PUNK GIRL PASSION (german)

Thomas kocht für Tara

Vor zwei Jahren hatte Thomas in Bologna, eine seiner Lieblingsstädte in Europa, einen Kochkurs absolviert. Bei Anna-Maria, einer ziemlich barschen, älteren Köchin, die eine kleine Trattoria führte, wo sie auch koch-verrückten Ausländern wie ihm zeigte, wie man Tortellini, Lasagne, Risotto alla Parmigana, Bollito Misto Leber alla veneta, Bistecca Fiorentina und natürlich eben Ragu Bolognese kocht.

Thomas wollte für Tara heute die echte Bolognese kochen, aus weißen Zwiebeln, Rinder-und Schweinehack, Pancetta, dem fetten Speck aus Italien , Sellerie, Karotten, Tomaten, Knoblauch, Vollmilch, Meersalz und Pfeffer. So wie er es bei Anna-Maria gelernt hatte. Und natürlich würde Anna-Maria niemals Spaghetti nehmen, sondern nur Tagliatelle.

Und dazu würde er Tara – und natürlich auch sich selber - einen gekühlten leichten roten San Giovese servieren, den er damals selbst beim Winzer in der Emilia Romagna gekauft hatte.

Das Kochen würde ungefähr 2 Stunden dauern und er freute sich schon auf die Küchenarbeit, vor allem, weil er heute zum ersten Mal für Tara kochen würde. Hoffentlich war sie nicht zu müde. Nach so einem hektischen, lauten Tag auf dem Punkfestival. 

Was war das wohl für eine Perfomance, zu der sie gehen mußte? "Pussy-Tattoo-Performance"? Zeigten die sich da gegenseitig ihre geheimen Tattoos? Wo die wohl überall waren? Vielleicht sollte er Tara nachher fragen? Aber viel wichtiger - vielleicht wollte Tara noch einen Tomatensalat? Und vielleicht auch einen frischen Raviggiolo aus Kuhmilch? Den hatte sein italienischer Feinkostenladen gerade vorrätig gehabt. Und Thomas hatte natürlich nicht widerstehen können,  zuviel einzukaufen. Wie immer!

"Jetzt fang mal endlich an zu kochen, du Depp. Sie wird Dir schon sagen, ob sie nach dem Ragu überhaupt noch was will. Hoffentlich isst sie überhaupt Fleisch. Hätte ich vielleicht fragen sollen? Quatsch, sie hat ja letztes Mal Schinken und Salami gegessen. Da wird sie gegen Hackfleisch und Speck wohl auch nichts haben. "

Thomas nahm sein langes Lieblingsmesser in die Hand und begann, den fetten Pancetta-Speck, Sellerie, Zwiebel und Karotten in kleine Würfel zu schneiden und in einem großen Topf in Olivenöl anzudünsten. Dabei summte er leise vor sich hin.

Das Ragu schmurgelte jetzt langsam auf dem Herd. Das gut gesalzene Wasser für die Tagliatelle war schon aufgesetzt. Eine halbe Flasche San Giovese hatte Thomas in eine noch beschwingtere und freudigere Stimmung gebracht als sowieso schon. "Wenn es so weitergeht, schwebe ich bald über dem Kochtopf vor Freude", dachte er beim Umrühren. "Naja, Hauptsache ich fall da nicht rein. "

Gerade hatte er sich entschieden, doch einen kleinen Schuss Rotwein in das Ragu zu gießen, da klingelte es. Thomas spürte tatsächlich, wie sein Herz auf einmal viel schneller klopfte. Er hatte das bis jetzt immer für eine kitschige Metapher gehalten. Thomas hörte die hölzernen Treppenstufen knarren und dann stand sie an seiner Wohnungstür. 

 Tara lächelte ihn an, sah aber ziemlich müde aus. 

 "Kein Wunder nach einem Tag in dieser lärmigen Halle. Und dann dieser Wahnsinnslärm. Und wahrscheinlich nur Pommes und Cola," ging es Thomas durch den Kopf. Er fühlte, dass sein Herz noch schneller klopfen, als Tara ihn umarmte und auf die Lippen küsste. Es war ein kurzer Kuss, wie ein Begrüssungskuss. Thomas spürte ihren Körper und ihre Wärme und dann kurz ihre Lippen auf seinen, und es war gleich wieder da, diese unglaubliche Gefühl von heute nachmittag. Es war das Gefühl von Geilheit und Glück und Gleichklang, und er spürte, dass es bei Tara genauso war.

Es dämmerte inzwischen. Ein warmer Lichtschein kam aus der Küche. Es duftete wunderbar nach der schmurgelnden Bolognese. "Ohh, das riecht so toll. Ich hab so'n Hunger. Was kochst Du denn eigentlich? Ragu Bolognese? Wie bei Spaghetti Bolognese? Darf ich mal gucken? Nicht, dass was anbrennt?" Tara nahm Thomas bei der Hand und zog ihn in die Küche.