Elf Jahre später
Als ich heute aufwachte wusste ich schon, dass es ein schlechter Tag werden würde und ich behielt recht.
Bei unserem morgendlichen Übungskampf trat mir mein geliebter Bruder etwas zu sehr gegens Bein. Weshalb mir das Auftreten nun schwer fiel. Der Höhepunkt kam jedoch beim Frühstück.
Wir saßen friedlich alle beisammen am Tisch, warteten auf Großmutter und dann kam sie mit einer Zeitung und einem besorgtem Gesicht. Ich konnte die Schlagzeile sehen. Sogleich verflog mein Hunger.
Der Serien-Kinderschänder hatte wieder zugeschlagen. Das war schon das siebte Kind.
Die sonst so klaren hellgrauen Augen unserer Großmutter, das Markenzeichen unserer Familie, war nun dunkel. Sorge spiegelte sich in ihr faltiges Gesicht wieder. Ihre Sorgenfalten wirkten tiefer als sonst.
Diese Sache machte ihr große Sorge. Besonders da Scotland Yard offenbar keine Anhaltspunkte bezüglich des Täters hatte.
Großmutter legte die Zeitung beiseite und setzte sich an den Tisch zu uns. "Diese Sache macht mir Sorgen.", sagte Großmutter wie erwartet. Sie wollte einen von uns auf diese Sache ansetzten und da sowohl Kilian, als auch Veronica zu jung waren und Cedric arbeiten musste, blieb nur noch ich übrig.
"Da fällt mir ein, hast du mit Sherlock mal darüber geredet?", fragte Cedric.
Ich schüttelte den Kopf und verneinte.
Großmutter zog missmutig die Mundwinkel runter und schaute unzufrieden drein. "Du sollst dich doch nicht mit diesem Junkie abgeben. Er hat nur einen unguten Einfluss auf ihn."
Wir beide sind der schlechte Einfluss., dachte ich. Ich versuchte ruhig zu antworten: "Er ist ein brillanter Kopf Großmutter, von dem ich viel gelernt habe."
Großmutter antwortete nicht, wirkte aber immer noch unzufrieden. Es war Fakt, dass Sherlock mir erheblich mit dem Unterricht geholfen hatte. Trotzdem war sie immer gegen unsere Freundschaft.
Auch Kilian mischte sich in das Gespräch ein: "Du könntest ihn doch um Hilfe bitten. Zusammen löst ihr den Fall mit Sicherheit in Handumdrehen." Er mochte Sherlock und bewunderte ihn, weil er so schlau war und wohl vor allem, weil er so gut mit den Damen umgehen konnte.
Ich nickte gezwungen. Ich konnte ihm schlecht sagen, dass Sherlock sich von einer Überdosis erholte und sich mit diesem Fall nicht beschäftigen konnte.
"Sherlock ist ein vielbeschäftigter Mann, ich bin mir sicher er steckt bis zum Kopf in knifflige Fälle." Das war eine komplette Lüge und die einzigen die mir glaubten waren auch Kilian und Veronica.
Letztendlich beendeten wir das angespannte Frühstück.
Cedric und ich fuhren mit der Familienkutsche in die Stadt. Ich ging den Artikel des Falles nochmal gründlich durch, um einen Anlaufpunkt zu finden.
"Wo sollen wir dich absetzen?", fragte Cedric und schaute raus aus dem Fenster.
Ich schaute nicht hoch als ich antwortete: "Lass mich an den Tatort des sexten Opfers raus." Er nickte und teilte es dem Kutscher mit.
"Schon was gefunden?" Fragte er.
Ich nickte. "Der Täter war in der Lage diese Kinder zu entführen ohne gesehen zu werden oder zumindest verdächtig zu werden, was mich zu dem Schluss bringt, dass er die Tagesabläufe dieser Jungen sehr gut kannte. Er hatte also vermutlich schon öfters Kontakt mit ihnen, ohne dabei auffällig zu wirken."
Nachdenklich fuhr sich durch die kurzen kakaobraunen Haare. "Ein Lehrer vielleicht?"
Ich schüttelte den Kopf und erklärte: "Verständlich, aber nein. Sie gingen nämlich nicht auf die gleiche Schule und eine Lehrkraft die ständig die Schule wechselt würde auffallen.", erklärte ich und fuhr weiter fort, "Außerdem war das sechste Opfer obdachlos. Ausgeschlossen, dass er ihn in einer Schule traf."
