Kapitel 17

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Ich fühlte mich wahrhaftig wie jemand, der gerade etwas wirklich, wirklich riskantes tun wollte. Etwas, das nicht leicht rückgängig zumachende Konsequenzen hinter sich herzieht, wenn ich scheitern sollte. 
Was in vielen Hinsichten passieren konnte. Und doch stand ich nun hier und startete auf das Haus der Dakotah's, dass in der Dunkelheit vor mir aufragte wie ein Schreckgespenst aus Kinderzeiten. 

"Was du alles tun musst, weißt du noch?", fragte mich Marcus sicherheitshalber noch einmal. "Ja, ist alles bis ins kleinste Detail abgespeichert", antwortete ich, konnte meinen Blick jedoch nicht von dem Haus wegreißen, dass sich in einiger Entfernung auf der anderen Straßenseite befand, während ich an Marcus' Seite stand. 

Tyson war uns mit dem Wagen gefolgt und hatte sich, ebenso wie Jason und einige andere Lykaner schon positioniert und in den Schatten versteckt. Sie waren ebenso schwarz gekleidet wie ich. Wie eine zweite Haut schmiegte sich das schwarze Leder an meinen Körper, der bei jeder Bewegung tatsächlich so gut wie lautlos war. 

Hinter mir hörte ich Marcus leise die Tür seines Wagens schließen, was mich schließlich aus meinem Starren zurückholte. "Ich schaffe das", flüsterte ich mir selbst leise zu, in der Hoffnung das es etwas gegen meine Ungewissheit, eventuell zu scheitern, half. Denn, wenn ich irgendetwas vermasseln sollte ... dann würden wir Runaya nicht auf unsere Seite bekommen. Wir würden ihr keine Informationen entlocken können. Wir würden wieder am Anfang stehen. 

Das allein war Ansporn genug, dass ich das durchziehen wollte. 
"Es wird alles glattlaufen, glaub mir." meinte Marcus mit ruhiger Stimme. Er begutachtete nochmal mein Outfit, dass er, beziehungsweise Tyson auch ja nichts vergessen hatte. 
Wie aus Reflex tastete ich nach dem Gürtel, an dem sich unter dem schwarzen Pullover das Messer befand. Es war da. Genau dort, wo es sein sollte. Mir kamen wieder Erinnerungen von Jasons Training in den Kopf. Wie er mir gezeigt hatte, welche Stellen wichtig waren. Wie ich es am effektivsten benutzen konnte.

"GPS?", fragte Marcus?" 
"Hab ich." Gut verstaut in einer meiner verschließbaren Hosentaschen. Nur für den Fall wollte Marcus noch eine zusätzliche Absicherung zu den etlichen bisherigen haben. Wenn ich die Möglichkeit haben sollte - und nur, wenn es sich auch wirklich ergab - dann sollte ich ihn ihr irgendwie unterjubeln. Es war eigentlich ein simples GPS Trackinggerät. Es war klein, quadratisch und besaß einen  Ansteckverschluss.

Wenn sich keine Situation ergeben sollte, dann sollte ich es auch nicht verwenden. 
"Viel Erfolg, Luna." Ich nickte und wollte gerade losgehen, da hielt er mich noch einmal zurück. 
Ich blickte den Alpha der black Wolves abwartend an. "Es bedeutet uns allen sehr viel, dass du das für uns tust. Für unsere beiden Rudel." 
Ich nickte. Zu mehr war ich nicht in der Lage, da ich langsam tatsächlich den Adrenalinrausch in meinen Adern spürte. 

Ich zog mir die Kapuze über meinen Kopf und ging mit schnellen Schritten Richtung Haus der Dakotah's. Hinter mir hörte ich ebenfalls Schritte, die jedoch von Mal zu Mal immer leiser wurden, bis sie schließlich komplett in der Schwärze der Nacht verstummten. 
Jetzt war ich auf mich allein gestellt. Auch wenn sich überall Verbündete befanden, war ich völlig allein. Bei meiner Aufgabe konnte mir niemand helfen. Das musste ich ganz allein bewältigen. 

Ich straffte die Schultern. Ich würde das schaffen. In der Grundschule hatte ich sogar Mal Schauspielunterricht genommen, auch wenn es eher die Kleinkind-Version von "Schauspielern" war. Und auch wenn ich davon nichts mehr wusste, würde mir diese noch so winzigen Erfahrung vielleicht helfen.

Ich konzentrierte mich auf meine Rolle, die ich zu spielen hatte.
Ich war das Mädchen, das Gerechtigkeit wollte. Das sich nicht damit abfinden wollte, dass jemand anderes ebenso wie sie selbst von Asareth hintergangen worden war. Das Mädchen, das durch Asareths Verrat an ihrem Vater die Situation von Runaya nachvollziehen konnte. Und sie fand es nicht fair, sie hier grundlos wie eine Sklavin wegzusperren.

Wolfsblut - Der Beginn einer neuen ÄraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt