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Argus


Der Mond scheint hell über Tabanta. Es ist eine sternenklare Nacht. Alles ist still. Einzig und allein das sanfte Flüstern des Windes ist zu hören.

Mit hinter dem Rücken verschränkten Flügeln schaue ich stolz auf meine frischgeborenen Enkelkinder hinab. Meine schlafende Schwiegertochter hält die beiden in den Armen, kuschelt ihr Gesicht in den weichen Flaum meines Enkelsohnes, während meine süße, kleine Enkeltochter ihren Daumen lutscht.

Stolz betrachte ich das selige Bild meiner schlummernden Enkel, die sich ganz wohl in der Obhut ihrer Mutter zu fühlen scheinen. Amüsiert lächelnd schüttle ich den Kopf über die Tatsache, wie ähnlich die Zwillinge meinem Sohn und seiner Frau sind. Die Zwillinge tragen dieselben dunkelblauen Federn ihres Vaters. Nio besitzt außerdem diese roten Punkte an den Wangen und die Augenlider in derselben Farbe. Der Kleine gleicht beinahe einem ganzen Orni, der einzige Unterschied, er trägt ein Büschel aus schwarzen Hylianer-Haaren auf seinem Haupt. Er hat seine Augen noch nicht geöffnet, aber ich weiß, dass Nios Augenfarbe eher der seiner Mutter gleichen wird. Nakari jedoch wird grüne Augen besitzen, sowie ich und mein Sohn. Auch sie hat blasse, rote Kreise auf den Wangen.

Ich bin genauso gerührt, wie damals, als ich Tebas Sohn zum ersten Mal sah, den kleinen Tulin. Nur als Sita zur Welt kam war ich nicht anwesend, denn ich war eingesperrt im Reich der Seelen, da ich mich freiwillig von der Seelenbändigerin einhauchen habe lassen. Doch dass ich heute über meine Enkelkinder wache, wird mir keiner nehmen können. Revali und Shania konnten zwar meine Anwesenheit nicht spüren, aber ich war die ganze Zeit über hier.

Gerade muss ich an meinen armen Sohn denken, wie er hinter seiner schreienden Frau saß und ihre Hand hielt, während sie ihm seine Kinder gebar. Seine grünen Augen leuchteten vor blanker Panik. Er teilte ihren Schmerz, fühlte mit jeder Faser seines Seins mit ihr. Revali war am Verzweifeln. Seine Federn vibrierten vor Angst, so sehr sorgte er sich um die Seelenbändigerin, die er über alles liebte. Doch der Segen Hylias war mit ihnen. Die Göttin selbst sorgte für eine problemlose Geburt. Schon bald waren meine neuen Enkel geboren. Die Freude über ihre Ankunft war groß, ganz besonders Seitens meiner Schwiegertochter und meines Sohnes. Ich werde diesen Anblick nie vergessen, als Revali seine Tochter zum ersten Mal in den Flügeln hielt. Zunächst war er sich unsicher, er fürchtete sich davor, sein kleines Mädchen mit seinen großen Flügeln quetschen zu können, doch dann... Selten habe ich so ein glückseliges Lächeln auf seinem Schnabel gesehen.

In diesen Moment spüre ich die Anwesenheit meines Sohnes. Langsam drehe ich mich nach ihm um. Seine Krallen klackern leise über die Dielen. Ganz vorsichtig betritt er den Raum. Der klare Schein des Mondes erhellt seinen Weg durch das Zimmer. Seine grünen Augen leuchten in der Dunkelheit. Ohne es zu wissen, bleibt Revali direkt neben mir stehen. Gefühlvoll lächelnd sieht er auf seine Frau und seine Kinder hinab, die immer noch seelenruhig schlafen.

»Ihr seid wohl alle geschafft, was?«, wispert er und lacht leise.

So betrachtet er alle nacheinander, erst seine Frau, dann seinen Sohn und schließlich seine Tochter. Seine Gedanken sind dem heutigen Tag zugewandt. Er erinnert sich an die schrecklichen Schreie seiner Frau, an die Sorgen und die Angst, die er hatte. Doch dann weicht seine Furcht und seine Gedanken gelten einzig und allein dem Moment, als er zum ersten Mal Nios Piepsen und Nakaris Lebensschrei vernommen hat. Sollte es meinem Sohn vergönnt sein, eines Tages seinen Lebensabend als alter Orni ausklingen zu lassen, wird er immer noch an diesen Augenblick zurückdenken.

Ich sehe Revali dabei zu, wie er das Bett umläuft und sich auf seine Bettseite setzt. Dieses gerührte Lächeln hat sich inzwischen auf seinem Schnabel festgepickt. So schnell wird er es wohl nicht mehr loswerden.

Soulhunter - Specialbook - Revalis Children (Revali x Shania)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt