Kapitel 6

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(Pov. Harry)

Noch lange lag ich Abends wach und dachte an die schöne Zeit mit Louis. So lange hatte ich mir vorgestellt wie es wohl wäre Freunde zu haben. Ich dachte immer es wäre kompliziert, aber bei Louis war komischerweise alles so einfach. Unsere gemeinsame Zeit war einfach unbeschwert gewesen und er hatte unsere Begegnung im Krankenhaus auch nicht angesprochen, also konnte ich meine Gedanken und Sorgen wegen meiner Krankheit für einen Moment vergessen.

Gemma quetschte mich beim Frühstück über alle Details über Louis und das Treffen aus. Sie freute sich fast mehr als ich, dass ich endlich einen Freund gefunden hatte. Ich hatte meine Schwester zwar unglaublich lieb, aber ich war wirklich froh, als ich ihrer Fragerei endlich entkam, indem ich mich auf den Weg zur Schule machte. Ich hatte mich noch nie auf die Schule gefreut. Nervige laute Schüler, noch nervigere Lehrer, doch heute wurde mein Lächeln immer breiter je näher ich dem Gebäude kam.

In der Hoffnung, dass Louis sich in der Pause zu mir setzen würde, ließ ich die ersten Schulstunden über mich ergehen und tatsächlich wurde ich nicht enttäuscht. Ich saß gerade einmal fünf Minuten auf meinem üblichen Platz etwas abseits meiner Mitschüler, da kam auch schon Louis angehüpft und ließ sich auf den Platz neben mich fallen. „Harryyy!“ begrüßte er mich überschwänglich mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. „Du hast doch heute bestimmt noch nichts vor, oder?“ Verlegen schüttelte ich den Kopf und sofort redete er weiter. „Perfekt, dann hole ich dich später wieder ab.“

Vorfreude machte sich in mir breit, als ich nickend zustimmte. Ich war ziemlich gespannt, was Louis diesmal vorhatte, doch er dachte gar nicht daran es mir zu verraten. Auch als der Unterricht endlich vorbei war und er nachmittags vor meiner Haustür stand, wollte er mir nichts sagen. Der Weg den wir einschlugen kam mir jedoch sehr bekannt vor. „Warum gehen wir Richtung Schule?“ fragte ich neugierig. „Das wirst du dann schon sehen.“ antwortete er schmunzelnd.

Es dauerte nicht lange bis wir das große Schulhaus erreicht hatten, doch statt zum Haupteingang zu gehen führte Louis mich einmal um das Gebäude herum. Schließlich blieben wir vor einem hohen Eisentor stehen. Es war das Tor zum Sportplatz der Schule, wo die Fußball Schulmannschaft nachmittags trainierte. „Warum sind wir hier?“ wollte ich ratlos wissen, worauf Louis grinsend einen kleinen Schlüssel aus seiner Tasche zog. „Du hattest gestern erwähnt, dass du schon immer mal Fußball spielen wolltest.“ Erstaunt sah ich ihn an. „Das hast du dir gemerkt?“ „Klar und jetzt komm!“

Mit Hilfe des Schlüssels öffnete Louis das Tor und hielt es für mich auf. „Wie machst du das eigentlich immer? Erst hast du einfach so meine Adresse und jetzt hast du ganz zufällig den Schlüssel für den Fußballplatz.“ fragte ich, während ich den großen, grünen Rasenplatz betrat. „Die Dame aus dem Sekretariat kann meinem Charme eben nicht widerstehen.“ schmunzelte er frech. Ich schüttelte den Kopf, um die unschöne Vorstellung wie Louis mit der Sekretärin flirtete, aus meinen Gedanken zu bekommen.

Louis hatte in der Zwischenzeit einen Fußball geholt und kickte ihn mir zu. Es dauerte ein wenig, bis ich den Dreh heraus hatte, aber dann machte es wirklich unglaublich viel Spaß mit ihm Fußball zu spielen. Wir kickten den Ball hin und her und er zeigte mir sogar einige Tricks. Doch nach einiger Zeit spürte ich plötzlich ein unangenehmes Ziehen in meiner Brust. Ich stützte mich mit den Händen auf meinen Knien ab, in der Hoffnung wieder zu Atem zu kommen, aber das Gefühl nicht genug Luft zu bekommen wurde stärker.

Auf einmal war Louis neben mir und führte mich zu einer Bank am Spielfeldrand. Er stützte mich, um mir das Gehen zu erleichtern. „Beruhige dich, Harry. Mach mir nach.“ So gut es ging versuchte ich seine kontrollierte Atmung nachzuahmen und tatsächlich spürte ich wie mir das Atmen langsam wieder einfacher fiel. „Was war da gerade los?“ fragte Louis mit besorgter Stimme, als sich meine Atmung vollständig normalisiert hatte. Beschämt sah ich auf den Boden und wusste nicht recht was ich antworten sollte. Sollte ich ihm wirklich von meiner Krankheit erzählen?

Doch Louis ließ nicht locker und so begann ich schließlich leise das Wichtigste zusammenzufassen. Das Loch in meinem Herzen, die wöchentlichen Arztbesuche und dass ich eigentlich keinen Sport machen sollte. Als ich den letzten Punkt erwähnte, wurde sein Blick schuldbewusst. „Es tut mir so leid. Hätte ich das gewusst, dann hätte ich dich nicht zum Fußballplatz gebracht.“ entschuldigte sich Louis, doch er sagte genau das, was ich nicht hatte hören wollen. „Deswegen wollte ich dir nichts von meiner Krankheit erzählen. Es hat sich so gut angefühlt endlich einen Freund zu haben, aber jetzt werde ich doch nur wieder auf mein kaputtes Herz reduziert.“

Meine Stimme zitterte und mir lief eine Träne über die Wange, als ich fortfuhr. „Mit meiner Krankheit bin ich nur eine Last für dich. Ich schaffe es noch nicht mal Fußball zu spielen.“ „Du bist keine Last, Harry! Mir ist es total egal ob du ein Loch in deinem Herzen hast oder nicht. Ich reduziere dich auch nicht auf deine Krankheit, ich habe mir nur Sorgen um dich gemacht. Du bist so viel mehr als nur deine Krankheit und ich frage mich wirklich wie du das nicht sehen kannst. Lass mich dir beweisen, wie toll du eigentlich bist.“ Auffordernd hielt mir Louis seine Hand hin und wartete darauf, dass ich sie ergriff.

Einen Moment kämpfte ich mit mir selbst, aber die Zeit mit Louis war einfach zu schön, um jetzt alles zu beenden. Also nahm ich schließlich seine Hand und er zog mich auf meine Füße, nur um mich gleich darauf in eine Umarmung zu schließen. Es fühlte sich gut an und er gab mir das Gefühl, wirklich gemocht zu werden.

Heal my Heart (l.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt