Kapitel 14.2

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"Hey, Süße. Heißer Körper."
Ich stehe geschockt vor einer Gruppe Jungs, die mich angaffen. Die nassen Klamotten kleben mir noch am Leib, ich zittere leicht.
Die Jungs kommen auf mich zu.
Als ich meinen Kopf wende, um mich nach Leo umzudrehen, fällt mir auf, dass ich mich schon ziemlich weit entfernt habe und der Steg gar nicht mehr zu sehen ist.
Der Größte aus der Gruppe kommt immer mehr auf mich zu, er ist derjenige, der zu sprechen begonnen hat. Mit jedem Schritt, den er in meine Richtung macht, weiche ich einen zurück.
"Was wollt ihr?", frage ich und versuche, meine Stime nicht panisch klingen zu lassen. Meine Hände zittern, mein Puls beschleunigt sich.
Auf das Gesicht des Typen schleicht sich ein breites Grinsen. Ich will gar nicht wissen, was er in diesem Moment denkt.
"Vielleicht... deine Klamotten in Stücke reißen und so weit wie möglich von dir weg befördern?"
Ich reiße meine Augen auf. Das ist nicht sein Ernst! Ich muss hier weg.
In dem Moment, indem ich mich umdrehen will, merke ich, dass ich mit dem Rücken gegen etwas Hartes stoße.
Wieso ist dieser Baum plötzlich da?! Kann mir nicht einmal das Schicksal wohl gesonnen sein und meine Situationen nicht ständig bis aufs Schlechteste verschlimmern?
Das Grinsen des Typen wird noch breiter. Falls das überhaupt geht. Jedenfalls ist jetzt ein Ausdruck in seinen Augen, der einem gefährlichen Funkeln gleichkommt, wie das eines Wolfes, der seine Beute angepeilt hat und zum Sprung ansetzt.
"Wie freundlich von dir. Du bist freiwillig stehen geblieben."
Freiwillig nennt er das?
Ich versuche mich weiter von ihm wegzudrücken, sein Körper ist nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt. Die Rinde des Baumes drückt sich in meinen Rücken.
"Ich bin übrigens Joel", flüstert er mir ins Ohr, nachdem er sich näher an mein Gesicht gelehnt hat, seinen Unterarm stützt er am Baumstamm ab.
Ich erkenne einen unangenehm alkoholisierten Geruch, der ihn umgibt. "Bleib mir weg vom Leib", zische ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Mein Versuch, ihn mit einem kräftigen Stoß von mir wegzuschieben, scheitert, denn Joel nutzt es aus, indem er einen meiner Arme ergreift und um seinen Körper legt, sodass ich die definierte Muskulatur seines Rückens unter meinen Fingern spüren kann.
Mir ist jetzt so kalt, dass ich einen Moment geneigt bin, mich an seinen warmen, trockenen Körper zu lehnen, um etwas mehr Körpertemperatur zu erlangen.
Doch dieser Gedanke schleudert mich praktisch zurück in die Realität. Ich versuche erneut, ihn wegzuschubsen und unter seinem Arm hindurch zu entfliehen.
Das hätte auch beinahe funktioniert, wenn Joel mich nicht im letzten Moment am Handgelenk gepackt und zurückgezogem hätte, sein Körper presst meinen nun gegen die kalte Rinde. Und ich muss zugeben, dass mir seine Körperwärme gut tut. Ich sollte wahrscheinlich schnellstmöglich nach Hause zurück und mich aufwärmen.
Doch ich erinnere mich, dass ich gar kein Zuhause habe.
Ich beiße die Zähne zusammen bei dem Gedanken, dass ich heimatlos und ohne Familie bin. Die einzige Gesellschaft ein Wahnsinniger, der mich ertränken wollte. Oder besser gesagt, der alles zu locker sieht und "einfach nur Spaß" haben will. Aber andererseits kann ich auch verstehen, dass er aufgrund seiner Familienverhältnisse einfach nur den Kopf freikriegen will.
Mir geht es doch genauso.
Wieso habe ich eigentlich immer Pech? Meine Familie hasst mich, ich bringe mich ständig selbst in irgendwelche dumme Situationen, wie zum Beispiel jetzt gerade.
Ich blicke in Joels Augen. Sie sehen unschuldig aus, ein bisschen als wäre er nicht der Typ, der so etwas tut, was er gerade tut.
Im Hintergrund höre ich das Lachen der anderen.
"Warum tust du das?", flüstere ich.
Joel zieht seine Brauen zusammen, sein Blick ist fragend. Für einen Moment habe ich ihn aus dem Konzept gebracht, doch er fängt sich schnell wieder, sein Blick ist wütend. "Du hast kein Recht, mir Fragen zu stellen, Bitch."
Er spannt seinen Kiefer kurz an, bevor seine Lippen auf meinen landen.
Ich halte den Atem an, mein Herzschlag erhöht sich und eine Verzweiflung erfasst mich.
Ich weiß nicht, was ich tun soll.
Als ich meinen Kopf nach hinten lehne, stelle ich fest, dass er so weit wie es nur geht an den Baum gepresst ist. Ich kann mich kein Stück bewegen.
Joels Hand wandert zu meiner Hüfte, über die Taille und höher. Seine Lippen bewegen sich nun auf meinen.
Ich denke, wenn er nicht ein Perversling wäre, der mich im Wald angefallen hat, würde es mir gefallen. Er küsst jedenfalls besser als Scott.
Als ich ein paar dumpfe Schläge aus einiger Entfernung ausmachen kann, lehnt Joel sich kurz nach hinten, dreht sich aber nicht um, sondern senkt seinen Blick auf mein nasses Shirt, das an meiner Haut klebt.
Ich will die Möglichkeit nutzen und beginne, um mich zu schlagen, doch Joel ergreift einfach meine Handgelenke, drückt sie gegen den Baumstamm und presst seine Lippen wieder gegen meine. Kurz stöhne ich auf, wegen dieser Wucht, die meinen Hinterkopf gegen den Baum geschlagen hat, was Joel jedoch falsch interpretiert, sodass sich ein Grinsen auf seine Lippen stiehlt.
Ich weiß nicht, wie es um mich geschieht, aber plötzlich ist sein Körper verschwunden und vor mir steht Leo. Er hat einen dermaßen wütenden Ausdruck im Gesicht, dass es mir sogar Angst macht.
Als ich meinen Blick senke, sehe ich Joel auf dem Boden liegen, er ächzt und versucht sich wieder aufzurappeln.
Leo hat ihn wohl ziemlich heftig erwischt.
Joel steht langsam auf und geht bedrohlich auf Leo zu.
Mit aufgerissenen Augen erahne ich, was als nächstes passieren wird.
Da ich nicht dabei zusehen will, wie sie sich gegenseitig die Haut vom Leib reißen, muss ich etwas dagegen unternehmen, bevor es zu einer Eskalation kommen kann.
"Halt!", rufe ich, als ich meine Stimme wiedergefunden habe und stelle mich zwischen die Jungs. "Lasst den Scheiß.
Leo.", ich werfe ihm einen warnenden Blick zu. "Komm, wir gehen."
Doch Joel schubst mich einfach zur Seite und geht auf Leo los. Er formt seine Hand zu einer Faust und holt aus, um ihn im Gesicht zu treffen.
Ich stehe vom Boden auf und versuche, mir die trockene Erde von meinen nassen Klamotten zu streichen, was alles nur noch mehr verschmiert. "Nein!", rufe ich und renne auf die beiden zu, doch Joels Faust hat Leos Wange schon getroffen und Leo hat schon ausgeholt, um Joel entgegenzusetzen.
Ich kann das nicht mit ansehen.
Sowas können sie doch nicht meinetwegen machen!
"Hört auf!", brülle ich und versuche mich zwischen die Streithähne zu schieben. Das kann doch wohl nicht deren Ernst sein! Ich drücke mich gegen Leos nackte Brust, um ihn von Joel wegzuschieben. "Hört auf, ihr bringt euch noch um."
Von den ganzen Schlägen läuft schon Blut aus Joels Nase. Hinter ihm tauchen auf einmal die anderen Jungs auf, die ihn begleitet haben, Leo vorhin aber wohl bewusstlos geschlagen hatte. Sie zerren ihn von uns weg und reden auf ihn ein, während Leo noch immer mit zu Fäusten geballten Händen hinter mir steht.
Ich lege meine Hand an sein Kinn und zwinge ihn, mich anzusehen. "Leo, es ist nichts passiert. Hör auf, wütend zu sein", rede ich beschwichtigend auf ihn ein. Leo senkt seinen Blick, seine grünen Augen treffen auf meine. "Nichts passiert? Er hat dich begrapscht!" Er atmet hektisch.
Es ist, als würde sich eine elektrische Spannung zwischen uns aufbauen. Das Grün seiner Augen leuchtet so stark als sende es Elektrizitätsströme aus. Ich starre ihn fasziniert an.
"Na los, wir gehen.", sage ich, ein wenig außer Atem.
In nehme seine Hand und ziehe ihn mit zum Motorrad.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 15, 2016 ⏰

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