Kapitel 2

520 56 18
                                    

(Pov. Harry)

Mit gesenktem Kopf drängte ich mich zwischen den laut miteinander quasselnden Schülern hindurch zum Ausgang der Schule. Ich vermied den Kontakt zu meinen Mitschülern. Ich hatte keine Freunde, da ich lieber für mich war und meine Nase in Bücher steckte oder Musik hörte. Die einzigen Menschen, zu denen ich eine enge Beziehung hatte, waren meine Schwester und meine Mum. Sie unterstützten mich immer und standen mir zur Seite. Meinen Dad sah ich nicht häufig. Er war zu beschäftigt mit seiner Arbeit und war deshalb nicht oft zu Hause.

Erleichtert trat ich schließlich ins Freie, wo sich deutlich weniger Schüler aufhielten. Ich atmete tief durch. Große Menschenmaßen mochte ich nicht sonderlich, weshalb ich mich beeilte, das Schulgelände zu verlassen. Eine Woche war seit meiner letzten Untersuchung im Krankenhaus vergangen, dass bedeutete, dass mir heute der nächste Termin bevorstand. Jede Woche war es

dasselbe. Oft stellte ich mir die Frage, ob mein Leben anders aussehen würde, wenn dort kein Loch in meinem Herzen wäre. Hätte ich viele Freunde? Würde ich auf Partys gehen, wie es andere 16-Jährige in meinem Alter taten? Würde ich im Fußballverein der Schule spielen können? Mehr als zusehen war mir leider nicht möglich, da zu viel körperliche Anstrengung meinem Herzen nicht gut tat. Ich wünschte es wäre anders.

Da ich allerdings nichts an meiner Situation ändern konnte, blieb mir nichts anderes übrig, als mich auf den Weg zum Krankenhaus zu machen. Normalerweise fuhr mich meine Mum immer, doch heute hatte sie irgendeine wichtige Besprechung in der Arbeit, weshalb ich zu Fuß laufen musste. Das machte mir allerdings nichts aus, da der Fußweg nur circa eine Viertelstunde dauerte. Ich kramte meine Kopfhörer aus der Tasche und steckte mir die kleinen Stöpsel in die Ohren. Die Musik meiner Lieblingsband The Fray erklang und ich summte leise vor mich hin, während ich die Straße entlang schlenderte.

Es dauerte nicht lange, bis ich die schwere Tür des Krankenhauses aufdrückte und das Innere des mir leider so vertrauten Gebäudes betrat. Durch meinen entspannten Spaziergang war ich ein wenig zu spät, doch das war mir ziemlich egal. Die Untersuchung lief genauso ab wie immer, erst die Fragen und dann der Ultraschall. Glücklicherweise konnte Dr. Carter nichts Ungewöhnliches feststellen, weshalb er mich mit einem Lächeln aus dem Behandlungszimmer begleitete.

Ich beeilte mich, da ich schnell nach Hause wollte. Hausaufgaben hatte ich schließlich auch noch zu erledigen. In meiner Eile passte ich nicht richtig auf und lief prompt in jemanden hinein. Ich sah auf und blickte direkt in das Gesicht eines Jungen mit wuscheligen, braunen Haaren. „Sorry“ murmelte ich und starrte verlegen auf den Boden. „Alles gut, ist ja nichts passiert. Ich bin übrigens Louis.“ Etwas überfordert stotterte ich „Ähh H-Harry...“ „Schöner Name. Wir sehen uns, Harry.“ Mit diesen Worten lief er auch schon weiter. Ich konnte nicht anders, als ihm perplex hinterher zu blicken. Jedoch drehte sich der Junge noch einmal zu mir um und bemerkte somit mein Starren Er lächelte fröhlich und winkte mir übermütig zu. Überrascht von seiner offenen Art schaffte ich es nicht zu reagieren, bevor er bereits hinter der nächsten Kurve verschwand.

Kopfschüttelnd versuchte ich meine Gedanken zu sortieren, was mir aber nicht wirklich gelang. Zu präsent war noch das Gesicht des Jungen in meinem Kopf. „Louis...“ flüsterte ich leise. Bis ich mich daran erinnerte, dass ich mich noch immer mitten im Krankenhausflur befand und es für andere wohl ziemlich seltsam aussehen musste, wie ich hier reglos stand und vor mich hin redete. Schnell machte ich mich auf den Weg nach draußen, doch diesmal achtete ich darauf wo ich hin lief. Mich einmal zu blamieren reichte mir vollkommen.

Heal my Heart (l.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt