7 - Wie sollte das denn später werden?

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R O S E

 

"Gott Hailee, ich hab nicht den blassesten Schimmer. Lass uns aufgeben. Noch weniger als zwei Jahre und wir haben den ganzen Mist nicht mehr.", ich seufzte und fuhr mir durch mein Haar, "Da interessiert es keinen mehr, ob ich berechnen kann, ob ein Stoff Dipol oder nicht ist."

"Du musst dir auch keine Sorgen um deinen Abschluss machen."

"Du auch nicht! Natürlich schaffst du das. Du stellst ich immer so dar, als wärst du total schlecht in der Schule und versetzungsgefährdet, was überhaupt nicht stimmt."

Als Antwort bekam ich nur ein leichtes Grummeln, was bedeutete, dass sie es einsah. Ich grinste zufrieden und sah aus dem Fenster. Die dicken Regentropfen prasselten gegen die Glasscheibe und rannten kurz darauf herunter. Ich umklammerte meine Tasse etwas fester.

Hailee und ich saßen in einem kleinen Café, welches ein paar Straßen von unserem Haus entfernt lag. Wir waren oft hier, weswegen uns der Besitzer schon kannte. Es war nie überfüllt, da es nicht so viele kannten. Ich starrte in meinen Kaffee und beobachtete die Fäden, die sich aufgrund der Milch auf der Oberfläche entlangzogen.

Plötzlich trat mir Hailee gegen mein Bein. Ich zuckte leicht zusammen und funkelte sie kurz darauf an.

"Wieso trittst du mich?", grummelte ich mit zusammengezogenen Augenbrauen.

"Sorry, musste sein", grinste sie kurz zur Antwort.

Die Klingel ertönte und kündigte somit einen neuen Gast an. Ich beachtete dies nicht weiter und schaute Hailee immer noch fragend an.

"Und wieso das?"

Sie machte mit ihrem Kopf eine Geste, die mir verdeutlichte, mich umzudrehen.

Mein Blick wanderte zum Tresen und meine Augen wurden größer. Dort stand Luke mit einem Freud und sie redeten mit dem Besitzer.

"Shit!", flüsterte ich, woraufhin Hailee auflachte.

"Dachtest du, du könntest ihm jetzt für immer aus dem Weg gehen oder was?"

Ich schüttelte meinen Kopf und strich mir eine Strähne hinter das Ohr. "Nein, nicht für immer. Aber für die erste Zeit schon."

Ich hatte noch keinerlei Ideen, wie ich mich von nun an verhalten sollte. Vorhin, als Hailee und ich zusammen bei mir zu Hause waren, hatte ich keine gescheite Antwort auf ihre Frage gefunden.

"Und dann wandere ich nach Europa aus und werde Käsereifachverkäuferin", fügte ich trocken hinzu.

Hailee gab einen komischen Laut von sich, der einem Grunzen ähnelte. Wahrscheinlich sollte es ein Verstecktes Lachen gewesen sein.

Aufgrund des Geräusches entfuhr auch mir ein Lachen, was die Aufmerksamkeit der beiden Jungen, die am Tresen standen, auf uns lenkte.

Ich drehte mich leicht in deren Richtung und bemerkte, dass sie uns anschauten.

Luke winkte mir leicht zu. "Hey Rose!"

Ich begrüßte ihn ebenfalls. Unsicher, was ich jetzt noch sagen sollte, schaute ich unbemerkbar zu Hailee. Diese hatte nichts Besseres zu tun, als mich breit anzugrinsen.

Luke sagte kurz was zu dem anderen Jungen und kam dann ein paar Schritte auf uns zu.

"Du müsstest Hailee sein, nicht wahr?", fragte er sie und hielt ihr seine Hand hin.

"Die bin ich."

"Ich bin Luke."

"Das weiß ich", lachte Hailee und warf mir einen vielsagenden Blick zu.

Er setzte gerade an, etwas zu sagen, als er gerufen wurde.

"Kommst du? Ich bin fertig."

Der Junge blickte fragend in unsere Richtung. Luke nickte und verabschiedete sich zu uns.

"Ich muss dann mal wieder.", er deutete auf den Jungen, dessen Namen ich immer noch nicht kannte, "Chase und ich haben noch ein paar Sachen zu erledigen."

Ah, Chase hieß er also.

"Wir sehen uns", lächelte er.

"Ja, bis dann", antwortete ich, Hailee blieb still.

"Wow, was für ein interessantes Gespräch. Ging das gestern auch so?", grinste Hailee sarkastisch, als Luke und Chase weg waren.

"Ha ha ha, nicht lustig.", verdrehte ich die Augen, "Und nein, gestern haben wir eine angeregte Unterhaltung geführt."

Ich streckte ihr kindisch die Zunge entgegen, ihre Reaktion war nur ein Kopfschütteln.

Ich atmete tief aus und sackte im Sessel in mich zusammen. Was sollte ich denn jetzt davon halten? Ich war kein bisschen schlauer. Wie sollte ich mich jetzt das nächste Mal verhalten?

Eine Sache, die mich schon einmal freute, war, dass er auf mich zugekommen war. Wenn man von aufeinander zukommen sprechen konnte. Wirklich spektakulär und lang war die Unterhaltung oder die Begegnung ja nicht gerade. Aber immerhin ist er auf uns zugekommen, hat sich vorgestellt und wollte ein Gespräch anfangen. Und das kam alles allein von ihm.

Das konnte wiederum bedeuten, dass er den Abend gestern gar nicht so schlecht fand.


Oder er wollte einfach nicht unhöflich sein.

 

Argh... Oder das.


Rose! Jetzt halt' mal die Luft an, du hast ja null Selbstbewusstsein! DAS WAR EIN SCHERZ! , kommentierte meine innere Stimme.


Ich war kurz davor, mir mit der flachen Hand gegen die Stirn zu hauen. Ich sollte echt langsam herunterfahren. Es war wirklich nicht normal, wie sehr ich mir den Kopf über alle möglichen Sachen zerbrach. Wie sollte das denn später werden, wenn ich älter war?


Luke zerbricht sich auch nicht den Kopf darüber.

 

Ja, das stimmt wohl. Aber da gibt es auch entscheidende Unterschiede, blaffte ich meine innere Stimme pampig an.

Denn erstens war Luke ein Junge. Die machten sich meistens nicht große Gedanken darüber. Zumindest nicht die, die ich kenne. Außerdem war Luke generell total gelassen, soweit ich das beurteilen konnte. Er war locker, und kam herüber, als wäre er die Ruhe in Person.

Und dann wäre da noch die Tatsache, dass er schwul war!!!

Da war es ihm ja wohl ziemlich egal, wie es sich einem Mädchen gegenüber verhielt, dass er kennengelernt hat. Denn er interessierte sich nicht für Mädchen!!

Ich stieß angestrengt die Luft aus. Ich hatte diese Nacht eindeutig zu wenig Schlaf bekommen. Ich diskutierte schon mit mir selbst. Ich musste mich unbedingt ausruhen.

Ich war so mit mir und meinen Gedanken beschäftigt, dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass Hailee bezahlen wollte. Erst als der Besitzer, Markus, vor uns stand, realisierte ich es.

Ich gab ihm das Geld für meine Bestellung und das Trinkgeld und steckte mein Portemonnaie wieder ein. Wir standen auf und zogen uns unsere Jacken an. Mit unseren Regenschirmen bewaffnet traten wir durch die Türschwelle ins Freie, natürlich nicht, ohne uns von Markus zu verabschieden.

Die ersten Meter liefen wir schweigend nebeneinander her bis Hailee mich mit einer Frage überraschte, über die ich noch gar nicht nachgedacht hatte.


„Sag mal, hat Luke eigentlich einen Freund?"


———

Meinungen zu hören, würde mich echt freuen!:) Ich bin mir nicht so sicher, was ich von dem Kapitel halten soll. Haha also helft mir. Kritik wird gerne entgegengenommen - egal in welcher Form <3

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