Grenzen

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Kapitel 10

Das war kein Unfall gewesen. Ich wusste es genau und hatte so etwas schon geahnt als der Kampf begonnen hatte. Zugegeben hatte ich viel zu spät reagiert, weil ich innerlich zusammen gezuckt war als Dimitri den ersten Schlag eingesteckt hatte, aber danach war ich nicht mehr besorgt gewesen. Ganz im Gegenteil. Er hatte es geplant, sich zwei Gelegenheiten zum Sieg entgehen lassen, um eine Chance zu bekommen, seinen Gegner ins Grab zu bringen.

Verfluchte Scheiße, ich hatte ihm verboten so etwas zu tun! Dimitri hatte gegen meine Regeln verstoßen und das war schlimmer als die Tatsache, dass er Vlads Regeln gestreckt hatte. Ich hatte versucht den Kampf zu stoppen, aber Vlad hatte nur mit den Schultern gezuckt und gemeint, dass jeder wusste, dass er im Ring getötet werden konnte und hatte seinen Wetteinsatz auf Tod des Gegners nur erhöht. Dieser Wichser. Manchmal hasste ich ihn ebenso sehr, wie ich ihn mochte.

Als ich mich erhob sah ich die Erkenntnis in Dimitris Augen. Er wusste, dass ich es weiß und hat sich dazu entschlossen sich zu beeilen seinen Gegner umzubringen, genauso wie ich mich beeilt hatte, diesen Kampf zu beenden. Nicht wegen diesem Kerl oder einem möglichen Kampfverbot für Dimitri. Er durfte nicht gegen meine Regeln verstoßen. Wenn er das tat, würde ich ihn dafür bestrafen müssen und das wollte ich unbedingt vermeiden.

Mein Vater hatte einmal gesagt, dass ich zu weich mit ihm umging. Das er mir irgendwann nicht mehr gehorchen würde, wenn ich ihn für Vergehen dieser Art nicht bestrafte und ich hatte innerlich gefleht, dass es nie so weit kommen würde. War es nun so weit? Würde ich mir eine barbarische Strafe für ihn einfallen lassen müssen, damit er in die Grenzen zurückfindet, die er nicht verlassen durfte?

Ja, wahrscheinlich. Denn anstatt seinen rebellischen Plan aufzugeben, als ich ihn erwischte, hatte er seine Ausführung auch noch beschleunigt. Und er hatte es geschafft. Ich wusste, dass sein Gegner tot war, als der Jubel bei den Leuten am Rande des Zauns ausbrach und ich den Eingang der Kämpferräume betrat.

Verdammte Scheiße. Was war nur in ihn gefahren? Er hatte den Sieger vom letzten Kampf bereits erledigt und das nur wegen eines blöden Spruches. So empfindlich war er sonst nie gewesen. Wenn er jetzt anfing durchzudrehen, hatte ich ein echtes Problem. Dimitri war gefährlich und ihn von der Leine zu lassen mehr als fahrlässig. Ich konnte ihm das unmöglich durchgehen lassen, es gefährdete alles, was ich für meine Zukunft geplant hatte, besonders den sensiblen Teil, der jetzt mit Gear kommen würde. Dennoch spürte ich wie ein Schauer der Abscheu mich erfasste als ich an die Standardbestrafung dachte die Dimitri in diesem Gulag hatte aushalten müssen, wenn er gegen die Regeln verstieß. Es wurde mir geraten die Art der Strafe beizubehalten. Aber ich wollte ihn nicht verletzen. Dimitri nicht im Winter an Eisenketten fesseln, die an seine Haut anfrieren würden. Ihn nicht mit einer Drahtseilpeitsche bearbeiten bis er halb tot war. Ich wollte das alles nicht. Warum zwang er mich dann dazu?

Ich begegnete seinem Blick als er aus der Arena kam und in Richtung der Umkleidekabinen ging. Normalerweise würde ich warten, bis er wieder herauskam, aber heute würde das nicht passieren. Ich betrat die Männerumkleide und ignorierte die Blicke der anderen Kämpfer, die sich umzogen, teilweise aus der Dusche kamen und sich mir nackt präsentierten. Ein paar grinsten freudig, aber ich war nicht hier um mir einen Soft Porno reinzuziehen. Warum ich aber hier war, wusste ich selbst nicht wirklich. Ich hatte immer noch keine Ahnung wie ich reagieren sollte, was ich sagen sollte. ich wollte aber, dass er wusste wie enttäuscht ich war.

Dimitri hielt vor seinen Spind und begann damit, die Bandagen um seine Gelenke zu lösen, während er mich auf ihn zukommen sah. Er setzte sich auf eine Bank vor den Spinden und wartete bis ich ihn eingeholt hatte. Was sollte ich jetzt nur machen?

Als ich vor ihm stehen blieb und auf ihn herunterstarrte, begegnete er meinem Blick und mir lagen so viele Vorwürfe auf der Zunge, die ich nichts sagen konnte.

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