Kapitel 10.2

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Irgendwann haben wir unsere Bestellungen aufgegeben und unser Essen wurde uns serviert. Wir sitzen uns gegenüber und genießen die Köstlichkeiten, ohne seither viel geredet zu haben.
"Sag mal", beginnt er plötzlich und ich habe ein wenig Angst vor dem was er sagen könnte, weil es etwas sein könnte, das mir peinlich ist und ich müsste mich verteidigen. "Kann es sein, dass du vorher ein wenig eifersüchtig warst, nachdem ich mit Madeleine gesprochen habe?"
Ich schnappe nach Luft und verschlucke mich beinahe an einem Bissen. Schnell greife ich nach meinem Glas und trinke einen Schluck Wasser.
Leo lacht. "Ich wusste es.", sagt er, als hätte ich ihm bereits eine Antowrt gegeben. "Hey", gebe ich zurück. "Bei dir hatte ich das Gefühl, dass du dich aus der Sache rausreden wolltest. Also entweder hast du etwas zu verheimlichen oder du willst unbedingt ehrlich mit mir sein." Ich sehe ihn herausfordernd an. "Ich bin ehrlich mit dir." "Warum? Du musst mir keine Rechenschaft ablegen." Ich schneide an meinem Braten herum und schiebe mir noch eine Gabel in den Mund, während ich überlege, was ich als nächstes sagen soll. "Es ist ja nicht so, dass wir zusammen wären oder..."
Oh, Mist. Das war unüberlegt. Das hätte ich nicht sagen sollen. Ich wollte es ja gar nicht sagen. Wieso habe ich es dann gesagt?! Ich spüre, wie meine Wangen sich leicht rosa verfärben.
Leos Blick verändert sich zu einem Grinsen. "Ich wusste, dass du dir darüber Gedanken machen würdest, früher oder später. Wer kann mir schon widerstehen?"
Macho.
Aber trotzdem muss ich lachen.
Und als ich ihn ansehe, sehe ich, dass auch sein Grinsen, sich in ein natürliches Lächeln verwandelt, das man nur selten bei ihm zu sehen bekommt.
Und Himmel hilf, ja, er ist unwiderstehlich!
Meine Gabel ist auf halbem Weg zu meinem Mund stehengeblieben und ich betrachte jetzt Leos Profil eingehender. Seine grünen Augen, seine dunklen Haare, die einfach perfekt verwuschelt sind, sein kantiges Gesicht, das eine gewisse Stärke widerspiegelt, als könne er alles durchstehen. Seine vollen Lippen, die sich bestimmt weich anfühlen.. das sollte ich unbedingt herausfinden..
Mein Blick wandert zu seinem schwarz-weiß-karierten Hemd, das er zu einer dunklen Jeans trägt und ich frage mich, wie man einfach nur so perkeft aussehen kann.
Ganz ehrlich. So was habe ich bei Scott nie gedacht.
"Alice." Eine Stimme taucht in meinem Kopf auf. Mir fällt erst spät auf, dass sie nicht in meinem Kopf ist, sondern Leo gehört. "Du starrst mich wieder an."
Diesmal versuche ich gar nicht, es zu leugnen. "Sorry", sage ich. Ich widme mich wieder meinem Essen.
"Ich hab ja nicht gesagt, dass du damit aufhören sollst. Genau genommen gefällt es mir sogar, wenn du mich so anstarrst als... würdest du etwas von mir wollen. Das macht mich geil."
Wieder das Grinsen.
Ich werde rot. Und ich frage mich, ob er das ernst meint. Schnell esse ich weiter, versuche nicht darauf zu achten was er sagt.
Aber er lacht los und redet einfach weiter. Ich würde mich selbst belügen, wenn ich behaupten würde, dass ich seinen Worten keine Beachtung schenke.
"Ja. Ich könnte mir echt gut vorstellen, wie du mich so ansiehst wenn wir erstmal in meinem Zimmer sind und du dich dann für mich ausziehst..."
"Alter!" Ich greife nach meiner Serviette und bewerfe ihn damit. Okay. Er meint es ganz sicher nicht ernst.
"Hey, das hab ich nicht verdient!", lacht er und versucht sich mit seinen Armen zu wehren. Er kann von Glück reden, dass ich meine Serviette noch nicht benutzt hatte.
"Das hast du verdient, du bist widerlich."
Er hatte mir tatsächlich gerade unter die Nase gerieben, dass er sich vorstellt, wie ich mich für ihn ausziehe, aber trotzdem muss ich total lachen, ich kann mich gar nicht mehr einkriegen. Und Leo lacht mit.
Die Serviette wirft er natürlich zurück. Aber ich fange sie geschickt auf, im Gegensatz zu ihm.
"Jetzt bist du stolz auf dich", zieht er mich auf.
"Du hast sie nicht gefangen. Ich schon." Ja, ich bin stolz. Wer wäre das nicht?
Doch Leo wirft überraschend noch seine eigene Serviette hinterher und ich ducke mich, um nicht getroffen zu werden, weil er seine Serviette nämlich schon benutzt hat.
Aber diese landet jetzt unglücklicherweise direkt auf meinem Teller. Na toll, das kann ich jetzt vergessen. Dabei war der Braten doch so köstlich.
Genau in dem Moment kommt ein Kellner an unseren Tisch und fragt, ob wir schon um die Rechnung bitten, während wir weiter kichern. Okay, das ist jetzt echt peinlich. Der Kellner steht da mit seinem gezückten Notizblock und wartet, bis wir uns wieder eingekriegt haben.
Mein Blick fällt auf die Blondine. Madeleine. Ihren Namen hat Leo vorhin erwähnt, obwohl ich ihn genau genommen gar nicht wissen wollte. Sie starrt uns mit finsterem Blick an, als würde sie mich abgrundtief hassen, während ihr Gegenüber versucht, sie mit irgendwelchen Anekdoten zu erheitern. Aber dem schenkt sie überhaupt keine Aufmerksamkeit. Ich kann in ihrem Blick lesen, wie gern sie jetzt an meiner Stelle wäre.
Leo bezahlt dann schließlich die Rechnung und der Kellner räumt unsere Teller ab. Ich schnappe mir meinen Rucksack und wir verlassen den Speisesaal.

Zu Kopf gestiegen (ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt