Worten setzte sich die Stewardess auf ihren Sitz ganz nah an der Eingangstür und der Druck auf meinen Ohren stieg. Trotz der saften Flugweise des Pilots, schlug mein Herz höher und ich konnte förmlich das Blut durch meine Blutgefäße schießen fühlen.  So musste sich ein Rausch anfühlen. Auch Sandra wirkte aufgeregt. "Ahh Laraa es geht endlich los wir sind bald da!" die Spannung in ihrer Stimme konnte man sehr gut raushören. "Endlich." flüsterte ich beinahe. Jetzt sollte es endlich losgehen. Die Reise meines Lebens.

 

New Orleans - eine dunkle LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt