Brief - Wesley Adams

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Wie soll ich einen stilistischen Brief erwarten können, wenn du von mir nur Müll bekommst? Ich möchte mich für meine Wortwahl entschuldigen. Ich bin vollgepumpt mit Morphium. Es ist ein Wunder, dass ich einiger maßen bei Verstand bin. Wusstest du, dass es einer fremden Person einfacher ist zu erzählen, was in einem vorgeht? Aber mir fällt es gerade wirklich schwer zu formulieren und zu schreiben, was durch meinen Kopf geht. Kann auch wieder am Morphium liegen. Ich weiß es nicht.

Zu meiner Diagnose: mindestens sechs Wochen ans Bett gefesselt mit einer Rückenmarksprellung, wegen ein paar Idioten. Also ja, ich werde eine Weile hierbleiben, sogar noch länger wegen der Reha. Eine Verlegung wäre wohl zu aufwendig.

Mir gehts nicht anders als dir, nur scheine ich mich ein wenig besser mit meiner Diagnose abgefunden zu haben als du. Sei mir nicht böse, aber wie du das schreibst: „Komm ich hier auf eigenen Beinen raus oder mit den Füßen voran?", klingt das ziemlich depressiv. Ich kann nicht einschätzen, ob du das witzig meintest oder das dein voller Ernst ist. Sollte es ein Witz sein: Es ist nicht lustig.

Da ich für dich ein Geist bin, der unsichtbar ist (was ich, wenn du mich kennen würdest, ganz bestimmt nicht wäre) bist du ein Schatten. Warum? Weil du so klingst, als wärst du der Schatten deiner selbst oder einer anderen Person, in deren Schatten du stehst und nicht dahinter hervorkommst.

Noch was: Ich hätte gerne, als Bloom bei mir war und mir dieses Brief-Projekt unterbreitet hat, Marie Antoinette zitiert: „Ja, ich möchte meine Ruhe haben."

Okay, ich hoffe, dass er diese Briefe wirklich nicht liest.

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