Kapitel 6

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Die Gestalt auf der Höhle drauf sehe ich erst wenige kostbare Sekunden später. Sofort drehe ich mich um und renne weg. Ich höre sein Lachen in meinem Kopf, höre, wie er sich langsam in Bewegung setzt, während ich schon renne. Er weiß, dass er schneller ist als ich. Er hat mich schon oft genug verfolgt, um sich darin sicher sein zu können.

Ich weiß es auch, trotzdem gebe ich nicht auf. Ich kann nicht aufgeben. Ich würde ihm gehören, ihm ganz allein, und müsste tun, was auch immer er von mir verlangt. Helfen würde mir niemand.

Ich höre meinen Atem, höre das Blut in meinen Ohren rauschen und höre meine Schritte auf dem Waldboden. schneller  flehe ich meinen eigenen Körper an.

Es dauert nicht lange, da höre ich auch seine Schritte. Es fällt mir schwer, meinen Körper noch mehr anzustrengen, aber ich schaffe es. Ich werde schneller - und seine Schritte hinter mir verblassen langsam aber sicher.

Dann jedoch verliere ich.

Ein Gewicht auf meinen Schultern drückt mich zu Boden, Krallen bohren sich in meine Seite. Einer seiner Freunde hat auf mich gewartet. Er musste mich nur in die richtige Richtung jagen. Einmal auf dem Boden liegend, schaffe ich es nicht, mich wieder zu erheben. So liegen wir da, bis ich das Bewusstsein verliere, da irgendjemand mir etwas spritzt.

Als ich aufwache, bin ich in meiner Menschengestalt und liege in einem Bett. Diesen Ort kenne ich nicht, noch nie in meinem Leben war ich hier. Erst dann merke ich, dass ich etwas anderes trage. Nun ja, besser gesagt, lediglich meine Unterwäsche und einen neuen blauen Fleck an meinem Arm, wo mir der unbekannte Stoff gespritzt wurde.

An dem Schrank hängt ein Kleid, blau, ziemlich kurz, aber besser als nichts. Deutlich besser als nur die Unterwäsche. Schnell ziehe ich es an, bis ich zur Tür gehe. Die ist natürlich abgeschlossen, also gehe ich zur anderen Tür, welche in ein riesiges Badezimmer führt. Alles ist eher schlicht gehalten, jedoch würden allein in die Dusche wahrscheinlich fünf Menschen passen. Und das abgesehen von der Badewanne, die den halben Raum einzunehmen scheint.

Seufzend gehe ich wieder in das Zimmer mit dem Bett zurück und bleibe wie angewurzelt in der Tür stehen. Er sitzt auf dem Bett, seine blauen Augen auf mich gerichtet, mich musternd. Seine blonden Haare locken sich leicht, er beginnt zu grinsen. Wäre sein Charakter nicht so immens abstoßend, dann wäre er sogar irgendwie süß.

"Wo bin ich hier?" "In deinem neuen Zuhause." "Ich gehöre dir nicht, Elias. Ich möchte auch nicht mit dir zusammen wohnen.", meine Stimme ist ruhig, meine Augen suchen nach einem Fluchtweg.

Langsam kommt Elias auf mich zu. "Ich habe dich vor dem Rat für mich beansprucht. Sie haben mir ihre Zustimmung gegeben. Du gehörst nur mir, Lara.", inzwischen steht er direkt vor mir. Er ist ungefähr einen Kopf größer als ich, trotzdem zucke ich nicht zurück.

"Fick dich Elias.", mit diesen Worten trete ich ihm zwischen die Beine und renne zu der bis eben verschlossenen Tür. Sie ist offen, also renne ich den langen Flur weiter hinunter. Danach die Treppe, bis ich an der Tür nach draußen stehe. Sie lässt sich nicht öffnen. Ziehen, drücken - alles ist sinnlos.

In diesem Moment steht ein äußert aggressiv aussehender Elias hinter mir und sagt mit glitzernden Augen: "Das wirst du bereuen." Dann spüre ich seine Zähne in meinem Hals. Es ist schmerzhaft, ein Zeichen seiner Gewalt über mich. Gleichzeitig für andere ein Zeichen, dass ich ihm gehöre. Er hat mich offiziell beansprucht. Als sein markiert.

Ich spüre mein Blut an meinem Hals herunter rinnen und gleite nur langsam in die schützende Dunkelheit; scheinbar die einzige Sache, die mich aktuell vor ihm beschützen kann.

bearbeitet: 05.11.2024

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