...aufdringlichen Gesichtsmasken

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Das Licht im Zimmer war gedämmt. Mein Atem ging ruhig, mein ganzer Körper war entspannt und ich war kurz davor wegzudämmern. Mein Kopf lag auf Maliahs Brust, so, dass meine Nase leicht an ihren Hals stieß und ich ihren unfassbaren Geruch einatmen konnte wie eine Droge. Ich lag seitlich an ihr, hatte meinen Arm um sie geschlungen und seufzte zufrieden, als sie mir durch die Haare fuhr. Im Hintergrund lief irgendeine Serie, ich glaube es war Vampire Diaries oder so. Irgendetwas mit zwei Kerlen die einem Mädchen hinterher liefen, das Mädchen irgendwie was mit beiden hatte und die Kerle übernatürliche Kräfte hatten. Und irgendeinem Typen namens Klaus. So genau hatte ich nicht aufgepasst. Meine Gedanken schweiften umher und waren gleichzeitig so ruhig wie ein gefrorener See.
Auf der einen Seite beschäftigten sie sich mit der Frage, ob die letzte Nacht so richtig war. Oder war es doch zu früh, erneut miteinander zu schlafen? Hätten wir nicht vorher drüber reden sollen? Irgendetwas abklären sollen? Aber andererseits hatte Maliah mich darum gebeten. Sie war diejenige, die diesen Schritt eingeleitet hatte. Von ihr ging die Initiative aus, nicht von mir. Also war es doch richtig, oder? Und sie wirkte auch nicht so, als hätte ich etwas falsch gemacht. Eher im Gegenteil, sie war genau so entspannt wie ich. Obwohl sie die Serie wahrscheinlich aufmerksamer verfolgte als ich.
Gleichzeitig waren meine Gedanken ruhig und ich genoss einfach den Moment, eingekuschelt mit meiner Freundin.
Jetzt, in diesem Moment, gab es nichts, was den Moment perfekter machen könnte.
„Du schläfst mir aber nicht ein?", fragte Maliah leise.
Ich brummte nur etwas unverständliches und vergrub meine Nase mehr in ihrem Hals.
„Vielleicht."
Sie lachte leise und fuhr mir wieder durch die Haare.
Wahrscheinlich sah ich aus, als hätte ein Vogel auf meinem Kopf versucht ein Nest zu bauen, aber es fühlte sich so gut an, wenn sie durch meine Haare ging.
Ich drückte ihr einen Kuss auf den Hals. „Wenn ich nicht einschlafen soll, dann darfst du halt nicht so gemütlich sein."
„Also muss ich jetzt aufstehen, damit du wieder wach wirst?"
„Bloß nicht", knurrte ich und zog sie, wenn das überhaupt möglich war, noch näher an mich heran.
Maliah begnügte sich damit, mir über den nackten Rücken und die Haare zu streichen und sehr schnell war ich wieder in meinem Dämmerzustand.
Zumindest so lange, bis es an der Tür klingelte.
Und da wir alleine bei Maliah waren, musste sie aufstehen.
Das Problem war nur, dass ich sie nicht aufstehen lassen wollte.
„Noah, du musst mich los lassen", kicherte Maliah, als sie meinen verstärkten Griff bemerkte.
„Ich will aber nicht."
„Aber es hat geklingelt."
Ich drückte ihr noch einen Kuss gegen den Hals und sah zufrieden die Gänsehaut, die sich ausbreitete. „Bleib liegen, es wird schon nicht wichtig sein."
Ich hatte meinen Satz kaum beendet, da klingelte es erneut. Und erneut. Und erneut.
„Scheinbar ist es doch wichtig."
Genervt stöhnte ich auf und ließ Maliah widerwillig los. Ich sah ihr kurz hinterher - sie trug nur ein Top und eine sehr kurze Sporthose, die ihren Hintern unfassbar gut betonte - , bevor ich mich wieder in ihre Kissen sinken ließ. Ich hätte niemals gedacht, dass ein Bett mit vielen Kissen und Kuscheldecken tatsächlich so gemütlich war, wie sie immer aussahen. Entfernt hörte ich Maliahs Stimme, als sie mit irgendjemandem sprach. Und mehrere Stimmen die antworteten. Aber wahrscheinlich verhörte ich mich und es klang nur so, als würden die Stimmen näher kommen.
Erschrocken fuhr ich hoch, als die Tür unsanft aufgerissen wurde. Genau so erschrocken sahen mich drei Augenpaare an. Hinter diesen Augenpaaren, die zu Maliahs Freundinnen gehörten, sah mich meine Freundin mit einer Mischung aus Verzweiflung und Entschuldigung an.
Mir war das Ganze ziemlich unangenehm, schließlich hatte ich außer meiner Boxershorts nichts an, was die Eindringlinge zum Glück nicht sahen. Hoffte ich jeden Falls. Nervös fuhr ich mir durch die Haare und versuchte das Chaos etwas zu ordnen.
Richtig unangenehm wurde es allerdings erst, als Nala anerkennend pfiff und „ich würde dich auch nur ohne Shirt rumlaufen lassen" von sich gab.
Unwohl rutschte ich etwas hin und her und sah hilfesuchend zu Maliah.
„Ähm ja...ihr seht, Noah ist da. Also hab ich nicht wirklich Zeit."
Das letzte klang eher wie eine Frage.
Ich würde mir gerne etwas anziehen, weil ich mich doch ziemlich beobachtet fühlte, aber ich traute mich nicht, mich zu bewegen.
Aliena war die erste, die ihre Sprache wiederfand und einen vollständigen Satz bilden konnte.
„Ach Quatsch, ihr hattet schon Zeit zusammen. So wie Noah aussieht sogar reichlich Zeit." Meine Wangen erhitzten sich und ich wollte irgendwo versinken. „Ihr hattet auch gestern beim Ball schon Zeit. Jetzt ist Mädelsnachmittag angesagt."
Aliena setzte sich in Bewegung und warf ihre Tasche auf Maliahs Couch.
War das jetzt mein Zeichen zu gehen?
Wieder sah ich zu meiner Freundin, die allerdings genau so ratlos in ihrer Zimmertür stand, während ihre Freundinnen sich in ihrem Zimmer ausbreiteten.
„Noah, du bleibst hier. Wir wollen dich kennenlernen", kommandierte Aliena.
Unsicher blickte ich die vier Mädchen vor mir an.
Mädelsnachmittag?
Also so wie ein Jungsabend?
Nur mit Mädchen?
Was taten denn Mädchen so?
Maliah seufzte ergeben und verkündete, dass sie Getränke holen würde. Dann verschwand sie und ließ mich, nach wie vor nur in Boxershorts bekleidet, mit ihren Freundinnen alleine, die gerade diverse Snacks und Utensilien aus ihren Taschen zauberten. Möglichst unauffällig langte ich neben das Bett und fischte meine Kurze Sporthose hervor, die ich mir schnell unter der Decke anzog.
Eigentlich war mein Verhalten dumm.
Im Schwimmbad hatte ich auch nicht wirklich mehr an als meine Badehose und da machte mir das nichts aus. Allerdings verstand ich jetzt, was Mädchen damit meinten, wenn sie sagten, dass Unterwäsche und Bikinis einen Unterschied machten. Innerlich schwor ich mir, nie wieder ihnen blöden Kommentar dahingehend zu machen.
Als ich mir sicher war, dass die Hose einigermaßen saß, schlug ich die Decke zur Seite und schwang meine Beine aus dem Bett. Ich griff nach einer längeren Jogginghose von mir, die aus meiner Tasche hervor lugte und schnappte mir mein Tshirt, das Maliah zum schlafen angezogen hatte. Dann verschwand ich aus dem Zimmer und ging ins Bad, wo ich mich umzog und etwas frisch machte, was auch beinhaltete, meine Haare zu bändigen. Gestern nach dem Duschen hatte ich sie nur kurz mit einem Handtuch trocken gerubbelt, was nun zur Folge hatte, dass meine Haare lockiger waren als sonst. Und dadurch deutlich widerspenstiger. Zudem sah ich beinahe süß aus. Ich will aber männlich aussehen und nicht süß! Seufzend gab ich es auf meine Haare zu richten.
Mental versuchte ich mich auf den nun folgenden Nachmittag vorzubereiten, aber da ich auch da nicht wusste, was mich überhaupt erwartete, gab es nicht besonders viel zum vorbereiten.
Ich musste einfach nur drei mir quasi fremde Mädchen von mir überzeugen, von denen mich die eine eindeutig hasste.
Das konnte doch nicht so schwierig werden.
Sonst liebten mich Mädchen auch und jubelten mir zu.
Oder wollten mit mir ausgehen.
Außer Maliah am Anfang.
Die konnte mich auch nicht leiden.
Genau wie Aliena.
Also schon zwei Mädchen, die mich nicht mochten.
Oh Gott, was wenn der Nachmittag eine Katastrophe wurde und Maliah sich danach von mir trennen würde?
Ich zwang mich dazu tief ein und aus zu atmen und mein Spiegelbild motivierend anzusehen.
Wie schlimm konnte so ein Mädelsnachmittag schon werden?

Alles begann mit...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt