Mit wildem Gezerre an meinem rechten Arm wurde ich von Sandra unsanft geweckt. "Lara, lara guck raus!" rief Sandra mir zu, als sie mir unsanft die Kopfhörer aus den Ohren riss. Verschlafen öffnete ich meine Augen. Ich brauchte erst ein paar Sekunden um zu realisieren, wo ich mich gerade befand. Im Flugzeug war bis auf ein paar energiesparlampen alles dunkel, damit die Passagiere schlafen konnten - im besten Fall jedenfalls. Während alle anderen ihre Vorhänge zugezogen hatten, waren unsere weit zur Seite geschoben und lies den Blick auf den Himmel zu. "Was willst du?" fragte ich leicht genervt, wollte ich doch einfach nur in Ruhe weiterschlafen. Ich fühlte mich, als hätte ich seit Jahren nicht mehr ausreichend Schlaf bekommen und müsste diesen nun nachholen. "Guck nach draußen, ist es nicht wunderschön?" Sandra hielt mir ihr Handy unter die Nase um das Spektakel für Snapchat zu filmen. Mein vom Schlaf vernebeltes Gehirn, löste sich langsam vom Schleier. Ich drehte meinen Kopf nach links um rausschauen zu können. Dort bot sich ein tatsächlich wunderschöner Anblick. Wir flogen gerade so über den Wolken, die sich durch die aufgehende Sonne leicht rosa gefärbt hatten. Es sah aus, als würden wir durch ein Luftschloss gerade zu in ein ganz anderes Universum fliegen, was mir sehr viel Kraft gab. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es 6.00 Uhr werden sollte. "Es ist unbeschreiblich." hauchte ich leise gegen die Scheibe, die an den Rändern leicht eingefroren war. "In solchen Momenten fühle ich mich, als könnte ich alles erreichen, was ich mir wünsche." mein Mund formte sich zu einem Lächeln. "Das ist einfach ein Zeichen dafür, dass unser Urlaub perfekt wird." Sandra beendete ihre Videoaufnahme, wand den Blick aber nicht von Lichtspiel ab. "Das will ich doch wohl hoffen. Ich will endlich in einen richtig echten Jazz-Club und dort ein paar Drinks trinken, ganz viel tanzen, oh und wir auf einen Markt und zu einer Wahrsagerin. Ich bin gespannt, ob sie deine Tiktok-Readings unterstützt." Mit einem verschmitzen grinsen, stupste ich Sandra vorsichtig in die Seite. "Kurz bevor ich mit meiner Mama zum Flughafen gefahren bin, habe ich im Internet schon mal nach so einem Markt gesucht. Etwas ausserhalb von New Orleans soll es sowas geben. Der Markt ist ein wenig im Stil von früher. Neben Obst, Gemüse etc. gibt es da unter anderem auch eine Wahrsagerin. Die Einheimischen sagen, dass sie wahre Zauberkräfte hätte." Ich musste lachen, so wirklich konnte ich an Magie nicht glauben. Als Kind habe ich Harry Potter- Bücher und der Gleichen verschlungen, jedoch sollte es nur als Flucht vor der Realität dienen. Sandra hingegen glaubte schon mehr an sowas. Wir saßen schon oft mit den Mädels zusammen um einen Tisch herum und haben uns gegenseitig Tarotkarten gelegt. Das Deutungsbuch in meiner Hand habe ich immer versucht die einleuchtensden Messages rauszufiltern. Ich erinnerte mich an einen Nachmittag als Sandra zu mir gekommen war. Sie hatte wie immer ihre Tarotkarten im Rucksack, die wir uns gegenseitig gelegt hatten. Auch ihre neuste Errungenschaft aus dem Internet hat sie zum ausprobieren mitgebracht. Es war eine Kollektion von den unterschiedlichten Pendeln. Sie hatte sie alle vor mir aufgereiht und ich musste deren Energie erfühlen. Der Stein, der am wärmsten war, sollte mir Antworten bieten können. Also habe ich jedes Pendel in die Hand genommen und versucht mein Bauchgefühl Richter werden zu lassen, was jedoch nicht gut geklappt hat - dachte ich jedenfalls. Der letzte Stein war relativ durchsichtig und hatte einen leichten rosastich. Er erinnerte mich rückwirkend ein wenig an diesen Sonnenaufgang. Vorsichtig habe ich ihn in meiner Hand platziert, diese zu einer Faust geballt und in mich hineingespürt. Von dem Stein ging eine wohlige Wärme aus, mir lief ein wohliger Schauer über den Rücken. "Der ist es oder?" Sandra schaute mich wissend an. Nun hatte auch sie sich einen Stein ausgesucht. Ihre Hand wanderte zielsicher zu dem schwarzen Pendel. "Der Stein ist so dunkel, wie meine Seele." scherzte sie. "Wie bist du dir so sicher, dass es nicht einer der anderen ist?" fragte ich verwundert. "Es ist einfach ein Gefühl, ich kann es nicht beschreiben. Ich weiß einfach, dass es dieser Stein ist. Nenn es Bauchgefühl oder wie auch immer. Wenn du es öfter machst, wirst du wissen was ich meine." erklärte sie mir, während sie das Pendel zwischen ihren Fingern hin und her drehte. "Okay was machen wir jetzt?" "Du nimmst das Ende des Bandes in die Hand und lässt das Pendel frei runterbaumeln. Wenn es sich sich ausgeschwungen hat, fragst du es was Nein bedeutet. In die Richtung in die es sich bewegt, ist das Zeichen für Nein. Das machst du genauso mit Ja und vielleicht." Sie machte es mir vor. Als sie nach Nein fragte, drehte sich das Pendel im Kreis. Sandra nickte kurz und fragte nach Ja, als das Pendel wieder still stand. Nun bewegte es sich von links nach rechts. Vielleicht sollte bei ihr stillstehen bedeuten. Impressed beobachete ich ihr Pendel und lies es auch nicht aus den Augen, als Sandra ihre Erklärung weiter ausführte. "Gut jetzt muss ich noch überprüfen, ob ich die Bewegungen richtig gedeutet habe." "Und wie genau, willst du das jetzt anstellen?" Sandra dachte kurz nach. "Ich stelle dem Pendel Fragen, deren Antworten ich schon kenne." Ja das machte für mich aus irgendeinem Grund Sinn. "So Pendel, bin ich 19 Jahre alt?" Die Antwort auf die Frage war Ja, das wusste ich genau, nur ob das Pendel das auch einschätzen konnte? Langsam fing es an zu schwingen - hin und her, von links nach rechts. Mir lief ein kalter Schauder über den Rücken. "Wie ist das möglich?" flüsterte ich bedächtig. Sandra musste grinsen "So, Pendel besitze ich eine Katze Zuhause?" Sandra hatte zwar Haustiere, jedoch waren das nur 2 kleine, wenn auch sehr niedliche Hunde. Das Pendel setzte ich auch jetzt wieder in Bewegung. Es drehte sich im Kreis. Unglaublich, ich konnte meinen Augen kaum glauben. Es war doch nur ein Stein, gab es doch so etwas wie das Übernatürliche? "Nun bist du dran." sie nickte mir aufmunternd zu. Ein wenig Angst hatte ich damals schon verspürt. Dabei lag das Furchtvolle aber mehr an den Antworten, die ich erhalten könnte. Ich klärte also für mich, was Ja, Nein und vielleicht bedeuten sollte. Auch meine Überprüfungsfragen beantwortete das Orakel äußerst Richtig. Nun ging es ans Eingemachte. Mein Hirn war plötzlich leer und auch den Wissensdurst, den ich sonst bei eigentlich allen Themen verspürte, hatte sich spurlos in Luft aufgelöst. "Wenn dir nichts einfällt, kann ich auch erst anfangen." Sandra deutete meinen betretenen Gesichtsausdruck richtig, also fing sie an. Damals hatten wir jeweils auf einen Crush aus unserer Pflegeschule. Demnach drehten sich fast alle Fragen nur um die Männer, die heute in unserem Leben keine Relevanz mehr hatten. Während sich meine Gedanken um Nick drehten, hatten die vielen