16 | sweden and more

1.7K 184 46
                                    

Das hatte gesessen.

Die Worte trafen Jeongguk wie ein Schlag ins Gesicht und ein merkwürdiges Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit, als er begann es zu realisieren.

Taehyung hasste ihn. Genauso sehr, wie er ihn hasste. Sie waren quitt.
Und trotzdem fühlte es sich seltsam an ihm wieder in die Augen zu sehen.

„Du willst mich nicht heiraten?"
„Ich will dich nicht heiraten."
„Und warum..."
„Das war die Idee meines Vaters."

Taehyung raufte sich die Haare und fing langsam an dem Weg zu folgen. Jeongguk folgte ihm anstandslos mit offenem Mund und neugierig geweiteten Augen.

„Du kommst von ganz unten. Vielleicht hast du es mitbekommen, aber in unserem Land häufen sich die Unruhen immer weiter an. Die Leute sind unzufrieden und mein Vater hat Angst vor einer Rebellion."

Jimin's Worte kamen Jeongguk in den Sinn.
Hoseok wäre bei einer Revolution ganz vorn mit dabei. Auf einmal wurde ihm ganz heiß und er hielt den Blick auf den sandigen Weg gesenkt, aus Angst Taehyung könnte aus seinen Augen lesen, an was er dachte und wie recht sein Vater damit hatte.

Die Leute waren tatsächlich unzufrieden und kurz davor etwas daran zu ändern. Man musste nur ein paar Stunden mit seinen besten Freunden verbringen.

„Jin ist verheiratet und wird die Regierung übernehmen, wenn er zu alt ist. Deswegen muss ich als Versuchskaninchen herhalten, um den Ruf des Königshauses aufzubessern. Als homosexueller Prinz, der jemanden mit einfacher Herkunft aus dem Volk geheiratet hat. Zwei Fliegen mit einer Klappe."
Er hielt zwei Finger hoch und drehte sich zu Jeongguk. „Und wenn ich mich weigere, enterbt er mich."

Jeongguk hatte die ganze Zeit über still zugehört und versucht die einzelnen Puzzleteile irgendwie zusammenzuschieben, doch jetzt ging ihm ein Licht auf. Grinsend hob er seinen Kopf.

„Und deswegen erpresst du dir mit mir deinen Anteil?"
„Ich hab Freunde in Schweden. Wenn ich das Geld hab, werd ich einfach abhauen und dann kann mein Vater mich mal. Das Land und die Rebellion ist dann nicht mehr mein Problem."
„Das ist doch...", murmelte Jeongguk, doch er war zu sprachlos davon, um diesen Plan in irgendeiner Form zu bewerten. „Aber was ist mit mir?"

„Nun ja... wenn du weiterhin brav mitspielst, musst du mich nicht heiraten, kannst zurück nach Hause und vielleicht denk ich auch drüber nach dir ein bisschen Entschädigung hierfür zu zahlen."

„Oh, ich glaub du wirst mir ganz sicher ein bisschen Entschädigung hierfür zahlen", grinste Jeongguk überlegen. „Zumindest wenn du nicht willst, dass ich dich verpfeife."

„Ich genieße in fast allen Ländern der Welt diplomatische Immunität. Aber versuch's ruhig... ein armer Friseur klagt den Prinzen - seinen fast Verlobten - an, aufgrund von Entführung." Taehyung lachte leise und schüttelte den Kopf, als wäre das der beste Witz der Welt. „Ich war die ganze letzte Woche Zuhause und hab alles mögliche in die Wege geleitet, um dich zu finden. Meine Familie hat keinen Schimmer, was Sache ist. Wenn du vor Gericht dagegen ankommst, dann bezahl ich dir ein eigenes Landhaus in Schweden..."

„Wow."
Mehr konnte Jeongguk dazu nicht sagen. Taehyung war ein gerisseneres Arschloch, als Hoseok und Jimin zusammen. Und er wehrte sich nicht dagegen diese Tatsache äußerst beeindruckend zu finden.

„Deine Familie weiß nicht, dass du mich hier festhältst?"
„Nein."
„Und was hast du die ganze Zeit gemacht, als du nicht hier gewesen bist?"
„Ich hab die Presse darüber informiert, dass der Liebhaber des jüngeren Prinzen von Aufständischen entführt worden ist, um meinem Vater ein bisschen Druck zu machen das Geld zu bezahlen", lächelte er stolz und Jeongguk schüttelte den Kopf. Das war so absurd. Wie krank musste jemand sein, um so etwas durchzuziehen?

„Und was machst du, wenn dein Vater nicht bezahlt? Ich mein... noch ist nichts wirklich offiziell. Du kannst immer noch jemand anderes heiraten und mich hier versauern lassen..."
„Ich hab deinen Namen angegeben. Mittlerweile weiß das ganze Land darüber Bescheid."
„Privatsphäre respektieren ist jetzt auch nicht so deine Stärke, oder?"
„Willst du lieber den Rest deines Lebens mit mir verbringen?"
„Touché", erwiderte Jeongguk und fing an einen kleinen Kieselstein vor sich her zu kicken.

Taehyung war ein Arsch, aber kein dämlicher Arsch.
Er wusste, was er tat, und seine Selbstsicherheit, während er von diesen Dingen sprach, war mehr als faszinierend. Irgendwie rückte ihn das alles in ein ganz anderes Licht.

Trotzdem war noch eine Sache offen, die Jeongguk ein wenig irritierte.
„Wenn du mich gar nicht leiden kannst, warum hast du mir diesen Brief geschrieben, um mich kennenzulernen?"

„Mein Vater meinte, ich solle ein bisschen Aufmerksamkeit zeigen. Ich war am Anfang echt unsicher, ob du nicht doch ganz nett wärst und Interesse hättest. Du hast so einen unnahbaren Eindruck auf mich gemacht, da wollte ich mir nicht vorschnell irgendein Bild von dir machen..."

Die Worte klangen scharf und Jeongguk wusste, dass er darauf anspielte, dass er sich sofort ein Bild gemacht hatte. Gekonnt ignorierte er den Unterton.

„Aber jetzt weiß ich sicher, dass du genauso wenig Lust auf den Mist hast wie ich, deswegen kann ich ehrlich sein. Genauso wie du ehrlich zu mir gewesen bist."

„Wow", wiederholte Jeongguk. Außer Stande irgendetwas anderes zu sagen. Taehyung hatte sich in den letzten fünf Minuten den Platz des verrücktesten Menschen ergattert, dem Jeongguk je begegnet war. Und er trieb sich regelmäßig bei Nacht in der Innenstadt herum. „Du bist krank."

„Ich weiß mir zu helfen", zuckte Taehyung mit den Schultern und sah in die Sonne. „Und ich würde gern ein Leben leben, das nicht schon seit meiner Geburt vorgeplant gewesen ist."

„Wow." Jeongguk bemühte sich nicht einmal mehr darum seine Gefühle zu verbergen. Das gerade war genug gewesen, um sein Dahin-Vegetieren der letzten Woche mit einem Schlag auszugleichen und gleichzeitig einen Teil seines Weltbildes komplett auf den Kopf zu stellen.

Auch wenn es ihm nicht so richtig aus dem Kopf wollte, dass er ihn nicht leiden konnte. Das war, als würde Taehyung ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen. Und irgendwie gefiel ihm das überhaupt nicht.
Vor allem, weil es das Einzige war, was ihm einfiel, weshalb er Taehyung so behandeln sollte.

Ein Windstoß fuhr durch die kahlen Bäume und Jeongguk fröstelte leicht in seinem Hemd. Wenn die Sonne sich hinter ein paar Wolken verzog, war es doch noch überraschend frisch. Vielleicht hatte er doch die Jacke anziehen sollen...

„Hier."

Verwirrt blickte Jeongguk auf und verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen.
Taehyung hatte sich seine Jacke ausgezogen und hielt sie ihm hin. Ein wahrer Gentleman.

„Ich dachte, du hasst mich."
„Oh, ich trenne Hass von Höflichkeit."

Wieder ein passiv-aggressiver Gegenschlag.
Jeongguk schluckte schwer und zog sich wortlos die Jacke über die Schultern.

Taehyungs Zukünftiger tat ihm jetzt schon leid.
Mit ihm in eine Diskussion zu geraten war, als würde man einen großen Schritt in ein Mienenfeld machen. Nur dass die Mienen nicht explodierten, sondern einem unterbewusst einflüsterten, wie dämlich man doch eigentlich war.











Frohe Ostern
Oder... einen schönen Tag der Schokohasen

Songempfehlung des Tages:
Wind of change [Scorpions]

Coup d'état ⇢ TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt