PUNK GIRL PASSION (german)

Auf dem Balkon - die Zweite

Durch eine Freundin hab ich dann einen Job im Bettenladen gekriegt. Da hab ich ein paar Jahre gearbeitet. Das war eigentlich ganz toll. Es kommen die unterschiedlichsten Leute da rein. Ziemlich strange zum Teil. Nebenbei hab ich für ehemalige Komilitionen technische Übersetzungen gemacht. Wenn im Laden nix los war. Manchmal hab ich  auch gleich selbst die  Arbeiten für die geschrieben. Mein Englisch war ja auch ziemlich gut. Und bin bisschen was hatte ich ja vom Studium auch behalten".

Thomas holte die Weinflasche aus dem Kühler. Sie war leer.  "Sag mal, ich quatsche hier die ganz Zeit. Ist das nicht zu langweilig?"

Tara schüttelt den Kopf. "Nee, ich finds echt spannend. Und solange es noch kalten Weisswein gibt, kannst Du gern weiter erzählen."

"OK. Hinweis verstanden". Thomas ging mit der leeren Flasche in Küche und brachte aus dem Kühlschrank eine frische mit.

"Also, jetzt wirds richtig schmalzig. Eines Tages kam da eine tolle Frau in den Bettenladen. Wollte ein Bett.  Hab ihr natürlich eins verkauft, und noch eine ziemlich teure Matratze dazu. Sie war gerade Marketingchefin von einem US-Konzern geworden. Aus ihrer Sicht war ich ja eigentlich eine Art gescheiterte Existenz. Schien ihr aber egal zu sein. Wir haben uns ziemlich oft getroffen, uns verliebt, sind zusammengezogen. Geheiratet haben wir vor allem, weil sie von ihrer Firma nach China versetzt wurde und es für Ehemänner viel einfacher war, eine Aufenthaltsgenehmigung zu kriegen.  Und der Rest ist dann die Geschichte einer Scheidung."

Tara hatte fasziniert zugehört, vor allem, weil Thomas jetzt wieder über sich selber redete.

"Oh, nein. Das war doch grad der Anfang. Ich möchte echt noch viel mehr über Deine Vergangenheit wissen. Das ist spannend."

Thomas hatte schon lange nicht mehr so ausführlich über sich selbst gesprochen. Aber bei Tara fiel es ihm leicht. Er spürte, daß sie sich trotz ihres oft ironischen Tonfalls wirklich dafür interessierte, was er ihr gerade über sich erzählte. Ihm hörte nicht nur die rotzige Punkerin zu, sondern auch die intelligente, junge Frau, die wissen wollte, was andere mit ihrem Leben angefangen hatten.

Er schaute sie an, wie sie Weisswein trinkend und Selbstgedrehte rauchend, ganz  entspannt auf seinem kleinen Balkon sass. "Ich glaube, Punk ist ihre spezielle Möglichkeit, sich als Individium zu definieren und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen."

Thomas war überrascht, dass sich dieser Gedanke ausgerechnet jetzt in seinem Kopf entwickelt hatte, obwohl er doch die ganze Zeit nur über sich selbst geredet hatte. Tara beeindruckte ihn offensichtlich stärker als gedacht.

Tara blickte ihn erwartungsvoll an. Von seinem Gedanken über sie  hatte sie ja nichts mitbekommen. Sie wartete einfach nur darauf, daß Thomas weitererzählen würde.

"Also, um ganz ehrlich zu sein, ich wollte eigentlich nie wirklich Karriere machen. Lieber zuhause sein, Bücher über Kunst und Kochen, über das Leben interessanter Leute lesen. Und vielleicht auch schreiben. am liebsten über das Leben, wie es nicht in  Geschichtsbüchern steht. "

Tara drehte sich eine weitere Zigarette. Der improvisierte Aschenbecher war schon ziemlich voll. Thomas stand auf und leerte den ihn in der Küche.

Dann schauter er  Tara an. "Soll ich echt weitererzählen? Ich gebe zu, es macht mir tatsächlich Spaß, Dir was über mich zu erzählen. Aber Du sagst mir dann schon, wenn es langweilig wird. Ok?"

Tara grinste: "Keine Sorge, ich meld mich schon. Aber bis jetzt find ich's ziemlich spannend".

"Also, Sybille, meine zukünftige Ex-Frau – sorry für den dummen Witz, aber ich kann da nie widerstehen - gefiel das im Grunde ja schon ganz gut. Nachdem wir zusammengezogen waren, kümmerte ich mich um den Haushalt, ich kochte, dachte mir neue Rezepte aus, kümmerte mich um die Freunde, die sozialen Kontakte, organisierte Parties und Geschäftsessen bei uns zuhause, die Urlaube und so weiter.  Manchmal fuhren wir übers Wochenende nach Bologna zum Wurst und Käse einkaufen. Wir hatten natürlich auch eine Putzfrau, und so hatte ich genügend Zeit, an meinem Buchprojekt zu arbeiten."

Tara fragte nach: " Ein Buch? Was denn für eins? Kochbuch? Krimi?" 

Sie grinste: "Porno?"