Kapitel 18

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Ich erwidere Toms Kuss sofort und ich merke, dass er ein wenig in den Kuss hineingrinst. Seine Hände wandern von meiner Taille zu meiner Hüfte.

Kurzerhand hebt er mich hoch, sodass ich auf der Küchenzeile sitze und mit ihm auf einer Höhe bin.

Wahrscheinlich hat auch er bemerkt, dass meine Beine immer mehr zusammengesackt sind. Meine Gefühle spielen einfach total verrückt.

In meinem ganzen Körper kribbelt es und es fühlt sich so an, als wären wir nie auseinander gewesen.

Meine Hände wandern in Toms Nacken, um ihn näher zu mir zu ziehen. Ich vergrabe meine Finger in seine Haare, was ihm ein kleines Keuchen entlockt.

"Ist dein Zimmer immer no-", setzt Tom schweratmend an, wird aber unterbrochen.

"Was ist hier denn los?" Tom und ich schrecken sofort auseinander und schauen beide geschockt zur Tür.

Elias steht mir verschränkten Armen in der Küchentür und schaut uns skeptisch an. Ich merke, wie mir sofort die Röte in die Wangen steigt.

Da weder Tom noch ich etwas sagen, fängt mein Bruder an zu reden. "Du verschwindest hier! Sofort." Elias Blick liegt starr auf Tom.

Mein Bruder war schon während unserer Beziehung kein großer Freund von Tom gewesen. Als er dann einfach Schluss gemacht hatte, ohne eine Fernbeziehung überhaupt auszuprobieren, war er noch mehr unten durch.

Vor allem weil ich wochenlang überhaupt nicht gut drauf war und bei jeder Gelegenheit, die mich an Tom erinnert hat, angefangen habe zu weinen.

Ich sehe meinem Bruder an, dass er sich gerade beherrscht. Am liebsten würde er Tom wahrscheinlich am Kragen packen und vor die Tür setzen. Doch er bleibt im Türrahmen stehen.

"Verschwinde", sagt Elias nochmal energischer, "Ich will dich hier nicht sehen."

Tom fängt nun an sich zu bewegen. Er richtet einmal kurz seine dünne Jacke, lächelt mich nochmal an und verschwindet dann aus unserer Wohnung, indem er die Wohnungstür mit einem lauten Knall zu wirft.

Ich sitze immer noch auf unserer Küchenzeile und schaue auf dem Boden. Ich spüre Elias Blick auf mir, aber aufschauen möchte ich lieber nicht.

Ich weiß ganz genau, dass er wütend ist. Dafür muss ich ihn nicht anschauen. Zudem ist es mir irgendwie peinlich, dass mich mein Bruder in dieser Situation gesehen hat.

Immerhin haben wir rumgeknutscht. Es wäre mir aber auch peinlich gewesen, wenn es jemand anderes gewesen wäre, also nicht Tom.

"Musst du dich gleich wieder von ihm einlullen lassen?", fragt Elias. Ich habe eigentlich erwartet, dass seine Stimme voller Wut ist. Aber er klingt stattdessen eher mitleidig und redet ruhig.

Er war schon immer der Meinung, dass Tom mich in unserer Beziehung eingelullt hätte. Elias meint, ich hätte alles für ihn gemacht und hätte mich sogar von ihm beeinflussen lassen.

So sehe ich es aber überhaupt nicht. Alles, was ich für Tom getan habe, habe ich aus voller Überzeugung und Liebe gemacht.

Ich zucke auf seine Frage einfach nur mit den Schultern. Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll.

"Was macht er überhaupt hier? Ich dachte er wäre in Berlin?" Ich höre wie sich Elias an unseren kleinen Tisch setzt.

"Er wäre wieder in der Stadt", antworte ich einfach nur. "Ich kam von der Arbeit heim und er stand vor der Tür, da habe ich ihn reingelassen."

Ich schaue zu Elias und sehe, wie er einfach nur mit seinem Kopf schüttelt.

"Und dann knutscht ihr hier gleich rum? 30 Sekunden später und ich hätte euch in deinem Bett wiedergefunden."

In Elias' Stimme liegt keinerlei Vorwurf. Ich glaube ich höre eher ein wenig Belustigung heraus, denn auch auf seinem Gesicht liegt ein leichtes Lächeln.

Ich sage dazu nichts und schaue ihn einfach nur an. Ich weiß ja selbst nicht, warum ich auf Tom nach zwei Jahren immer noch so stark reagiere.

Elias steht auf und stellt sich vor mich. Seine Hände legt er auf meine Schultern und schaut mir fest in die Augen.

"Luisa, bitte verrenne dich da aber in nichts. Tom wird wieder abhauen, da bin ich mir sicher, und dann habe ich hier wieder ein Häufchen Elend in der Wohnung liegen. Das will ich wirklich nicht."

Elias gibt mir einen sanften Kuss auf die Wange und verschwindet dann in seinem Zimmer.

Ich sitze noch eine ganze Weile auf der Küchenzeile und möchte eigentlich meine Gedanken sortieren, doch es klappt einfach nicht.

Nach einer Weile stehe ich auf und beginne endlich damit, mir etwas zu essen zu machen.

Während ich mir ein Sandwich belege, schreibe ich Theresa mit der Bitte, sofort vorbeizukommen. Ich muss nun einfach mit ihr reden.

Keine halbe Stunde später sitzen liegen Theresa und ich tatsächlich auf meinem Bett.

"Und? Was macht die Uni?", frage ich, um nicht mit dem eigentlichen Thema anfangen zu müssen.

Ich habe ihr nämlich nicht geschrieben, warum sie herkommen soll.

"Läuft gut, aber deswegen bin ich nicht gekommen. Was ist los, Luisa?", fragt Theresa sofort, ohne richtig auf meine Frage einzugehen.

Ich seufze einmal tief und beginne dann zu erzählen.

Theresa hört einfach zu, ohne mich zu unterbrechen. Aber ich sehe ihr an, dass es auch in ihr brodelt und sie mir am liebsten das Hirn waschen würde.

"Nicht dein Ernst", sagt sie einfach nur, als ich fertig erzählt habe. "Warum hast du ihn überhaupt reingelassen?"

Ich zucke mit den Schultern. "Keine Ahnung, ich konnte nicht klar denken. Es war plötzlich so, als wäre er nie weggewesen."

"So hart es sich anhört: Vergiss ihn bitte. Ich bin da ganz bei Elias. Er wird dich wieder verletzen. Also lass ihn beim nächsten Mal bitte nicht in die Wohnung und bleib lieber an Martin Hinteregger dran", sagt sie und zwinkert mir zu.

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