Meine Augenlider öffnen sich und im ersten Moment bin ich verwirrt, weil ich nicht weiß wo ich bin.
Ach, stimmt ja. Ich habe gestern im Hotel Joyce eingecheckt.
Ich versuche mich aufrecht hinzusetzen. Mein Kopf fühlt sich schwer an, aber ansonsten geht es mir ziemlich gut.
Wieso kann ich mich nur nicht daran erinnern, was passiert ist? Alles, was ich noch weiß, ist:
- dass ich an die frische Luft wollte, weil es mir schlecht ging.
- dass mich in der Bar ein perverser Typ angemacht hat, woraufhin Leo Joyce erschienen ist, den ich schon von dem Morgen davor kannte. Er hat dem Perversling mit einer Gasflasche den Kopf zertrümmert (hoffe ich mal).
- dass wir danach zurück in mein Zimmer wollten. (Ja, okay, ich hatte nicht beabsichtigt, dass Leo mitkommt, er wollte mich nur ein Stück begleiten.) Dann sind wir im Aufzug steckengeblieben.
- dass Leo darauf bestanden hat, in meinem Zimmer zu bleiben, bis sich die Unruhe unter den Menschen im Hotel wegen des Stromausfalls gelegt hatte, und er sich davonstehlen könnte, ohne dass ihn jemand oberkörperfrei (und JA, ziemlich sexy) durchs Hotel laufen sieht.
- dass ich duschen gegangen bin.
- aufkommmende Panik.
Mehr ist da nicht.
Ich stehe auf, mir wird schwindelig, ich setze mich wieder zurück auf die Bettkante. Halte mir den Kopf. Fahre mir mit den Händen durchs Haar. Ich seufze.
Zucke erschrocken zusammen, als ich ein "Alles okay?" aus dem anderen Ende des Zimmers höre.
Leo. Schon wieder.
Aber diesmal klingt er nicht so selbstverliebt wie oft, sondern mehr oder weniger wirklich besorgt.
Ich blicke in seine Richtung. "Ja klar... was ist denn passiert?", frage ich, immer noch ein bisschen verwirrt. Es sieht so aus, als wäre es bereits helllichter Tag - das heißt, ich muss bis gerade durchgeschlafen haben. Außerdem scheint die Sonne, es schneit nicht mehr.
Leo kommt zu mir, setzt sich neben mich aufs Bett und fängt an zu grinsen.
Na toll. Ernste Momente dauern bei ihm wohl nie lange an.
"Um ehrlich zu sein - ich hab echt keine Ahnung, was du da im Bad getrieben hast, aber wenn du meine Vermutung hören willst...?" Ich verdrehe die Augen. "Schieß los." "Du hast eine zu kalte Dusche genommen, dir eine leichte Erkältung zugezogen, dir wurde schwindelig, du bist gestürzt, deswegen die Verletzung an deinem Fuß." Mein Blick folgt seiner Hand, die auf einen Verband deutet, den ich um den Knöchel gewickelt trage. Ein wenig verwirrt und skeptisch sehe ich wieder in seine Richtung. "Keine Sorge, hab dich gut versorgt. Ich habe dir auch beim Anziehen geholfen, falls du das wissen wolltest." Mein Gesichtsausdruck weicht von skeptisch zu erschrocken.
Leo lacht leise und rau. Er lehnt sich zurück, sodass er jetzt praktisch halb auf dem Bett liegt. Direkt vor mir.
Dabei ist sein T-Shirt ein Stück hochgerutscht und gibt die Sicht auf den unteren Teil seines Six-Packs frei. (Habe ich schon erwähnt, dass er sexy ist?)
Er verschrenkt seine Arme hinter dem Kopf und spricht mit einem amüsierten Lächeln weiter. "Außerdem vermute ich, dass du da drin wieder einen Panikanfall hattest und deswegen so lange nicht rausgekommen bist." Ein wütendes Schnauben, sein Gesichtsausdruck verändert sich. "Und ich war nicht da. Ich hätte dir irgendwie helfen können. Dich mit einem anderen Thema ablenken." Er setzt sich wieder auf und sieht mir in die Augen. Dabei ist sein Blick so intensiv, dass mir ein heißer Schauer über den Rücken läuft.
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Zu Kopf gestiegen (ON HOLD)
Teen FictionAlice ist 16 und lebt in Berlin. Ihre Eltern leben noch, sie hat eine jüngere Schwester, einen Freund und geht auf eine ganz normale Schule. Man könnte fast meinen, ihr Leben wäre perfekt. Doch sie sieht das völlig anders. Ihre Eltern hassen sie, ih...