Kapitel 37
Belle
Als ich die eisigen Priese auf meiner Haut spürte, war ich zum ersten Mal froh über den kalten Biss des russischen Winters, der das Land und die Leute so gnadenlos tyrannisierte. Dennoch zog ich meine Hand von dem Metall um mich herum weg, als wir dem Ausgang immer näher kamen, damit meine Haut nicht noch mehr in Mitleidenschaft gezogen wurde und davon schaden erlitt. Als ich den Kopf in die Nacht herausstreckte wusste ich ungefähr, wo der Lüftungsschacht endete, weil ich mich mit dem Grundriss des Gebäudes und einige markante Punkte hatte einprägen müssen, als ich mit meinen Eltern mögliche Fluchtwege durchgegangen war. Leider hatte ich diesen hier zu wenig Beachtung geschenkt, weil wir nicht damit gerechnet hatten, einen der Ausgänge nicht zu erreichen und starrte hinunter auf dem Schnee bedecken Boden, der ungefähr zwei Meter unterhalb des Rohres begann. Es könnten auch drei Meter sein, denn ich hatte keine Ahnung wie hoch der Schnee lag und wie tief ich einsinken würde, wenn wir einfach sprangen. Sehen würde uns zumindest keiner, denn wir befanden uns in einem kleinen Seitengange, die von anderen nahen, verfallenen Industriegebäuden gesäumt wurde.
„Zuerst ich", sagte Dimitri und zögerte in Gegensatz zu mir keine Sekunde, bevor er aus dem Rohr sprang und dann kurz in die Knie ging, als er auf den Boden aufkam.
„Nicht tief, ich halte dich", sagte er und streckte die Arme nach mir aus. Ich zögerte. Nicht weil ich vor der Höhe angst hatte oder ich Dimitri nicht vertraute, sondern weil meine Hände zitterten und ich ihm diese Schwäche nicht auch noch zeigen wollte. Dann aber erinnerte ich mich daran, dass dies hier Dimitri war, ergriff seine Hand und lies mich in seine Arme fallen. Er hielt mich sicher, eine weile über seinen Kopf und ließ mich dann an seinen Körper langsam hinabgleiten was ein sehr unangebrachtes Kribbeln in mir auslöste. Das war gerade der absolute falsche Zeitpunkt mich von seiner Stärke, seiner Männlichkeit und seinem Geruch einnehmen zu lassen, aber meiner Libido war das egal.
Als ich vor ihm stand, erfasste uns ein eisiger Wind und mir wurde bewusst, das Dimitri sehr viel leichter bekleidet war als ich und ich deswegen die Letzte sein sollte, die hier herumheulte. Er hatte es zwar geschafft sich ein Shirt über den nackten Oberkörper zu ziehen, als wir uns in der Umkleide verbarrikadiert hatten aber dennoch trug keiner von uns einen Mantel oder ähnliches. Dennoch sah ich auf seinen Armen nicht mal Gänsehaut, während ich sofort anfing zu zittern.
Dimitri registrierte das, sagte aber nichts und begann sofort damit sich umzusehen und zu orientieren, bevor er mich an der Hand nahm und begann, mich mit sich zu ziehen. Ich kam nicht umhin deutlich zu bemerken, dass er noch nie zuvor bestimmt hatte, wo lang wir gingen, geschweige denn, dass er einen Schritt vorauseilte und mich an der Hand hinter sich herzog. Das war außergewöhnlich und ich war erstaunt wie angenehm ich diesen Rollenwechsel empfand, obwohl mein erster Gedanke war, gegen diese Bevormundung zu rebellieren, einfach nur aus Gewohnheit.
Aber es war gut, dass er handelte, wo ich nur dastand und zögerte. Ich war sensibler als ich mir das immer eingestand und die Schießerei, die Hektik und der Tod der beiden Männer, ließ mich nicht so kalt, wie ich es gewollt hätte. Dennoch schüttelte ich innerlich die Befangenheit ab und konzentrierte mich darauf von hier wegzukommen.
„Wie niedlich", kam eine Stimme aus einer Ecke hervor, die man wegen dem fehlenden Licht und den Winkel des Gebäudes nicht sofort hatte einsehen können, aber während ich mich tatsächlich erschrak, hatte Dimitri schon eine Waffe auf die Person gerichtet, die von dort aus den Schatten trat.
„Carl", sagte ich und obwohl es keine Frage war, hoffte ich auf eine Bestätigung, denn er sah eher wie ein Kerl aus, den sich ein Horrorfilm-Fan ausgedacht hätte.
Seine sowieso schon immer kurzgeschorenen Haare waren nun noch kürzer geschoren worden, damit die Pflaster, die eine Hälfte seines Gesicht bedeckten, zum halten gebracht werden konnten. Seine Augen und teile seiner Wangen aber waren unbedeckt und gaben den Blick auf die Stellen frei, wo ich ihn angefangen hatte zu häuten. Ja, das war ich gewesen. Mein Werk. Ich hatte dafür gesorgt, das er von Außen endlich als das Monster wahr genommen wurde, was sich tief in seinen Inneren verbarg. Und obwohl ich schockiert war, von meiner eigenen Brutalität, war ich auch irgendwie stolz auf mich.
„Allerdings. Also stimmt es doch, du lässt dich von deinem Köter ficken, das ist wirklich ekelhaft", sagte er und sah Dimitri so angewidert an, dass er es vor nötig hielt einen Schritt zur Seite zu machen und den Blick auf mich zu versperren. So wie er es immer tat, wenn mir Gefahr drohte und Carl war sicher nicht hier um nur zu plaudern. Er hielt eine Waffe in der Hand, die er aber noch nicht auf uns gerichtet hatte.
„Was willst du hier?", fragte ich und nahm Dimitri ungefragt eine seiner beider Waffen ab, so das er die übrige, mit der zweiten Hand stabilisieren konnte. Ich fühlte mich wohler, wenn ich auf Carl zielte. Vielleicht sollte ich auch abdrücken, solange dieser die Waffe nicht auf uns richtete, was er aber genau in den Augenblick tat. Chance verpasst.
Fuck. Ich hasste mich für meinen zu langsamen Kopf!
Das war dumm gewesen. Erst schießen, dann fragen!
Wir waren hier nicht in einen verfluchten James Bond Film und mir war der große böse Plan des Antagonisten sowas von egal.
„Dafür sorgen, das keiner Überlebt. Nicht du, nicht meine Heulsuse von Bruder und auch kein Ming", sagte er weiter und ich versuchte es, nach dieser verpassten Chance erst einmal mit Diplomatie. Egal wie dumm das erschien.
„Ich mache dir keine Probleme"
„Achja? Nennst du hier kein Problem? Du machst mich zum Gespött", spuckte er fast und weil einer seiner Wangenmuskeln nicht mehr so funktionierte, wie er es gerne hätte, nach meiner Attacke auf ihn, lief etwas sabber sein Kinn herunter.
„Nein Carl, das tust du selbst. Du bist derjenige der immer wieder Streit mit mir sucht", wies ich ihn darauf hin und versuchte auszumachen, wann Dimitri abdrücken würde. Er hatte die Chance auf ihn zu schießen aufgrund seines Trainings ebenfalls verpasst. Carl war keine Bedrohung gewesen und ich hatte ihm keinen Befehl erteilt. Ich musste diese „Nicht angreifen ohne meine Zustimmung"-Regel dringend lockern, denn wenn ich so leicht unter Schock stand, wie gerade, funktionierte mein Verstand zu langsam. Eindeutig.
„Du miese Fotze! Es wird mir ein Vergnügen sein erst deinen Hund, und dann dich endgültig umzulege--"
Ein Knall ertönte und die Kugel, die Carl von hinten traf, zerfetzte in meine Richtung seinen Kopf. Seine Schädel explodierte regelrecht und ich drehte mich weg um zu würgen, während eine mir sehr vertraute Stimme etwas sagte.
„Ich denke nicht", brummte mein Vater, ging um Carl herum und verpasste ihn noch zwei Kugeln in die Brust. Als wäre das bei dem großen Kaliber seiner Waffe überhaupt notwendig gewesen. Mein v
Vater hatte ihn den halben Kopf weggeschlossen, aber er ging immer auf Nummer sicher, wenn er tötete. Dann erbrach ich mich und hielt mich dabei an Dimitri fest, während ich mich wieder selbst für diese Schwäche hasste.
Beta: Geany
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SIE
Romance'Ich habe es satt eine Prinzessin zu sein, ich will meine Krone! Und dafür brauche ich ein Monster. Einen Mann, mehr Bestie als Mensch, der für mich alles tut und dafür alles von mir fordert. Meine Mutter hatte recht: Es gibt nur eine Macht die eine...