Wanda POV
Brooklyn; 10 Jahre später.
Die Welt hatte sich verändert, es war nichts mehr, wie es einmal gewesen war. Es war anders, es war neuer, aber es war bei weitem nicht besser. Heute vor genau zehn Jahren hatten wir Thanos besiegt, wobei besiegt nicht das richtige Wort für diese Misere war. Wir hatten ihn dazu gebracht, die Menschheit in Frieden leben zu lassen, mit nicht all zu wenigen Tributen. Erst verlor ich Vision, den Mann den ich über alles liebte. Den Mann, der mit mir nach dem Krieg neu anfangen wollte. Dann nahm er mir Pietro ein zweites Mal, aber dieses Mal gab es keine Rettung für ihn. Meinen Bruder, meinen Zwilling, meine Familie. Und dann nahm er mir Sina. Meine Freundin. Eine Freundin, die mich verstand, ohne mit mir zu reden, die wusste was mir fehlte, noch bevor ich sie angesehen hatte.
Ich wusste genau, wie sich Becca heute noch fühlen musste. Auch wenn sie damals noch sehr jung gewesen war, hatte sie die Hölle durchmachen müssen und sie hatte aufgehört zu sprechen, über 2 Jahre hinweg hatten wir kein Wort von ihr gehört, überhaupt kommunizierte sie nur mit Bucky und das nur non-verbal, obwohl ich hören konnte, was sie durchlebte in ihrem Kopf und das machte es nur noch schlimmer für mich, weil ich ihr nicht helfen konnte.
Die Straßen von Brooklyn füllten sich wieder nachdem es wieder aufgebaut worden war, die Menschen konnten beruhigt weiter leben, dort, wo sie um ein Haar Opfer eines Geisteskranken wurden. Es war nur eine Frage der Zeit und Thanos würde zurück kommen, doch bis dato würden wir einen Weg finden, ihn ein für alle mal zu beseitigen, zumindest hoffte ich das mit allem was ich war.
Nach Pietros Tod hatte sich alles geändert für mich und gäbe es da nicht Becca, hätte ich mich bereits aufgegeben. Sie war mein Grund, mich bei Thanos rächen zu wollen, denn sie hatte so viel verloren wie ich, vielleicht noch mehr. Wenigstens ging sie wieder in die Schule, doch sie schien einfach nicht glücklich zu sein.
Und auch wenn die Welt sich geändert hatte, sie war dennoch täglich neuen Gefahren ausgesetzt. Gefahren, um die Steve, Bucky, Natasha und ich mich kümmern mussten, um die Menschheit, uns und Becca sicher zu halten. Und mit jedem weiteren möchte-gern Weltenherrscher hoffte ich schwer getroffen zu werden und elendig zu verbluten, auch, wenn ich für all meine verstorbenen und noch lebenden Freunde weiterleben sollte - und musste.
Kühl und frisch wehte mir der Wind durch mein langes Haar und eine frische Frühlingsbriese erfasste eisig meine Wangen und ich war wieder froh, mir doch die Mütze angezogen zu haben, die ich mir erst ausreden wollte, denn es war sonnig, doch man überschätzte die Temperatur. Kinder spielten auf einem Spielplatz dick angezogen, irgendwo schrie eine Mutter ihr Kind an, es solle doch vorsichtiger klettern und auf das Mädchen unter ihm aufpassen und ich schüttelte den Kopf. Diese Probleme würde ich auch gerne wieder haben.
Die Ampel war rot, was ich auch auch erst bemerkte, als mich eine Hand an meinem Oberarm erfasste und mich zurück zog. Erschrocken und aus meinen Gedanken an meine verstorbenen Freunde gerissen sah ich nach hinten und eine ältere Dame sah mich besorgt an.
"Vorsichtig. Können sie nicht sehen? Die Ampel ist rot!" rief sie entsetzt und ich löste mich aus ihrer knochigen Hand, bevor ich die kalten Gedanken abschütteln wollte und sie lächelnd anschaute.
"Verzeihen Sie." entschuldigte ich mich kurz und senkte dann den Kopf, um nach meiner Tasche zu greifen und meine Sachen zu sortieren, um nicht ganz so aufgeschmissen zu wirken. "Ich war in Gedanken."
"Solch Leichtsinn sehe ich sonst nur bei Kindern." schimpfte sie weiter und kurz war ich perplex, dass sie mir das so übel nahm, wo ich doch schon viel schlimmeres erlebt hatte und es größere Sorgen gab, als mir einfiel, dass man weder mich noch irgendjemand anderen von uns auf offener Straße noch erkannte, weil wir in Vergessenheit geraten waren, so, wie unsere gefallenen Freunde. Ich verbannte ihre Stimme endgültig aus meinem Kopf und mein Blick richtete sich auf die gegenüberliegende Straßenseite, die sie absuchte, als würde ich erwarten, Sina dort zu sehen und endlich aus meinem Traum aufzuwachen, diesem Albtraum, in dem ich seit einem Jahrzehnt gefangen war.
Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz in meiner Brust und ein dunkler Schleier blendete meine Sicht, als hätte ich von jetzt auf nachher eine Sehschwäche bekommen. Kurz presste ich meine Lider zusammen und räusperte mich, dann schüttelte ich den Kopf und sah mich um. So etwas hatte ich zuletzt gespürt, als Pietro starb und mit ihm ein Teil von mir selbst. Vielleicht halluzinierte ich nur wieder, malte mir aus, dass er dort auf der anderen Straßenseite stand und mich mit offenen Armen erwartete, es wäre nicht das erste Mal. Mein Blick glitt nach oben und suchte zwischen den grauen Wolken eine Antwort auf das gerade Geschehene, doch ich wurde erneut aus den Gedanken gerissen, als die ältere Dame mich beim Vorbeigehen anrempelte.
"Grün." seufzte sie kopfschüttelnd und gerade als ich über die Straße laufen wollte, spielten mir meine Augen einen erneuten Streich. War das auf der anderen Seite....? Nein, das konnte gar nicht sein. Schluckend öffnete ich meinen Mund und blinzelte, fest davon überzeugt, dass mir meine Augen einen Streich spielen mussten. Ein Junge, keine 16 Jahre alt, wenn überhaupt 13, stand auf der anderen Seite und sah mich an. Er sah mich nicht nur an, er sah durch mich hindurch, so fühlte es sich zumindest an.
Sein Haar war hell, seine Augen blau. So blau, dass ich mich hätte darin verlieren können und das fiel mir sogar auf die Entfernung auf, denn solche Augen hatte ich zuvor nur bei einer Person gesehen. Sofort erkannte ich Pietro ins einen jungen Jahren in ihm und Tränen bahnten sich einen Weg aus meinen Augenwinkeln, meine Hände hingen unruhig von der Seite meines Körpers, bereit, Magie gegen diese Täuschung meiner Augen anzuwenden. Wieder blinzelte ich und sah den Jungen weiter an, der aussah, als wäre Pietro einfach als junger Mann wieder aufgestanden gewesen, als Kind.
Er stand einfach nur da und als er den Kopf zur Seite drehte, erkannte ich eine weitere Person in seinem Gesicht. Sina. Es schien mir wie ein Traum gewesen zu sein, denn beide waren tot, ich hab sie beide sterben sehen und ich war mir wirklich sicher, dass dies nur ein Streich meiner Augen hatte sein können.
Vorsichtig drehte ich meinen Kopf in die Richtung, in der er sah, in der Hoffnung eine Erklärung für das Phänomen finden zu können, welches ich gerade durchlebte. Doch da war nichts weit und breit zu erkennen, außer aufgewühlte Eltern die versuchten, ihr weinendes Kind zu beruhigen.
Als ich wieder zu dem hellhaarigen Jungen sehen wollte, war dieser verschwunden, was mich wieder darauf schließen ließ, dass das ganze nur ein Streich meiner Augen gewesen war. Auch der Schmerz in meiner Brust ließ nach. Sina und Pietro waren tot. Beide. Ich hatte sie beide sterben sehen. Es gab einfach keine logische Erklärung auf das was ich gerade gesehen hatte. Und platonisch gesehen, konnte ich auch gar nichts gesehen haben. Vor allem nicht Sina und Pietro in ein und der selben Person.
Es sei denn...
Erschrocken riss ich die Augen auf. Konnte es sein, dass...
Schnell schüttelte ich meinen Kopf und drehte mich auf der Stelle um. Ich musste mit Steve reden. Und mit Bucky. Ich musste mit allen reden, aber zuerst mit Steve. Er wusste bestimmt, was zu tun war, oder was ich da gesehen hatte. Vorausgesetzt, er hörte mir zu und hielt mich nicht für komplett verrückt. Woran ich gerade selbst zweifle. Denn so etwas konnte nicht möglich sein, es ging einfach nicht. Dazu lagen viel zu viele Meilen zwischen uns. Müde und verwirrt sah ich in den Himmel, als mir wieder einfiel, was an dem Tag passiert war, als Pietro gestorben war. Mein Schmerz war groß gewesen und sie hatten mich in eins der verlassenen Krankenhauszimmer gesteckt gehabt, als die Türe erneut aufging und Sina herein trug, sie wehrte sich schreiend und weinend, sie schrie seinen Namen, verweigerte jegliche Nahrungsaufnahme und versuchte mehr als nur einmal wieder zu dem leblosen Körper meines Bruders zu kommen als gäbe es noch irgendwas, was sie für ihn tun hätte können. Nach einem Tagen verstummte sie und am zweiten Tag hatte sie es mir bestätigt, sie hatte ihn geliebt, ich wusste nur nicht, dass es auf diese Weise gewesen war, ich hatte immer gedacht, dass sie ihn als Freund liebte und ich hatte auch in ihrem Kopf nie ein Anzeichen darauf gefunden, dass sie mit ihm eine Affäre hatte.
Wenn es keine Erklärung dafür gab und ich so keine Antworten bekam, musste ich mir die Antworten anders besorgen. Und ich wusste auch ganz genau, wo ich anfangen musste zu suchen. Ich wusste nur noch nicht, wie ich Urlaub in der Schweiz machen konnte, ohne dass Steve eine Vermisstenanzeige erstatten würde oder noch schlimmer, selbst nach mir suchen würde.
Eins stand jedoch fest; meine Augen hatten mich nicht getäuscht. Es waren meine Ohren und meine Erinnerungen die mich getäuscht hatten und ich würde Antworten finden müssen, auch wenn sie nicht schön werden würden und vor allem Beccas Bild ihrer Mutter zerstören könnte, aber wir konnten die Taten der Vergangenheit nicht leugnen, vor allem nicht von anderen Personen und Becca hatte das Recht, die Wahrheit zu erfahren, auch wenn das bedeutete, dass ihre Mutter mit ihrer Affäre, meinem Zwillingsbruder, ein Kind gezeugt hatte.
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Remember who you are [Fortsetzung zu Ordinary Girl]
FanfictionNur wenige Stunden nach Sina und Clints Tod, dem Verschwinden von Thanos und dem vergossenen Blut, kehrt Becca mit Stephen Strange zurück, zurück aus der schützenden Zwischendimension, in die er sie gegen den Willen ihrer Eltern mitgenommen hatte. D...