Kapitel 23

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"Ich weiß immer noch nicht, was ich von der ganzen Sache halten soll", sage ich zu Elias, als ich in die Küche komme.

Er steht bereits fertig angezogen im schicken Anzug vor mir.

Ich hingegen laufe immer noch in einer Jogginghose und einem Top rum. Nur meine Haare und mein Make-Up habe ich bis jetzt fertig.

Da wir aber noch ein wenig Zeit haben, werde ich mich auch nicht weiter stressen.

"Ich auch nicht. Wir mussten da wirklich nie hin", antwortet er und schaut mich an.

"Willst du dich nicht mal fertig machen? Wir werden in einer halben Stunde abgeholt?"

Ich merke, wie Elias' Blick an mir herunter gleitet. Er kann es nicht leiden, wenn ich trödle. Aber ich werde keine halbe Stunde brauchen, um mein Kleid anzuziehen.

"Ja, gleich", antworte ich einfach nur. "Aber findest du es nicht auch komisch, dass sie ausgerechnet jetzt wollen, dass wir da auftauchen? Da ist bestimmt etwas im Busch."

"Das werden wir sehen, wenn wir da sind. Wir können es aber erst herausfinden, wenn du dich endlich umziehst", sagt Elias gespielt genervt und schiebt mich aus der Küche in mein Zimmer.

Ich protestiere noch gegen ihn, doch er ist zu stark.

In meinem Zimmer hole ich das Kleid aus dem Kleidersack.

Ich ziehe es sofort an und betrachte mich anschließend im Spiegel.

Das schwarze figurbetonende Kleid liegt eng an meinem Körper an. Erst unterhalb der Knie wird es ein wenig weiter, sodass man noch gut drin laufen kann.

Ich ziehe mir noch den passenden Schmuck und ein paar High Heels an und schieße noch kurz ein schnelles Spiegelselfie.

Ich möchte es gerade versenden, als es an der Tür klingelt.

"Luisa, bist du fertig? Das ist der Fahrer?"

Mein Handy verschwindet erstmal in meiner kleinen Handtasche und ich folge meinem Bruder zu unserer Abholung.

Auf der Straße wartet ein schwarzer Mercedes, in den wir einsteigen.

"Gut siehst du übrigens aus", sagt Elias und grinst mich an.

"Danke", lächle ich zurück, "Du aber auch. Steht dir."

Elias grinst vor sich hin, während ich mein Handy aus meiner Tasche wieder heraus hole.

In meiner Galerie schaue ich mir das Spiegelselfie an und entscheide mich schließlich dafür, es an Martin zu senden.

Immerhin finde ich, dass ich heute Abend wirklich schick aussehen und dass kann auch Martin zu sehen bekommen.

Vielleicht suche ich aber auch einfach nur einen Grund, um ihn anzuschreiben. Denn seitdem er mir gestern Abend geschrieben hat, dass er keine Zeit mehr hat, kam keine Nachricht mehr von ihm an.

Mein Bruder und ich unterhalten uns ganz normal, doch schon nach wenigen Minuten hellt mein Handybildschirm auf.

Martin hat geantwortet.

Wow, wo gehst du denn heute Abend hin? Gut siehst du aus :)

Ich muss bei seiner Antwort grinsen und tippe schnell eine weitere Nachricht.

Frag nicht. Spendendinner von meinen Eltern. Kann mir eine bessere Freitagabendbeschäftigung vorstellen. Was machst du so?

Na dann wünsche ich dir trotzdem mal viel Spaß. Ich liege im Hotel in Bremen. Wir spielen hier ja morgen. Kommt von Martin keine Minute später zurück.

"Du schreibst mit dem Hinteregger, oder?", fragt mich plötzlich Elias, was mich aus meinen Gedanken holt.

Ich schaue zu ihm herüber. Er lächelt mich an.

"Ja, warum?", stelle ich die Gegenfrage.

"Nur so. Dein Grinsen hat dich aber verraten", zwinkert er noch und widmet sich dann auch seinem Handy.

Auch ich schaue wieder auf mein Handy und tippe eine weitere Nachricht für Martin.

Danke. Dir wünsche ich auch viel Erfolg morgen (:

Da Martin auch nach ein paar Minuten nicht mehr online kommt, packe ich mein Handy wieder weg.

Ich hätte es aber auch so nicht länger in der Hand halten können, denn der Wagen hält vor einem großen Hotel in der Frankfurter Innenstadt.

Der Fahrer hält mir die Tür auf und Elias und ich steigen nacheinander aus.

"Da seid ihr ja. Schön, dass ihr gekommen seid", begrüßt uns unser Vater mit einer Umarmung, als wir in den Veranstaltungssaal kommen.

Die meisten Tische sind schon besetzt mit steinreichen Unternehmern. Hoffentlich sitzen an unserem Tisch normale Menschen, schwirrt mir bei dem Anblick sofort durch den Kopf.

Doch meine Mutter reist mich aus meinen Gedanken. "Luisa, du siehst ja mal wirklich gut aus", stichelt sie sofort gegen mich.

Ich rolle nur mit den Augen und antworte gar nichts drauf.

Als ein Kellner mit einem Tablett voller Champagnergläsern vorbeigeht, schnappe ich mir schnell eins. Hier hilft heute wohl nur noch Alkohol, geht mir durch den Kopf und ich nippe sofort an dem Glas.

Nacheinander werden meinem Bruder und mir Leute vorgestellt, die wir angeblich kennen sollen.

Elias tut auch so, als würde er sie kennen. Doch ich sehe ihm ganz genau an, dass es ihm so wie mir geht.

Ich habe bei den meisten Menschen überhaupt keine Ahnung, wer sie sind und ich glaube, das merkt man mir auch an.

Nach einer ganzen Weile voller Hände schütteln und Small Talk führen, ertönt plötzlich ein Gong.

"Ah, es geht los. Elias, Luisa, ihr müsst jetzt auf eure Plätze gehen", sagt unser Vater zu uns und zeigt auf einen Tisch genau vor der Bühne.

An dem Tisch sitzen bereits einige Leute, die aber fast alle mit dem Rücken zu uns setzen.

"Dann wollen wir mal", flüstert Elias und wir gehen auf unsere Plätze zu.

Als wir an den letzten beiden Stühlen angekommen sind, hänge ich meine Handtasche gekonnt über die Stuhllehne und setze mich hin.

Erst dann schaue ich überhaupt, wer noch alles an dem Tisch sitzt.

Und als mir auffällt, wer direkt neben mir sitzt, stockt mir der Atem.

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