Cedric nickte und hörte mir weiter zu. "Fünf der Kinder waren Söhne von Ladeninhaber, es ist höchst wahrscheinlich, dass sie in den Läden ihrer Väter ausgeholfen haben. Ein anderes Kind war Botenjunge und auch der Straßenjunge hat vermutlich zum Überleben irgendwas gemacht."
Überrascht schaute mich mein Bruder an. Er wusste, dass mich Sherlock dazu inspiriert hatte mich mit Profiling zu beschäftigen, da ich seine Art der Deduktion nicht immer folgen konnte. Doch hatte er mich das bisher nie anwenden sehen.
Ich störte mich an seinem Blick nicht und fuhr fort: "Der Täter hat sie also vermutlich getroffen, als sie gearbeitet haben. Nun wenn ich mir die Berufe der eben genannten fünf Kinder so anschaue fällt etwas über den sozialen Status des Täters auf."
Ich begann die Berufe der Väter aufzuzählen: "Ein Uhren- und ein Hutmacher, ein Pferdeknecht, ein Juwelier und seit neustem ein Schneider."
Ich ließ meinem Bruder Zeit um selbst darauf zu kommen. Da er selbst nicht dumm ist, erkannte er es. "Das sind alles Berufe und Geschäfte mit denen die Oberschicht am ehesten in Kontakt gerät."
Cedric erklärte die Schlussfolgerung: "Es ist unmöglich, dass der Täter von der Unterschicht kommt und auch die Mittelschicht ist unwahrscheinlich, da diese Läden zu teuer für sie sind." Ich nickte zustimmend.
"Es ist sogar ausgeschlossen, dass der Täter der Mittelschicht angehört. Jemand von der Mittelschicht besucht so ein Laden vielleicht einmal, für einen besonderen Anlass, aber niemals oft genug, um den Tagesablauf seines Opfers zu erspähen und jemand aus der Mittelschicht, der ständig bei diesen Läden herumlungert, würde auffallen.", erklärte ich genauer und fügte noch hinzu, "Es muss also jemand aus der Oberschicht sein. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass der Täter ein Adeliger ist."
"Das würde auch dann den Kontakt zu dem Laufburschen erklären.", begann Cedric und stellte sich wohl vor, wie der Täter ihn durch seinen Job den Jungen allein zu fassen bekam.
Nachdenklich hielt sich Cedric sein Kiefer, dass so scharf war, dass er damit jemanden schneiden könnte. "Aber was ist dann mit dem sechsten Opfer. Wo könnte der Täter ihn getroffen haben?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, deshalb will ja dorthin. Es gibt zwar ein paar Möglichkeiten, aber ich will mich erstmal erkundigen, bevor ich mit Theorien um mich werfe."
Cedric nickte verstehend. "Was kannst du noch über den Täter sagen?", fragte er mich.
Ich überlegte kurz was ich mit Sicherheit sagen konnte und womit ich anfangen sollte. "Der Täter ist weiß, männlich, adelig und Ende dreißig bis mitte vierzig. Er ist groß und gut gebaut. Er hat vermutlich einen Komplizen, den er die Kinder entführen lässt. Der Täter bevorzugt es allein zu sein, besucht trotzdem soziale Events und ist vermutlich auch Mitglied eines Clubs oder so. Er weiß, wie er den Schein bewahren kann, doch macht er es nicht besonders gut. Ich bin mir sicher es kursieren entsprechende Gerüchte über ihn."
Cedric schien beeindruckt darüber zu sein, was ich nur mit Hilfe der Zeitung herausgefunden hatte.
In der Nähe des Tatorts ließ ich die Kutsche Halt machen."Es ist besser so, sonst reden die Leute vielleicht nicht mit mir.", erklärte ich und verabschiedete mich von Cedric. Den Rest des Weges ging ich zu Fuß.
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Die Jagdhündin der Krone (Moriarty the Patriot / Yuukoku no Moriarty FF)
FanfictionIm Jahr 1878 lebte der weltweit einzige beratende Detektiv, Sherlock Holmes. Er lebte mit seinem Freund und Mitbewohner Dr. John H. Watson in der Nummer 221 auf der Baker Street in Apartment B. Zusammen lösten die beiden Freunde jeden Fall. Der 24-j...