Kapitel 3

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Luna

Tyson blickte sich im Raum um. "Sonst noch irgendwelche Fragen?" Niemand sagte etwas. "Gut, dann sind wir hier fertig." Die Versammlung schien sich aufzulösen, die meisten erhoben sich um zu gehen, wobei einige auch noch sitzen blieben und sich noch eine Weile unterhielten. Ich erhob mich ebenfalls, als mir in dem Moment Jason ins Blickfeld fiel, der mir den Rücken zugewandt hatte und mit einem älteren Mann, vermutlich seinem Vater, unseren neuen Versammlungsraum verließ.

Ich war schon am Überlegen, ihm zu folgen, als ich Tysons Stimme hörte. "Luna, kommst du nochmal bitte für einen Moment?" Kurz abgelenkt drehte ich mich wieder zur Tür hinüber. Jason war verschwunden. "Ich komme." meinte ich abwesend, den Blick immer noch suchend am Ausgang geheftet. "Wartet ihr kurz?" fragte ich schließlich an meine Mom gewandt. "Ja klar, verquatsche dich aber nicht in der Zeit."

Ein bisschen betrübt darüber, meine Chance mit Jason zu sprechen verstrichen zu haben, begab ich mich zu Tyson. "Was gibts?" Der Raum hatte sich langsam ein wenig geleert. "Es geht um die Gruppeneinteilung für das Ablaufen unserer verkleinerten Grenzen." Tyson lehnte sich mit dem Rücken gegen den Tisch. "Du weißt, dass du da nicht mitgehen kannst?"

"ich habs mir schon fast gedacht, ja. Aber akzeptieren tue ich das nicht so gerne." gab ich von mir. "Ich bin besser geworden, wirklich." Tyson hob eine Augenbraue. " 'Besser' heißt nicht 'gut genug'. Es kann schon sein, dass du deutlich besser und geschickter bist, aber dass das reicht bezweifle ich."

Während ich mit Tyson diskutierte, fiel mir ein, dass Jason und ich auch künftig nicht mehr trainieren konnten. Wir durften ja den Wald nicht mehr nutzen und in der Stadt würde man vermutlich denken, ich hätte sie nicht mehr alle, wenn ich mit meinem Messer vor Jason rumhantierte. Gut, ich musste zugeben, mit dem Messer brauchte ich tatsächlich noch ein bisschen Übung. Aber wie sollte ich das denn anstellen, wenn ich nicht die Chance zum Üben bekam?

"Luna, kommst du endlich!" hörte ich Sheldon rufen, der nun schon mit meiner Mom an der Tür stand und wartete. Ich drehte mich wieder zu Tyson um. "Schon gut, ich hab's verstanden. Aber kommst du klar?" Ich begutachtete aufmerksam sein Gesicht, auf der Suche nach möglichen Augenringen oder Müdigkeit. "Ich denke schon, ich werde heute auch noch zu Mike fahren und vermutlich auch dort die Nacht verbringen."

Verstehend nickte ich. "Okay, wir sehen uns." Ich umarmte ihn kurz zum Abschied, was langsam zur Normalität wurde, und folgte dann meiner Mom und Sheldon aus dem Ratsgebäude hinaus.

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Tatsächlich hatten wir es fast geschafft. Es war Freitagmorgen, wir mussten noch diesen einen nervigen Tag überstehen, bevor wir erst einmal durch die Weihnachtsferien zwei Wochen Ruhe hatten. Zumal die meisten Lehrer sowieso langsam Stress machten, da wir dieses Jahr den ganzen Stoff wiederholen mussten, der dann nächstes Jahr
relevant sein wird.

Auch wenn unser Schulleiter ziemlich grummelig und ernst sein konnte, hatte er sich dieses Jahr wenigstens etwas aufgerafft, die Schule zu schmücken, auch wenn es nicht wirklich liebevoll erschien oder als hätte er sich groß Gedanken darüber gemacht. An der Eingangstür hing ein kleiner Tannenzweig, im Inneren der Schule befand sich neben dem Treppenaufgang ein kleiner Tannenbaum, geschmückt mit vereinzelten Christbaumkugeln, während sich an dem einen Geländer eine Lichterkette befand. Die anderen hingegen waren ungeschmückt. Scheinbar hatte es für mehr Lichterketten nicht gereicht. Dabei konnte ich einfach nur mit dem Kopf schütteln.

"Mr. Edingham ist einfach unbelehrbar. Ein bisschen mehr Mühe hätte er sich ja schon geben können." meinte ich, als ich mit Arya nach dem Unterricht mit einer heißen Schokolade in der Hand auf dem Weg in unsere Schulbibliothek war.
Zum einen, weil wir ein wenig Zeit miteinander verbringen wollten, aber auch um gleichzeitig etwas sinnvolles zu tun, wie nach dem Ort, der Waffe oder irgendetwas anderes zu suchen, dass uns weiterhelfen konnte.
Draußen konnte man ja sowieso nicht viel tun, da es wieder angefangen hatte zu stürmen.

Wolfsblut - Der Beginn einer neuen ÄraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt