keine Pläne

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Kapitel 33

Belle

Bis zum Tages des Kampfes versuchte ich den Gedanken an einen möglichen Verrat von Dimitris Seite einfach auszublenden. Denn ich hatte keine Ahnung was ich von dem allem halten sollte. Selbst wenn er tat, was mein Vater so sehr fürchtete, was ich befürchtete, wäre es ja dennoch irgendwie kein Betrug. Er konnte ja nichts dafür, was man ihn als Jungen angetan hatte und der Gedanke, das mein Vater ihn dafür bestrafen könnte, wog schwerer, als meine Furcht, dass das heute Nacht in einer Katastrophe enden könnte.

Ich hatte zusammen mit meinen Eltern einen guten Plan entwickelt um notfalls aus dem alten Fabrikgebäude herauszukommen, in dem der illegale Ringkampf stattfinden würde und hatte versucht alles an Verrat-Ebenen mit einzuplanen, die mich erwarten könnten. Von Vlad bis hin zu Carl. Ich traute Vlad nicht wirklich zu, mich in einen Hinterhalt locken zu wollen oder zu können, dazu hasste er Ming viel zu sehr und das auch schon viel zu lange, aber Carl war unberechenbar. Ob er gemeinsame Sache mit dem Feind seines eigenen Vaters machen würde, um mir eins auszuwischen? Mit Sicherheit. Er war immer jemand, mit dem man rechnen musste, aber auch er hatte keine nennenswerte Kontakte zu Ming, das hatte ich überprüfen lassen. Sogar Gear hatte mein Vater im Auge behalten, aber auch dort blieb alles ruhig.

Alle meine Instinkte blieben in höchster Alarmbereitschaft, fanden aber nichts, was auch nur darauf hinweisen würde, dass Ming etwas anderes vorhatte, als Vlad eins auszuwischen.

„Belle und mein Champion, wie schön, dass ihr da seid", empfing mich Vlad freudig und drückte mich ohne zu zögern an seine Brust, bevor er mit einem Kuss auf beide Wangen drückte und dann mit einem Blattpapier in meine Richtung wedelte.

„Wie versprochen, die Besitzerdurkunde des Gebäudes und ab jetzt gibt es in meinen Club Freigetränke für euch. Oh ja! Das wird ein toller Tag, der beste meines Lebens!" frohlockte er in absolutem Wissen, das Dimitri für ihn siegen würde. Und normalerweise würde er das auch, aber an diesen Punkt war nicht er, sondern ich, der Verräter. Ich machte mir nicht die Illusion, dass Vlad nicht früher oder später darauf kommen würde, dass ich einen zweiten Deal mit Ming gehabt hatte um nicht nur an das Gebäude, sondern auch an das Startkapital zu bekommen. Deswegen würde ich mich nach diesem Kampf ihm gegenüber bedeckt halten, aber es beruhigte mich tatsächlich, das bis hier hin wirklich nichts verdächtig schien.

Ich nahm die Urkunde und übergab sie einen der beiden Männer meines Vaters, die mich hier herbegleiteten. Es war ungewöhnlich, das ich außer Dimitri noch andere Wachen zu Kämpfen mitnahm, aber wenn Vlad das auffiel, sagte er nichts dazu und ließ sich auch nichts anmerken. Ich lächelte Vlad an und ließ ihn dann vorgehen, wobei ich mir Dimitris Anwesenheit, direkt hinter, sehr bewusst war.

Seit wir das erste Mal miteinander geschlafen hatten, hatte sich so viel zwischen uns verändert, dass diese gewohnte Rolle, die wir in dieser Nacht einnahmen, sich fast schon falsch anfühlte. Er sollte neben mir gehen, nicht hinter mir. An meiner Seite sein, anstatt mir lediglich den Rücken freizuhalten. Als ich aber über meine Schulter sah und seinen Blick begegnete, sah es nicht so aus, als würde er sich mit seiner Position unwohl fühlen. Während die beiden Männer neben ihm vor Anspannung bebten. Das lag noch nicht einmal wirklich an der Situation. Ich hatte schon bemerkt wie unwohl sich die meisten anderen Männer in seiner Nähe fühlten, als würde ihre Instinkte verrückt spielen und ihnen sagen, dass das kein Mensch war, neben dem sie da wandelten. Es war ein Monster. Mein Monster. Und auch heute würde Dimitri sich von seiner schlimmsten Seite zeigen, da war ich mir sicher. Dimitri würde verlieren, aber das würde sein Gegner dennoch teuer bezahlen müssen.

Als wir das Fabrikgebäude betraten war ich nicht überrascht, dass es ein eher kleiner Kreis von Zuschauern gab und auch nicht das sich neben Ming, zwei junge Frauen tummelten, die aussahen wie alle Frauen aussahen, die nicht viel konnten, außer hübsch zu sein und auch nie gelernt hatten, mehr sein zu wollen, als etwas was man hübsch fand.

Was mich überraschte, war die Anwesenheit von Gear, der nach meinen Informationen gar nichts von diesen Kampf wissen sollte. Ich drehte mich unauffällig zu den beiden Männern um, die neben Dimitri hinter mir gingen und stellte damit sicher, dass sie seine Anwesenheit ebenfalls registriert hatten. Das war verdächtig und es war beunruhigend, dass ich scheinbar falsche Informationen erhalten hatte, aber bis jetzt gab es keinen Grund das hier abzubrechen.

„Vlad, du hast deinen Champion mitgebracht?", fragte Ming und begrüßte Vlad doch tatsächlich wie einen alten Freund. Eine feste Umarmung, ein Schulterklopfen und ein Lächeln, dass Eisberge schmelzen lassen konnte. Von einer Rivalität keine Spur, aber so was ließ man sich auch nie anmerken. Das wäre unprofessionell.

„Ich hoffe dich stört es nicht, wenn wir zusätzliche Zuschauer haben, ich bin schon froh, dass Benedikt mir einem kurzen Aufenthalt hier auf seinem Gebiet gestattet. Leider hat er mir einen Babysitter auferlegt, damit ich keinen Blödsinn mache", grinste Ming und deutete auf Gear, der ebenfalls noch Männer mitgebracht hatte. Laufburschen, keinen hochrangigen Bruder aus der Bratwa. Also niemanden den ich kannte.

„Sicherlich. Darf ich die Belle vorstellen. Nora und Alecs Tochter, die beiden sollten, dir ein begriff sein, sie haben damals deinen Sohn umgebracht. Auf Benedikts Befehl", meinte Vlad ganz plötzlich und ich konnte machen was ich wollte: Die Überraschung war mir ins Gesicht geschrieben. Bitte was? Meine Eltern hatten Mings Sohn umgebracht? In Benedikts Auftrag? Warum hat mir das keiner gesagt? Warum wusste das keiner und warum wusste Vlad so etwas?

Ich sah Ming an, doch sein Gesicht bewegte sich nicht einmal wirklich, sein freundliches Lächeln blieb, als hätten sie gerade nur das Wetter geplaudert.

„Ich nehme an, das Belle das nicht wusste. Keine Angst, junge Frau, ich bin nicht nachtragend. Ich habe ja noch einen Sohn und bin noch nicht so alt, als dass ich mir nicht neue machen könnte", grinste er und kam zu mir. Küsste mich auf beiden Wangen und schien so freundlich wie immer.

„Er versucht mich nur zu reizen, das hier hat nichts mit unserem Deal zu tun, er ist nur wütend das einer seiner Söhne wohl eher von mir ist." hauchte er mir in eines meiner Ohren und rieb mit über die Oberarme, als versuchte er tatsächlich mir etwas von der Anspannung zu nehmen. Aber das klappte nicht. Denn diese ganze Sache nahm Ausmaße an, die ich nicht mit einkalkuliert hatte. Aber leben musste ich dennoch damit, es gab kein zurück mehr. Das bedeutete aber nicht, dass ich meinen Eltern dafür die Hölle heiß machen würde. Sie hatten es mir sicher nicht absichtlich verschwiegen, sondern schlicht weg vergessen, wessen Verwandten sie irgendwann einmal umgebracht hatte. Sie mussten anfangen Buch zu führen! Dringend!

Beta: noch nicht

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