Luna
Ich habe nie darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn es jemanden aus meiner Familie treffen würde. Wenn jemand, der mir wichtig ist, seine Wolfsgestalt verlor. Schließlich war es nichts Schönes. Es war etwas, was seit Wochen, nein, Monaten passierte. Irgendjemand aus unseren beiden Rudeln wurde immer herausgepickt und verlor seine zweite Gestalt. Und immer dachte ich: 'Wir sind über 60 Lykaner, die Chancen stehen gering, dass es deine Mom oder deinen Bruder erwischt.' Es war immer dieses 'einer der anderen wird seinen inneren Wolf verlieren'. Nur dumm, dass das vermutlich jeder dachte und hoffte 'Bitte die anderen, bloß nicht ich oder meine Familie.'
Sowas scheint egoistisch zu klingen, aber ich glaube, sowas gehört zu unserem menschlichen Wesen dazu. Wir haben diesen inneren Selbsterhaltungstrieb, wo wir in Fällen von tödlichen Krankheiten oder hier der finsteren Macht immer hofft, dass es nicht einen selbst trifft.
Dass es nun jemanden aus meiner Familie erreicht hatte, hatte mich zutiefst geschockt. Klar, es konnten nicht immer die anderen sein, die Verluste in diesem Sinne erlitten. Und diesmal war es nun eben Sheldon, den die finstere Macht herausgepickt und sich in ihm festgesetzt hat. Ja, fast schon wie ein Parasit. Und das so lange, bis nichts mehr von seinem inneren Wolf übrig war. Bis er nur noch seine menschliche Gestalt hatte. Und die finstere Macht wieder ihres Weges zog. Mit Sheldons zweiter Gestalt im Gepäck.
Es fing mit Sheldons angeblicher Krankheit an. Meine Mom und ich hatten uns natürlich Sorgen gemacht, aber die Möglichkeit verdrängt, dass es sich um die finstere Macht handelte. Als Sheldon dann heute bemerkt hatte, dass sein gutes Gehör nicht mehr funktionierte, dass er weniger riechen konnte und schlechtere Reflexe hatte, hat ihm, meiner Mom und mir einen Schlag versetzt. Und dann hatte Sheldon es heute Nachmittag nicht geschafft, sich zu verwandeln, als er gemerkt hatte, dass da nichts mehr in ihm war, in das er sich verwandeln konnte. Dass da schlichtweg nur noch leere übriggeblieben war, da war es uns allen dreien bewusst geworden.
Sheldon hatte keine zweite Gestalt mehr. Er war kein Lykaner. Nicht mehr. Dass ich vor 10 Minuten nicht gewusst hätte, damit umzugehen, konnte man mir nicht verübeln. Ebenso meiner Mom oder Sheldon. Er hat es vermutlich schon länger geahnt. Ich nicht, ich hatte es gutgläubig verdrängt.
Ich wusste eben im Wohnzimmer, als es Sheldon und uns letztendlich klar geworden ist, schlichtweg nicht, wie ich reagieren sollte. Innerlich schockierte es mich zutiefst, es machte mich traurig. Das Sheldon kein Lykaner mehr war, fühlte sich ein wenig so an, als hätte diese Leere, die die finstere Macht zurückgelassen hat, Sheldon ein Stück weit aus unserer Familie gerissen. Er würde nicht mehr zu den Lykanertreffen und allem anderen mitkommen. Er gehörte nicht mehr zum Rudel. Wir waren wieder einer weniger.Da Sheldon es jedoch schon länger vermutet hatte, war er wenig überrascht gewesen. Er hatte ein trauriges Lächeln auf den Lippen. Seine Augen hatten sogar geglänzt, aber er hatte gelächelt. Es war ein melancholischen, trübes Lächeln, aber es war ein Lächeln.
Sheldon war schon immer stärker als ich gewesen. Angefangen mit Darran's Tod. Er und sein Kontrollverlust waren dafür verantwortlich. Und wer war diejenige, die sich dadurch von ihrer zweiten Gestalt abgewandt hatte? Ich. Wer kam damals nicht damit klar? Ich.Und Sheldon? Er hatte das ganze überstanden. Er hatte sich dadurch zwar grundlegend geändert, aber er hatte es überstanden. Dass er nun heute dieses Tier in sich verloren hatte, war vielleicht gar keine Bürde für ihn. Vielleicht war es auch ein Geschenk. Ich glaube, er sah es ein wenig als beides an.
Dass ich jetzt auf meiner Fensterbank saß und draußen in die Dunkelheit starrte, half nur wenig, diese Information zu verarbeiten.Es war nicht schlecht. Es war auch nicht gut. Es war irgendetwas zwischendrin. Zwischen Segen und Bürde. Es gibt immer mehr als eine Sichtweise. Immer erinnerte ich mich an Mrs. Pantecross' Worte. Und sie hatte recht. Tatsächlich.
Meine Mom hatte Naruto schon darüber informiert, der bereits wieder jegliche Aufgaben eines Alphas übernommen hat.
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Wolfsblut - Der Beginn einer neuen Ära
Про оборотней~Der 2. Teil zu "Wolfsnacht: Das Ende der Dunkelheit" mitten in den kanadischen Wäldern~ Die beiden Rudel Kingscrofts stehen mächtig unter Druck. Asareth ist zurück und stärker denn je. Zusätzlich ist unklar, ob der Alpha der white Wolves seine Verl...