33 - Ein paar Küsse

95 14 33
                                    

Sonntag, 30.08.2020

„Zu dir? Jetzt?", frage ich ungläubig nach, um sicherzugehen, dass ich es mir nicht nur einbilde. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Es ist nicht so, als würde ich zum ersten Mal in seine Wohnung gehen und übernachtet habe ich auch schonmal dort. Aber das Prickeln und die Stimmung, die nun zwischen uns herrscht, hat das Potenzial, intensiver zu werden. Allein beim Gedanken daran, macht meine Libido Luftsprünge.

Jordan macht eine Kopfbewegung Richtung Tür, an der es noch immer poltert. „Mit ihm lässt sich gerade sowieso nicht vernünftig reden."

„Aber ich muss morgen zur Arbeit", bedenke ich unsicher und knete meine Finger vor dem Bauch. Die Nacht mit ihm zu verbringen ist gleichermaßen aufregend wie auch beängstigend. Wie soll ich mich verhalten? Ja, ich bin in ihn verliebt, aber bin ich wirklich bereit für mehr? Vertraue ich ihm genug, um diesen Schritt zu gehen? Denn eigentlich ist noch so viel Unausgesprochenes zwischen uns.

Locker lässt er seine Hände von meinen Schultern bis hinunter zu meinen Händen fahren. Eine Gänsehaut überkommt mich, was ihm aufzufallen scheint. Er quittiert es mit einem Grinsen und reibt meine Arme auf und ab. „Ich fahre dich morgen früh zur Arbeit. Deine Tasche hast du ja schon gepackt."

„Aber–" Ich will etwas einwenden, da unterbricht er mich erneut.

„Warum habe ich das Gefühl, dass du mir aus dem Weg gehen willst?", fragt er und klingt ernsthaft verletzt. "Willst du nicht mit mir allein sein?"

Hastig schüttele ich den Kopf. „So ist das nicht."

„Wovor hast du Angst?", hakt Jordan aber weiter nach und so etwas wie Furcht und Besorgnis treten in seine Augen.

„Vor nichts", erwidere ich nachdrücklich und sehe ihm dabei fest in die Augen.

„Wenn du heute Nacht hierbleibst, werde ich kein Auge zubekommen, Rose." Die Leidenschaft und Lust verlassen seine Augen und verwandeln sich in etwas Besorgtes. „Glaubst du, dass ich dir etwas tun werde?" Ich will nein sagen, denn das traue ich ihm tatsächlich nicht zu. Er würde mich nie zu etwas zwingen, was nicht meinem Willen entspricht. Er hat mich ja bis eben nicht einmal ohne ausdrückliche Zustimmung küssen wollen. Vielmehr habe ich die Sorge, dass ich etwas tun werde, was ich später bereuen werde. Durch Kurzschlussreaktion, wie es vor sieben Jahren der Fall gewesen ist. „Ich werde keinen Sex mit dir haben, wenn es das ist, woran du denkst."

Irritiert sehe ich ihn an. „Nicht?"

Belustigt legt er den Kopf schief. „Enttäuscht?"

"Als ob." Ich schnaube peinlich berührt.

Wenig überzeugt von meiner Antwort schmunzelt er amüsiert. „Was sagst du? Nur ein Dach über dem Kopf und hier und da vielleicht ein paar Küsse." Mit diesen Worten lehnt er sich gemächlich vor und will mich küssen. Doch bevor es dazu kommen kann, drücke ich die Hand lachend auf seinen Mund.

„Einverstanden", sage ich ergebend und drehe mich aus seiner Umarmung. „Spar dir das." Er erwidert es mit einem Laut, das wie ein Kichern klingt.

„Du verdammtes Arschloch! Mach die Tür auf!"

Jordan verdreht die Augen und geht zu meinem Bett. Den Reißverschluss meiner Reisetasche zieht er problemlos zu und wirft sie sich über die Schulter. „Bereit?"

Ein letztes Mal sehe ich mich nochmal im Zimmer um. Schnell schnappe ich mir noch meinen Laptop und, als ich mir sicher bin, nichts Wichtiges vergessen zu haben, nicke ich.

Als ich mich neben ihn stelle, legt er eine Hand an meinen Rücken. Sobald sich der Schlüssel im Loch umgedreht hat, drückt Matthew die Tür auf. Rot angelaufen vor Wut, baut er sich vor Jordan auf. Sein Blick hat etwas Tödliches an sich, als er zwischen uns hin und her sieht. Sobald er mein Äußeres genau in Augenschein nimmt, kämme ich mir fiebrig die Haare mit den Fingern durch und presse meine Lippen aufeinander, um jegliche Hinweise darauf, was wir hier getrieben haben, zu verbergen.

Blue Rose - Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt