...Jungs/Männerabenden

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„Hi Chadwick", hörte ich eine Stimme hinter mir. Eigentlich gab es nur eine einzige Person, die mich so nannte, trotzdem drehte ich mich verwundert um und strahlte dann Maliah an.
„Hey Satou", erwiderte ich.
„Satou?", sie legte den Kopf leicht schief und sah mich fragend an. „Seit wann nennst du mich denn so?"
„Naja, du nennst mich auch immer bei meinem Nachnamen, da dachte ich mir, ich versuch das ganze auch mal. Aber Maliah gefällt mir dann doch besser."
Ich grinste sie an. Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie Rhys Jack ein paar Meter zur Seite zog, damit wir mehr Ruhe hatten. Eigentlich fing gerade unsere Pause an und um uns herum liefen Schüler in die Richtung der Cafeteria. Nach draußen wollte keiner mehr wirklich, vor einer Woche war es deutlich kühler geworden und der erste Schnee würde bestimmt nicht mehr lange auf sich warten lassen. Bis zum Schulball waren es noch etwa vier Wochen. Vier Wochen noch, in denen ich Zeit hatte, Maliah von mir zu überzeugen.
Unser Gespräch in der Umkleide war etwas über eine Woche her. Das Gespräch hatten wir einstimmig als ein Date gewehrter, da wir noch fast zwei Stunden dort gesessen und geredet hatten. Aber seitdem lief es deutlich besser zwischen uns. Wir schrieben sehr viel und auch meine Snaps beantwortete sie eigentlich immer. Ich wusste, dass sie mir noch nicht ganz vertraute, aber wir gingen immer weiter Schritte aufeinander zu. Auch in der Schule wurde ich von ihr nicht mehr so ignoriert.
So offensichtlich mich angesprochen hatte Maliah mich trotzdem noch nicht.
„Ich wollte kurz mit dir was klären?", fragte sie mich.
„Ja, klar, ich hab Zeit. Sollen wir dafür irgendwo hin gehen?", schlug ich vor. Die Schüler um uns herum wurden zwar immer weniger, aber ich wusste, dass Maliah meine Anwesenheit eigentlich mied, damit keine Gerüchte aufkamen. Doch zu meiner Verwunderung schüttelte sie den Kopf.
„Nein, alles gut. Ich wollte nur fragen, ob wir das Date am Freitag vielleicht auf Samstag verschieben könnten? Nala hat da Geburtstag und wir wollten essen gehen."
Innerlich ging ich meinen Terminkalender durch und wusste direkt, warum mir der Freitag eigentlich besser gefiel, als der Samstag.
„Am Samstag habe ich ein Spiel, deshalb wäre mir Freitag eigentlich lieber", gab ich offen zu. „Aber Freunde gehen vor."
Damit brachte ich sie zum lächeln, wodurch sie direkt noch schöner aussah, als ohnehin schon. Ich kratzte mich am Nacken, während ich laut nachdachte.
„Das Spiel ist auswärts und ich bin dann erst am späten Nachmittag wieder da. Wenn es dir nichts ausmacht, dann verschieben wir unser Date auf Samstagabend? Früher schaffe ich es leider nicht."
Entschuldigend sah ich sie an.
„Das ist kein Problem, wirklich", beteuerte Maliah sofort. „Dankeschön."
„Dafür doch nicht. Ich schreib dir dann einfach, wann genau ich dich abhole?"
„Sehr gut."
Sie lächelte mich an, schob eine verirrte Strähne hinter ihr Ohr und sah mir einfach in die Augen. Ich lächelte sie ebenfalls an.
„Dann sehen wir uns am Samstag",sagte ich etwas leiser.
Maliah nickte.
„Bis Samstag",sagte sie ebenfalls etwas leiser und drehte sich dann zum gehen um.
Wahrscheinlich ziemlich auffällig sah ich sie von oben nach unten einmal an. Sie trug einen gelben Strickpullover, eine blaue Jeans, schwarze Winterschuhe und einen grauen Mantel. Ihre schwarzen Haare fielen ihr glatt auf den Rücken.
„Und Maliah?", sagte ich noch schnell, wobei ich nach ihrer Hand griff. Neugierig sah sie mich an, machte keine Anstalten ihre Hand zurückzuziehen.
„Du siehst heute wunderschön aus",gab ich etwas verlegen zu und ließ dabei langsam ihre Hand los. Maliahs Wangen färbten sich rosa und sie sah zum Boden.
„Dankeschön", kam es leise von ihr.
Dann drehte sie sich wieder um und hing den Gang entlang.
Ich sah ihr so lange nach, bis sie um eine Ecke verschwunden war.
„Aw, wie süß", quietschte Jack gespielt entzückt und griff sich dabei ans Herz.
„So süß, ich glaub ich hab einen Zuckerschock und muss gleich kotzen", gab Rhys seinen Senf dazu.
Ich verdrehte die Augen, schulterte meinen Rucksack und fragte nur: „Habt ihr nichts besseres zu tun, als mich zu beobachten?"
„Nö", gab Rhys prompt zurück, was Jack und mich zum Lachen brachte.
Wir waren in der überfüllten Cafeteria angekommen und suchten uns durch das Gewusel von Schülern einen freien Tisch. Nahe der Fensterfront in einer Ecke fanden wir tatsächlich noch einen, an den wir uns setzen konnten.
„Andere Frage: Habt ihr heute abend was vor? Wir haben lange keinen Jungsabend mehr gemacht",fragte ich sie nacheinander anschauend.
„Das heißt nicht mehr Jungsabend, das sind Männerabende", tönte Jack, wobei er die Arme über dem Kopf anwinkelte und seine Muskeln spielen ließ, die man dank des verwaschenen blauen Tshirts gut sehen konnte. Warum auch immer er bei diesen Temperaturen nur im Tshirt herum lief. Rhys, der neben ihm saß, verdrehte nur die Augen, nahm Jacks Handgelenke und drückte sie nach unten.
„Solange du keinen vernünftigen Bartwuchs hast, bist du auch kein Mann."
„Hey!", protestierte Jack. „Ich muss mich spätestens jeden dritten Tag rasieren!"
„Ach doch schob so oft? Ich hätte jetzt auf alle drei Wochen getippt", foppte Rhys ihn weiter, wobei er sich über sein Kinn strich, auf dem man deutlich die kleinen Bartstoppeln sehen konnte. Und das obwohl er sich (laut eigenen Aussagen) jeden Morgen rasierte.
Schmunzelnd betrachtete ich meine beiden besten Freunde, die sich in eine hitzige Diskussion steigerten, ab wann man denn ein Mann sei und ob Bartwuchs ein Indiz dafür sei oder nicht. Gedankenverloren strich ich mir selbst über meine Wangen und Kinn. Ich selbst rasierte mich jeden zweiten oder dritten Tag. Wirklich Bartwuchs hatte ich zwar nicht, aber ich mochte mein Gesicht lieber glatt als mit Stoppeln. Ob Maliah das auch so sah? Oder stand sie mehr auf diese typischen Dreitagebärte?
„Also ja oder nein zu unseren Abend?", riss ich mich selbst aus meinen Gedanken und meine Freunde aus ihrer Diskussion.
„Ich bin dabei", kam es von Jack wie aus der Pistole geschossen, wobei er einen Arm nach oben riss, wie um sich zu melden.
Rhys verdrehte nur wieder die Augen und zog Jacks Arm wieder nach unten, während auch er zusagte.
„Wann denn?"
„Wie wäre es mit Freitag nach der Schule?", schlug Jack vor. „Da hat keiner von uns Training und wenn wir bei einem Film einschlafen ist das auch nicht schlimm."
Ich nickte zustimmend.
„Ihr müsst aber Samstagmorgen pünktlich für das Spiel bereit sein, einschlafen ist da vielleicht keine so gute Idee", warf Rhys ein. Nun war es an Jack die Augen zu verdrehen.
„Wir können uns ja einen Notfall-Wecker stellen."
Das sah auch Rhys ein.
„Super, dann haben wir einen Tag. Aber wo treffen wir uns?" Abwartend sah Jack uns an.
„Ihr könnt zu mir kommen, da haben wir am meisten Platz", schlug ich vor, was sofort angenommen wurde.
Jack wackelte mit den Augenbrauen. „Jetzt hast du doch noch ein Date am Freitag, Noah."
„Nein Jack, das ist kein Date. Weil keinen von euch möchte ich küssen", lachte ich.

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