Gespräche in den Pausen mit Moritz Sandras Herz höher schlagen lassen. "Werde ich mit Moritz zusammenkommen?" es wirkte, als wolle sie mit ihrem Blick das Pendel hypnotisieren. Erst bewegte sich nichts und ich zweifelte wieder an der ganzen Geschichte, da setzte es sich doch in Bewegung. Erst wirkte es, als würde es sich hin und her bewegen, doch sollte es kurz darauf doch über den Boden kreisen. In Sandras Blick machte sich große Enttäuschung breit. Ich legte ihr meinen Arm um die Schulter "Das Ding hat sicherlich nicht immer recht. Ihr versteht euch doch ganz gut." Wochen später wollten wir uns mit einem guten Freund treffen. Um Benzin zu sparen bin ich zu Sandra gefahren, um sie abzuholen. Sie hatte mir eine sehr lange Audio geschickt, die ich erst gesehen hatte, als ich bereits vor ihrer Tür stand. Mit ihrem kleinen schwarzen Rucksack kam sie aus der Tür. Ich konnte ihr genau ansehen, dass etwas nicht stimmte. Sie stieg ein und hielt mir ihr Handy entgegen. "Was ist los?" fragte ich besorgt. "Guck die die Story von Moritz an. Verwirrt folgte ich ihren Anweisungen. Er hatte ein Bild aus seinem Urlaub gepostet, darauf stand er mit einem Mädchen vor einem Wasserfall. Sie küssten sich innig und schwebten offensichtlich auf Wolke sieben. Wäre es nicht der Junge, über den wir bereits stundenlang telefoniert und Pläne geschmiedet hatten, wie Sandra ihn nach einem Date fragen könnte, hätte ich dieses Bild wunderschön gefunden. In diesem Moment schoss mir das Pendel zurück in den Kopf. Es hatte recht gehabt. Dieser Moment hatte mir in gewisserweise gezeigt, dass es doch unerklärliche Dinge gab. Nur das wirkliche Glauben viel mir dennoch schwer. "Worüber denkst du nach?" riss Sandra mich aus meiner kleinen Rückblende. "Ich musste nur daran denken, als wir zum ersten Mal die Pendel benutzt haben. Was ist, wenn es wirklich sowas, wie Magie gibt." Ich versuchte den Gedanken abzuschütteln, als wäre es eine lästige Fliege. "Du kennst meine Meinung dazu. Ich bin mir sicher, dass es sowas gibt. Dir fällt es so leicht an einen Gott zu glauben, dessen Existenz du nicht sicher belegen kannst. Warum dann nicht an Magie?" Sie hatte schon recht, es war alles nicht wirklich logisch und trotzdem sträubte ich mich ein wenig vor der Idee. "Wie lange brauchen wir noch?" Sandra schaute auf ihr Handy. " In einer halben Stunde sind wir in Istanbul, dann brauchen wir noch 16 Stunden bis wir endlich da sind." Ich verdrehte die Augen "Warum muss das denn so lange dauern?" Meine Ungeduld machte sich bemerkbar. Trotz der ganzen Arbeit, um diese zu verbessern, saß ich nun auf heißen Kohlen. Um die Zeit schneller rum zu bekommen, ging ich zur Toilette und unterhielt mich nach meiner Rückkehr mit Sandra. Wir diskutierten noch ein wenig über die Religions, Magie Thematik, bis wir die Anweisung erhielten, unsere Gurte wieder anzuschnallen. Gut 40 Minuten später machten wir uns auf den Weg zum Ausgang des Flugzeuges, um in der großen Hitze, die uns in die Gesichter schlug mit einem großen Bus bis zur Passkontrolle chauffiert zu werden. Einen Teil der Anreise hatten wir also geschafft.
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New Orleans - eine dunkle Leidenschaft
VampiroLaras Leben wandelt sich um 360 Grad. Endlich hat sie einen Platz an einer Universität bekommen, um endlich Medizin studieren zu können und damit ihren Traum wahr werden zu lassen. Das einzige Problem? Für ihr Studium muss sie nach Ungarn ziehen. Do...