16 | Überraschung.

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Viola POV:

Am nächsten Tag wachte ich von selbst auf und obwohl ich nicht arbeiten musste, hatte ich relativ schlechte Laune. Das war dem Traum, den ich hatte, zu verdanken. - Aber egal. Das mit Leon hatte ich inzwischen verdrängt. Oder zumindest versuchte ich es. Sowas konnte ich schwer von den einen auf den anderen Tag vergessen.

Ich blieb noch 'ne Weile in meinem Bett liegen, nahm mein Handy in die Hand und schrieb einigen Leuten zurück. Genau genommen Andre und Flo. Ich war eben nicht die Art Mensch, die hundert Freunde hatte. Das war, by the way, immer schon so gewesen. Selbst als ich noch im Kinderwagen saß, hatte ich nie mehr als zwei Freunde gehabt.

Aber ich schweife ab. - Andre hatte mir geschrieben. 'hast du morgen schon was vor? :)'

'bis jetzt noch nicht, nein. wollen wir was zsm machen? :)'

Ohja. - Ich habe Andre wirklich gefragt, ob wir etwas machen wollen. Ich ihn. Nicht er mich. Okay, so wie er mich angeschrieben hatte, wollte er das wahrscheinlich auch fragen, aber ich war nun mal schneller. Inzwischen konnte ich wohl nicht mehr leugnen, dass ich ihn ein bisschen mochte.

Und auch wenn ich Schuldgefühle gegenüber Leon hatte, konnte ich mich nicht von ihm fernhalten.

Irgendwann konnte ich mich tatsächlich dazu motivieren aufzustehen. Gähnend tapste ich in die Küche, machte, immer noch im Halbschlaf, das Radio an und bekam fast einen Schlaganfall, weil Mark Forster so laut 'Au Revoir' in mein Ohr schrie. Tja, Musik am Morgen, liebe Leute.

Nach dem Schock schlurfte ich zum Kühlschrank und wollte Milch für den Kaffee, den ich mir machen wollte, holen, aber ich wurde nicht fündig. Also kein Kaffee für mich.

Kakao konnte ich ohne Milch auch vergessen, Tee hatten wir nicht. Ja, geil.

Ich war wirklich kurz davor Zitronensaft zu trinken, einfach um nicht komplett leer auszugehen, da klingelte es plötzlich an der Tür, also musste ich wohl oder übel aufmachen gehen. Ich war nämlich alleine zu Hause, also konnte das sonst keiner machen. Em war in der Uni. Und da ich niemanden zu mir eingeladen hatte, nahm ich an, dass es der Postbote war. Wahrscheinlich hatte Emily mal wieder irgendetwas bestellt und ich durfte das Paket jetzt annehmen.

Ich ging aus der Küche, stolperte, dumm wie ich war, im Flur beinahe über den Teppich und taumelte dann schlussendlich weiter Richtung Tür. Das war echt nicht mein Tag.

Endlich an der Haustür angekommen, öffnete ich sie.

Als ich sah, wer da auf der anderen Seite stand, stutze ich. - Es war nämlich nicht der Postbote. Auch keiner unserer Nachbarn, nein. Es war Leon. Ohja. Der Leon. Er grinste mich an, mit einer großen Tüte in der einen Hand. "Hi, guten Morgen.", meinte er.

Ich blinzelte ein paar Mal, um sicherzugehen, dass das kein Traum war. Aber er verschwand nicht, er stand immer noch da, hatte sich in keine Ente verwandelt. Alles war normal. Wenn man sowas überhaupt als normal abstempeln konnte. Ich räusperte mich leise. "Oh, öhm, hey. Was machst du denn hier? Vor allem so früh?" Ich verlagerte mein Gewicht auf einen Fuß.

"Ich war in der Nähe und wollte vorbeikommen. Außerdem hab' ich uns Frühstück mitgebracht." Er hielt die Tüte hoch, um sie mir zu zeigen. Ich konnte das echt nicht glauben, ließ ihn dann aber natürlich trotzdem in die Wohnung. Alles andere wäre schon seltsam rübergekommen.

Er ging an mir vorbei in Richtung Küche, ich dackelte ihn langsam hinterher.

Während er sich geschickt aus seiner Jacke schälte, stellte er die Tüte auf den Tisch und packte einige Dinge aus. Croissants, Kuchen, Donuts. Okay, das war schon sehr süß von ihm. Sehr, sehr süß. Ich meine, hallo? Er brachte mir Croissants. Aber ernsthaft, irgendwie hasste ihn auch dafür. Warum konnte er sich jetzt nicht mehr wie ein Arschloch verhalten, damit ich nicht solche Schuldgefühle bekam, weil ich mich so verhielt. Oh mann.

wrong choice | andre schiebler ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt