1 - Ja, du hast es richtig verstanden.

135 12 12
                                    

R O S E

Ich war mir sicher – denke ich. Oder doch nicht. Eigentlich war meine ganze Aufregung völlig umsonst. Ich würde es mich sowieso nicht trauen. Der Grund? Er war er. Und ich war ich.

Ich legte meinen Kopf schief. Es beeindruckte mich, wie er dort mit seinen Freunden stand. Den Rucksack lässig über einer Schulter hängend, eine Hand umklammerte einen Gurt, die andere hing in der Luft herum. Normalerweise war ich eine aufgeschlossene Person – normalerweise. Doch was ihn betraf, er warf mich völlig aus der Bahn. Sein Aussehen raubte mir den Atem. Die blonden Haare, die er immer mal wieder richtete. Seine strahlend blauen Augen, die aufblitzen, wenn er mit seinen Freunden lachte. Das Lippenpiercing ließ ihn frech aussehen. Und immer, wenn ich ihn betrachtete, wurde mir bewusst, dass ich keine Chance bei ihm haben würde. Ich spielte nicht in seiner Liga.

„Rose, pass auf, sonst fängst du noch an, zu sabbern.“ 

Ich zuckte zusammen und wurde zurück ins Geschehen geholt. Mein Blick war auf meine beste Freundin gerichtet, die mich breit angrinste. Ich spürte, wie sich meine Wangen erhitzen und schaute auf den Boden, in der Hoffnung, sie würde es nicht bemerken.

„Mensch, Rose. Sprich ihn doch einfach an. Man kann sich ja schon gar nicht mehr mit ansehen, wie du ihn vergötterst.“

Ich schaute sie empört an. „Ich vergöttere ihn nicht. Ich schaue ihn nur normal an.“

Hailee zog spöttisch ihre Augenbraue hoch. „Ja, natürlich. Du schaust ihn normal an. So neutral, wie ich es auch tue. Ganz ehrlich, jeder Blinde mit Krückstock sieht, dass du in ihn verknallt bist. Geh auf ihn zu und sprich ihn an. Sonst sitzen wir in 50 Jahren noch hier und sind kein Stückchen weiter.“

Sie hatte so leicht reden. Für sie sah alles so leicht aus. Sie hatte ihren Freund, und dies schon lange.

„Ich bin nicht in ihn verliebt. Es ist einfach nur eine kleine Schwärmerei. Vielleicht ist es schon nächste Woche vorbei, wenn ich mich einfach etwas ablenke.“

Und dies führte dazu, dass Hailee laut loslachte, man konnte es eher als Gackern bezeichnen, und sich die Schüler in unserm Umfeld zu uns drehten. Ich schlug ihr gegen den Oberarm, weswegen sie aufjaulte und sich die Stelle rieb.

„Das glaubst du doch wohl selbst nicht.“ Sie nahm meine Hand und legte sie in ihre. Sie suchte meinen Blick und lächelte aufmunternd. „Rose, du bist ein wundervolles Mädchen. Du bist liebevoll, humorvoll, hilfsbereit, klug. Ich könnte noch eine Stunde hier sitzen und positive Sachen über dich aufzählen, aber  dazu haben wir nicht die Zeit. Der Punkt ist, jeder Junge, der dich abweisen würde, ohne dich richtig kennenzulernen, ist eine dumme Nuss, und  dann hat er deine Aufmerksamkeit nicht weiter verdient. Aber versuche es wenigstens. Sonst ärgerst du dich nachher darüber. Du machst sonst jeden Mist mit mir mit, also überwindest du jetzt deinen eigenen Schweinehund und schwingst deinen knackigen Hintern zu Luke und sprichst ihn an!“

Ich schaute wieder zu ihm und seinen Freunden. Die Gruppe löste sich langsam auf, da der Unterricht gleich weitergehen würde. Er schlug gerade mit einem Jungen ein und klopfte ihm auf den Rücken. Es standen nur noch wenige Leute bei ihm. Mein Blich schweifte wieder zu Hailee. Ich sah sie verunsichert an.

„Du schaffst das. Ich glaube an dich.“

Sie stupste mich an, sodass ich leicht nach vorne stolperte. Meine Hand fuhr durch meine dunklen Haare, die ich noch einmal auflockerte. Ich zupfte mein T-Shirt zurecht und atmete ein letztes Mal tief durch. Hailee deutete mir, dass sie im Gebäude auf mich warten würde und verschwand kurz darauf. Nun war ich auf mich allein gestellt.

PhaseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt