Kapitel 3

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(Pov. Harry)

Ich hatte diese seltsame Begegnung mit dem fremden Jungen schon wieder fast vergessen, als sich plötzlich eine Woche später, in meiner Mittagspause in der Schule, jemand auf den Platz vor mir fallen ließ. Normalerweise setzte sich nie jemand zu mir und ich wollte auch, dass das so blieb. Deshalb sah ich nicht einmal auf, sondern versteckte mich nur weiter hinter dem Buch, in welchem ich gerade las. Ich versuchte so gut es ging, mich auf die Wörter vor mir zu konzentrieren, doch die Anwesenheit der fremden Person lenkte mich ab.

Vorsichtig lugte ich über den Rand meines Buches und was ich sah überraschte mich wirklich. Vor mir saß der Junge aus dem Krankenhaus, Louis hieß er soweit ich mich erinnerte, und grinste mich vergnügt an. Ich hatte nicht gewusst, dass wir beide auf die gleiche Schule gingen. Was aber nicht verwunderlich war, da ich die anderen Schüler meist nicht beachtete und lieber für mich war.

Langsam senkte ich das Buch und sah den Jungen vor mir aus großen Augen an. Sollte ich etwas sagen? Was sagte man überhaupt in so einer Situation? Ich war wirklich schlecht im Umgang mit anderen Menschen. Doch glücklicherweise wurde mir die Entscheidung abgenommen, in dem Louis zu reden begann. „Hey Harry, wie geht’s dir? Was liest du da? Kann ich mal sehen?“ sprudelten die Worte aus seinem Mund. Bevor ich antworten konnte, hatte er mir schon mein Buch aus der Hand geklaut und betrachtete neugierig das Cover. „Das Schicksal ist ein mieser Verräter.“ las er den Titel vor und blickte mich dann überrascht an. „Du stehst auf traurige Liebesgeschichten? Hab ich nicht erwartet, aber das macht dich nur noch bezaubernder.“

Mit einem vergnügten Lächeln auf den Lippen zwinkerte Louis mir zu und verschwand dann genauso schnell, wie er gekommen war. Mit offenem Mund starrte ich ihm hinterher. Während der ganzen Zeit, hatte er mich kein einziges Mal zu Wort kommen lassen. Seine aufgeweckte Art überforderte und faszinierte mich gleichzeitig. Wie konnte ein einziger Mensch nur so viel Lebensfreude ausstrahlen? Es wirkte fast so, als würde er vor Glück übersprudeln.

Doch was mich wirklich verwundert hatte war, dass er mich als bezaubernd bezeichnet hatte. Noch nie hatte jemand so etwas zu mir gesagt. Machte er sich etwa über mich lustig? Ich und bezaubernd? Das passte definitiv nicht zusammen. Eher war ich aufgrund meiner Krankheit eine Last für alle in meinem Umfeld, die mir nahe standen. Schnell schüttelte ich den Kopf, um die Gedanken an meine Krankheit schnellstmöglich zu vertreiben. Ich hatte heute sowieso wieder eine Untersuchung, also wollte ich den restlichen Tag nicht auch noch daran denken.

Einige Stunden später war es dann doch soweit und meine Mum setzte mich vor dem großen Krankenhausgebäude ab. Beim Betreten des Eingangsbereichs ertappte ich mich dabei, nach Louis Ausschau zu halten. Als ich es bemerkte, wand ich schnell meinen Blick zum Boden. Erstens war es sehr unwahrscheinlich ihm ein zweites Mal hier zu begegnen und zweitens wollte ich ihm auch gar nicht begegnen. Ich hatte nie Freunde, also brauchte ich jetzt auch keine.

Widerwillig ließ ich die Untersuchung über mich ergehen. Ob ich mich je daran gewöhnen würde? So wie es aussah anscheinend nicht. Ich fand es jedes Mal wieder unangenehm, so genau von Dr. Carter unter die Lupe genommen zu werden. Und das obwohl er wirklich zu den nettesten Ärzten zählte und immer respektvoll und verständnisvoll mit mir umging. Ich war wirklich erleichtert, als er mich endlich aus dem Behandlungszimmer entließ.

Auf dem Weg zum Ausgang erwartete mich jedoch erneut eine Überraschung. Dort saß Louis auf einer der Besucherbänke. Reichte es nicht, ihn heute schon in der Schule zu sehen? Ich wandte meinen Blick zu Boden und versuchte mich unbemerkt an ihm vorbei zu schleichen. Mein Vorhaben scheiterte allerdings, als der Junge genau in diesem Moment seinen Kopf hob und mich erblickte. Sofort breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus und natürlich stand er auf, um auf mich zuzulaufen.

„Hey Harry, was machst du schon wieder hier?“ Meine Krankheit war das letzte, über das ich gerade sprechen wollte, also stellte ich eine Gegenfrage. „Warum bist du ständig hier?“ Das war der erste vollständige Satz, den ich bisher in Louis Anwesenheit heraus gebracht hatte. „Blutspenden, das soll gesund sein hab ich gehört.“ plapperte er fröhlich. „Kann man so oft überhaupt Blutspenden?“ zweifelte ich unsicher. „Vielleicht bin ich ja auch wegen etwas oder jemand anderem hier.“ Er zwinkerte mir neckisch zu, woraufhin ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht stieg.

Verunsichert versteckte ich meine Hände in den Ärmeln meines Pullis und spielte mit dem Saum des weichen Stoffes. Ich wusste nicht was ich darauf erwidern sollte, also murmelte ich nur leise „Ich muss jetzt gehen.“ Damit drehte ich mich um und lief Richtung Ausgang. „Warte...“ rief mir Louis noch hinterher, doch ich achtete nicht darauf. Ich wusste, dass flüchten nicht gerade die beste Entscheidung war, allerdings schüchterte mich Louis Selbstbewusstsein ein. Was wollte er denn überhaupt von jemandem wie mir?

Heal my Heart (l.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt