Kapitel 15

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"Man sagt schließlich nicht umsonst, du wärst einer der besten Kämpfer." meinte ich ehrfürchtig und meinte es auch komplett ernst. Jason war gut, in dem was er tat. Wirklich gut. 
Aus seinen Augen funkelte der Schalk. "Pass auf Luna, sonst machst du mir doch tatsächlich noch ein Kompliment." 
In dem Moment fiel mir wieder Jasons Narbe an seiner linken Braue in den Blick. Bisher hatte ich ihn nie darauf angesprochen. Es kam mir einfach nicht richtig vor, das zu fragen. Aber jetzt ... Es juckte mir in den Fingern.

"Woher stammt eigentlich die Narbe an deiner linken Augenbraue." stellte ich also die Frage. Jason ächzte, als er sich von mir herunterrollte und aufstand, bevor er mir seine Hand hinhielt, an der ich mich dankbar nach oben zog. "Ich habe sie von früher." war seine vage Antwort. Fragend zogen sich meine Augenbrauen zusammen. "Ich bin früher in ziemlich ... prekäre ... Angelegenheiten geraten." versuchte er es mit dem richtigen Wort zu beschreiben. 

Ich wusste nicht, ob Jason weiter darüber reden wollte, aber als ich den Mund öffnete, schob er nicht hinterher: "Angelegenheiten, über die ich nicht reden möchte." Es war keine Bitte, sondern schlichtweg eine Aufforderung, dass Thema jetzt nicht weiter anzusprechen, also ließ ich es darauf beruhen. Als ich gerade dachte, zwischen uns beiden würde sich jene unangenehme Stille von früher breit machen, sprach Jason weiter, als wir uns an der Tribüne vorbei wieder auf den Sportplatz schoben.

"Wenn wir gerade dabei sind. Morgen beginnt wieder die Schule und ..." Er schien erneut nach den richtigen Worten zu suchen. "Wenn ich dich auf dem Flur, oder egal wo wir uns zufällig oder eben auch absichtlich, über den Weg laufen, dann sehe es bitte nicht als eine Beleidigung an, wenn ich dich nicht beachte oder auch keines Blickes würdige."
Jason steckte seine Stoppuhr in seine rechte Jackentasche und sah mich abwartend mich an.

In mir regte sich jedoch etwas, was mir nahe ging. Ich wollte nicht benutzt werden. Nicht an diese Art Mensch geraten, mit denen man sich alleine super versteht und zusammen lacht, aber sobald man in der Öffentlichkeit oder bei seinen Freunden ist, wird man ignoriert oder es wird hinter deinem Rücken schlecht über dich geredet. Während man vor einem dann wieder auf 'Happy Life' tut.
"Bin ich dir peinlich?", fragte ich deshalb gerade hinaus, weil das das einzige war, was mich auf seine Worte schließen ließ.

War ich ihm peinlich, weil ich den Lykaner in mir nicht akzeptierte? Weil ich nicht wie die anderen war? Oder sonst irgendwas? Denn wenn ja, dann wäre ich ihm sehr verbunden, wenn er es gerade heraus sagen würde. Auch, wenn mich das verletzen würde.
Jason sah mich an, die Augen ein wenig geweitet. Er umfasste meine Schultern. "Du bist mir nicht peinlich, keineswegs!" meinte er ernst. "Es gibt nur eben etwas, was mich dazu gebracht hat, so ..." Das "so" betonte er ganz besonders, auch wenn ich keinen blassen Schimmer hatte, was er damit an sich selbst eigentlich meinte. "zu sein. Ich habe angefangen einige Dinge voneinander zu trennen." ließ er meine Schultern wieder los. Sein Blick wurde verschmitzt. "Und solltest du jemals das Gefühl haben, dass ich mich benehme, als wärst du mir peinlich, gebe ich dir hiermit das Recht, mir einmal kräftig eine zu verpassen." 

Er überquerte die Wiese des Sportplatzes und steuerte Richtung Ausgang zu. Was vermutlich so viel hieß, dass unser heutiges Training beendet war. Ich folgte ihm.
"Vorsicht Jason, das werde ich so schnell nicht wieder vergessen, als heul nicht rum, falls ich dir wirklich Mal eine reinhauen sollte." Jason war mir über seine Schulter ein tückisches Lächeln zu. "Oh, ich habe deine Faust bereits schonmal zu spüren bekommen."
"Das kann ich auch gerne nochmal wiederholen." meinte ich lockend, während ich die Wiese überquerte, die unter meinen Stiefeln raschelte. Jason begann zu lachen.
"Danke für das Angebot, aber ein andermal."

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"Auf die letzten stressigen Monate der 11. Klasse" stieß ich mit Arya mit einem Coffee To Go an, den sie uns beide mitgebracht hatte. Wir saßen gerade auf den oberen Stufen der Treppe, die in den Pausen auch gerne Mal als Sitzgelegenheit hinhalten musste. "Auf das vorletzte miese Jahr, bevor wir in die Freiheit entlassen werden." prostete mir Arya zu und trank zur Bestätigung einen kräftigen Schluck. 
Ich schlug meine Matheaufzeichnungen auf und schaute mir nochmal die Vektorrechnung und Trigonometrie an.
"Dein Ernst?" Arya sah mich skeptisch an. "Willst du jetzt ernsthaft diesen Scheiß dort wiederholen?"

Wolfsblut - Der Beginn einer neuen ÄraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt