🥃 Männer unter sich

770 78 127
                                    

Tim

Der Geruch von Chicken Wings, gerösteten Zwiebelringen, Spare Ribs und frisch Gebackenem liegt in der Luft, als ich das Heimkino im Keller betrete, wo heute ein Männerabend stattfindet. Josy hat die Mädels des Hauses – na gut, nicht alle, denn Ashlyn ist oben in der Gästewohnung und näht irgendetwas – zu einem gemütlichen Abend mit Sauna, Pool und Prickelbrause eingeladen und da wollten wir Jungs ihnen in nichts nachstehen.

Mein jüngerer Bruder Malcolm und all meine Cousins sowie Sam und Nevin, die ja praktisch schon zur Familie gehören, sind bereits anwesend und lümmeln auf den bequemen Stühlen herum. Außerdem sind noch Finns Kumpel Lian, der auf einem riesigen Sitzkissen an der Wand sitzt, der Tätowierer Keylor, Julians Kumpel Clayton und mein bester Freund Zachary mit von der Partie. Ein bunter Haufen mit dem es nie langweilig wird.

Ich schleppe zwei Kisten Bier herein, die ich dann neben der Tür unter den Tisch stelle, auf dem bereits das Essen steht. Außer den kalorienreichen Köstlichkeiten gibt es auch noch Obst-Gemüse-Spieße, die garantiert von Yolanda beigesteuert wurden und mit denen sie uns daran erinnern will, dass wir auch genügend Vitamine zu uns nehmen.

»Wer hat denn die Brownies gebacken«, frage ich laut genug, damit mich auch jeder versteht, schnappe mir einen und beiße hinein.

»Die hat Josy noch schnell gebacken, ehe sie sich für den Mädelsabend fertig gemacht hat«, erklärt Caleb, der hinter mir den Raum betritt und einen weiteren Teller mit Brownies auf den Tisch stellt. Seine blau-grünen Augen leuchten und auf seinen Lippen kann ich noch vereinzelt Überreste des verschmierten pinken Lippenstiftes meiner Cousine erkennen.

Belustigt ziehe ich die Augenbrauen nach oben. »Du siehst aus wie ein Kater, der gerade an einem Schälchen mit Sahne geleckt hat«, merke ich an und zwinkere ihm zu. Das zerknitterte rote Shirt sieht ebenfalls so aus, als wäre es bei ihrem heftigen Rummachen im Wege gewesen. Seit dem die beiden endlich so richtig mit allem drum und dran zueinander gefunden haben, sieht man sie kaum noch alleine. Nicht das wir uns falsch verstehen, ich freue mich für die beiden, denn sie haben ihr Happy End verdient, nur wenn man Single ist, dann nervt dieses ganze Geturtel schon manchmal.

Der über und über tätowierte Mechaniker wird noch nicht einmal rot sondern wackelt mit den Augenbrauen. »Neidisch?«

»Warum sollte ich?«

»Weil du schon eine Weile auf dem Trockenen sitzt.«

»Freiwillig, mein Lieber, absolut freiwillig.« Und das ist nicht einmal gelogen.

Ja, mein letztes Date mit einer Frau, vor allem in sexueller Hinsicht, ist wirklich schon eine Weile her, genaugenommen seit dem Tag, an dem eine ganz bestimmte schüchterne Blondine in unser Haus gezogen ist, aber bisher macht mir das nichts aus. Bisher sind mir noch nicht die Eier abgefallen, wie Jordan oder Julian es jetzt ausdrücken würden. Ich kann mich zügeln. Und ich glaube auch nicht, dass meine Chancen, ihr näher zu kommen, steigen, wenn sie andere Frauen, die nicht zur Familie und dem engeren Freundeskreis gehören, aus meiner Wohnung kommen sehen würde, immerhin wohnen wir praktisch Tür an Tür.

Malcolm, der plötzlich aus dem Nichts neben uns auftaucht, klopft mir auf die Schulter. »Gibs ruhig zu, dass du nachlässt, großer Bruder. Du wirst langsam alt und viele Frauen haben kein Interesse an alten Knackern, die sie dann umsorgen müssen.«

Schnaubend drehe ich mich um und mustere meinen kleinen Bruder. »Dann pass' mal auf, dass du dich noch genügend austobst, ehe dich dieses Schicksal auch ereilt«, murre ich und frage mich, wo er dieses Outfit schon wieder aufgetrieben hat.

An diesem Abend trägt er eine ausgewaschene Bluejeans und ein weißes Hemd, dessen Ärmel er bis zu den Ellbogen aufgerollt hat. Das Highlight stellen allerdings die roten Hosenträger dar, die ein richtiger Eyecatcher sind. Seine blonde wellige Mähne sieht ein wenig wirr aus, so als wäre er sich viel zu oft mit den Händen hindurch gefahren oder als hätte sie ihm eine Frau im Eifer des Gefechts zerwühlt. Irgendwie umgibt ihn ein ähnliches Leuchten wie Caleb. Gibt es etwa jemanden in seinem Leben, von dem ich nichts weiß? Schon seit Monaten tut mein kleines Brüder sehr geheimnisvoll, wenn es um das Thema Frauen geht. Früher hat er keine Gelegenheit ausgelassen uns allen von seinen letzten Eroberungen zu erzählen. Was also ist jetzt anders? Malcolm lebt nicht abstinent, so viel steht schon mal fest. Mein Blick huscht zu dem Tisch hinter mir, wo ausreichend Alkohol steht. Perfekt! Ich werde ihn erst abfüllen und dann aushorchen. Das wird ein Spaß!

Ashtons - Lost ScenesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt